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In Berlin gibt es bedauerlicherweise einige Mitbürger, die Gewerbetreibende, die sich nicht an die Ladenschlusszeiten halten, anzeigen. Die BILD-Zeitung berichtete über ein Exemplar als sog. „Spätkauf-Hasser von Berlin“.

Die Folge waren und sind Verfügungen der zuständigen Ämter, den geschäftlichen Verkehr mit Kunden an Sonn- und Feiertagen  ganztägig geschlossen zu halten und drohte ihm für den Fall der Nichtbeachtung dieser Anordnung die Anwendung unmittelbaren Zwangs an.

Hiergegen versuchen sich Gewerbetreibende zu wehren, etwa durch Reduizierung des Warenangebots. Zunächst ohne Erfolg, wie eine aktuelle Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg zeigt.

Der Antragsteller könne sein Gewerbe daher nur insgesamt so ausrichten, dass seine Verkaufsstelle unter die Tatbestände der Sonn- und Feiertagsöffnung falle. Gehe hingegen das Warensortiment über die genannten Warengruppen hinaus bzw. der Zweck der Verkaufsstelle dahin, die Umgebung allgemein mit den angebotenen Waren zu versorgen, greife das Verbot der Sonn- und Feiertagsöffnung nach § 3 Abs. 2 Nr.1 BerlLadÖffG uneingeschränkt ein. Wäre es möglich, allein durch Reduzierung des Warenangebots das Offenhalten der Verkaufsstelle an Sonn- und Feiertagen zu ermöglichen, wäre das Verbot der Ladenöffnung nicht mehr effektiv zu kontrollieren.

 

OVG Berlin-Brandenburg

Beschluss vom 30.4.2012

OVG 1 S 67.12

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 24. April 2012 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten der Beschwerde.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird unter Änderung der erstinstanzlichen Wertfestsetzung für beide Instanzen auf jeweils 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

