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Die Präsidentin des Amtsgericht Mitte hat uns am heutigen Tag einen Hinweisbeschluss übermittelt, in dem die Kanzlei BaumgartenBrandt auffordert wird, die Verweisung an das Wohnsitzgericht der beklagten Partei zu beantragen. Das Gericht hält den sogenannten fliegenden Gerichtsstand in File-Sharing Fällen für nicht anwendbar, da dieser zu einem ubitiquären Gerichtsstand führte, der dem Sinn des § 32 ZPO entgegen liefe. Nicht ausreichend sei der Anknüpfungspunkt der Abrufbarkeit.

 

Dies entspräche auch dem Willen des Gesetzgebers. Insoweit verweist das Gericht auf die aktuellen gesetzgeberischen Maßnahmen.

 

 

 

6 C 65/13

 

„Sehr geehrte Damen und Herren,

 

in der Sache

 

…./….

 

ergeht folgender Hinweis zur örtlichen Zuständigkeit:

 

Die Klägerin wird darauf hingewiesen, dass die Zuständigkeit des Amtsgerichts Charlottenburg nicht gegeben sein dürfte. Die Zuständigkeit folgt nach Ansicht des Gerichts nicht aus § 32 ZPO.

 

Bei unerlaubten Handlungen durch Veröffentlichungen in Presseerzeugnissen (insbesondere Persönlichkeitsrechtsverletzungen) stellt die obergerichtliche Rechtsprechung darauf ab, dass die unerlaubte Handlung an jedem Ort begangen werde, an dem das Presseerzeugnis bestimmungsgemäß und nicht nur zufällig dritten Personen zur Kenntnis gebracht werde (BGH NJW 2010, 1752).

 

Diese Rechtsprechung lässt sich nicht ohne weiteres auf unerlaubte Handlungen im Internet übertragen. Denn grundsätzlich ermöglicht das Internet einen Zugriff auf die darin vorhandenen Daten an jedem beliebigen Ort. Die Übertragung der für das Presserecht entwickelten Grundsätze würde zu einem ubiquitären Gerichtsstand bei Rechtsverletzungen im Internet führen (vgl. LG Hamburg MMR 2011, 594). Ein solcher Gerichtsstand ist zu verneinen, es muss zumindest ein gewisser inhaltlicher Bezug zum Gerichtsort gegeben sein (vgl. auch BGH a.a.O; LG Hamburg a.a.O.). Dem schließt sich das hiesige Gericht an.

 

Eine zuständigkeitsbegründende Anknüpfung an die bloße Abrufbarkeit widerspricht dem Sinn und Zweck des § 32 ZPO. Die in § 32 ZPO geregelte besondere Zuständigkeit wird durch die besondere Beziehung der Streitigkeit zum Tat- und Handlungsort gerechtfertigt (vgl. BGH NJW 2010, 1753). Daran fehlt es im Internet. Eine besondere Beziehung zu einem besonderen Ort besteht gerade nicht (vgl. BGH a.a.O). Vielmehr entstände ein in jeder Hinsicht beliebiger Gerichtsstand, welcher den Regelungen der §§ 12 ff ZPO zuwiderliefe (vgl. LG Hamburg MMR 2011, 594).

 

Die vom Gericht vertretene Rechtsansicht entspricht dem Willen des Gesetzgebers. Dieser hält eine Einschränkung des sogenannten fliegenden Gerichtsstandes zugunsten eines Beklagtenschutzes und der Waffengleichheit für notwendig.

 

In der Begründung zu dem am 27.06.2013 (Bundestagsdrucksache 17/13429) beschlossenen, aber noch nicht verkündeten und verabschiedeten Gesetz zum Schutz vor unseriösen Geschäftspraktiken (u.a. Einführung des § 104 a UWG), führt der Gesetzgeber aus:

 

„Der fliegende Gerichtsstand erlaubt sogenanntes Forum-Shopping, wobei der Kläger das zuständige Gericht je nach günstiger Rechtsprechung und möglichst weiter Entfernung vom Wohnsitz des Beklagten auswählen kann. Dies führt dann zu einer Erhöhung des Aufwandes und der Kosten für die Verbraucher, wenn diese nicht an ihrem allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden. Es besteht die Gefahr, dass Verbraucher deswegen eher auf außergerichtliche Vergleichsangebote eingehen und vor einer Überprüfung durch die Gerichte zurückscheuen, (aus: Drucksache 17/13429 (zu Drucksache 17/13057)“.

 

Eine Verweisung an das Amtsgericht Charlottenburg kommt deshalb nicht in Betracht. Es wird anheimgestellt, binnen 2 Wochen einen Verweisungsantrag zum Amtsgericht am Wohnsitz der Beklagten (AG Calw) zu stellen.

 

Der Beklagten wird binnen gleicher Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem zu erwartenden Verweisungsantrag gewährt.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Mittler

 

Präsidentin des Amtsgerichts