1
Die Beschwerde hat nach dem für die Prüfung maßgeblichen Beschwerdevorbringen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 u. 6 VwGO) keinen Erfolg.
2
Der Antragsteller betreibt in der S…Straße, in Berlin, ein Einzelhandelsladengeschäft, in dem er u.a. Tabakwaren, Zeitschriften, Geschenkartikel, Getränke und Spirituosen verkauft. Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 12. April 2012 gebot ihm der Antragsgegner, seinen Einzelhandel gemäß den geltenden Bestimmungen des Berliner Ladenöffnungsgesetzes (BerlLadÖffG) am 1. Mai 2012 für den geschäftlichen Verkehr mit Kunden ganz tätig geschlossen zu halten und drohte ihm für den Fall der Nichtbeachtung dieser Anordnung die Anwendung unmittelbaren Zwangs an. Zur Begründung wurde ausgeführt: Im Rahmen einer Überprüfung sei festgestellt worden, dass der Antragsteller entgegen dem in § 3 Abs. 2 BerlLadÖffG bestimmten Verbot, Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen geschlossen zu halten, seine Betriebsstätte am Sonntag, den 1. April 2012, offen gehalten und Waren zum Verkauf angeboten habe. Es bestehe der begründete Verdacht, dass er seinen Einzelhandel auch weiterhin und insbesondere am 1. Mai 2012 entgegen den gesetzlichen Bestimmungen öffnen werde. Erschwerend komme hinzu, dass an diesem Tag in der dem Geschäft des Antragstellers benachbarten Umgebung des Mauerparks mit gewalttätigen Aktionen, bei denen Glasflaschen/-behältnisse und Dosen als Wurfgeschosse eingesetzt werden könnten, zu rechnen sei. Der Polizeipräsident in Berlin habe deshalb durch Allgemeinverfügung vom 16. März 2012 für den örtlichen Bereich des Mauerparks in der Zeit vom 30. April 2012, 13.00 Uhr, bis 1. Mai 2012, 6.00 Uhr, ein Verbot des Mitführens von Glasflaschen/-behältnissen oder Dosen erlassen; die Schließung sei deshalb auch wegen der Gefahr geboten, dass sich Störer im Einzelhandel mit entsprechenden Flaschen und Behältnissen versorgten, um sie bei Krawallen einzusetzen. Auf die Anhörung des Antragstellers werde wegen Dringlichkeit verzichtet; die Sachlage sei dem Antragsteller aus einer Reihe von gegen ihn geführten Bußgeldverfahren bekannt. Der Antragsteller erhob mit Schreiben vom 20. April 2012 Widerspruch gegen den vorgenannten Bescheid, mit dem er im Wesentlichen geltend machte, dass die Verfügung als solche unverhältnismäßig und die Anordnung der sofortigen Vollziehung jedenfalls nicht geboten sei, was Zeitschriften, Blumen und Bildtonträger angehe.
3
Seinen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hat das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf das in § 3 Abs. 2Nr. 1 BerlLadÖffG bestimmte Gebot, Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen geschlossen zu halten, abgelehnt. Es sei auch nicht erkennbar, dass sich der Antragsteller auf einen der in §§ 4 bis 6 BerlLadÖffG geregelten Ausnahmetatbestände von diesem Verbot berufen könne.
4
Mit der Beschwerde wendet der Antragsteller unter Beifügung einiger Lichtbilder offenbar seines Ladengeschäfts ein, es gehe nicht an, ihm eine grundsätzlich rechtsfeindliche Haltung zu unterstellen. Er betreibe eine Verkaufsstelle, die auch sonntags innerhalb der Grenzen betrieben werden könne, die das Gesetz bestimmt. Es verwundere, wenn das Verwaltungsgericht ausführe, dass der Antragsteller nicht angebe, welche Regelung der §§ 4 BerlLadÖffG für ihn einschlägig sei. Die Argumentation der Behörde, die gesetzliche Regelung sei so zu verstehen, dass für ein Verbot auf das gesamte Warenangebot des Antragstellers abgestellt werden müsse und deshalb die Verkaufsstelle insgesamt geschlossen gehalten werden müsse, könne nicht richtig sein; damit werde der gesetzlich zugelassene Verkauf bestimmter Waren, etwa an diesem Tage erscheinender Zeitungen, praktisch verboten. Das Geschäft des Antragstellers sei mehr als einen Kilometer vom Mauerpark entfernt, offenbar wolle die Verwaltung aus Anlass des Maifeiertages ein Exempel statuieren. Der Antragsteller sei bereit, „peinlichst“ auf die Abgrenzung der Waren zu achten, die an einem Sonntag verkauft werden dürften und solchen, die nicht angeboten werden dürften.
5
Dieses Vorbringen rechtfertigt keine Änderung des angefochtenen Beschlusses. Das Verwaltungsgericht hat der Entscheidung zutreffend zugrunde gelegt, dass für die Einschlägigkeit eines Ausnahmetatbestandes nach § 4 BerlLadÖffG nichts ersichtlich sei, weil es sich nicht um eine Verkaufsstelle handele, die für den Bedarf von Touristen ausschließlich ein bestimmtes Warenangebot feilbiete (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 BerlLadÖffG) und sich das Angebot der Verkaufsstelle auch nicht ausschließlich aus den Warengruppen Blumen und Pflanzen, Zeitungen und Zeitschriften, Back- und Konditorwaren sowie Milch und Milcherzeugnisse zusammensetze (§ 4 Abs. 1 Nr. 3 BerlLadÖffG). Die Vorstellung des Antragstellers, er brauche nur das Warenangebot seiner Verkaufsstelle entsprechend zu beschränken, in dem er nur die auch von entsprechend ausgerichteten Verkaufsstellen zulässigerweise am Sonntag angebotenen Waren vertreibe, verkennt, dass das Gesetz insoweit auf bestimmte Typen von Verkaufsstellen abstellt, deren prägende Merkmale immer vorliegen müssen. Der Antragsteller kann sein Gewerbe daher nur insgesamt so ausrichten, dass seine Verkaufsstelle unter die Tatbestände der Sonn- und Feiertagsöffnung fällt. Geht hingegen das Warensortiment über die genannten Warengruppen hinaus bzw. der Zweck der Verkaufsstelle dahin, die Umgebung allgemein mit den angebotenen Waren zu versorgen, greift das Verbot der Sonn- und Feiertagsöffnung nach § 3 Abs. 2 Nr.1 BerlLadÖffG uneingeschränkt ein. Dieses Verständnis der gesetzlichen Bestimmungen ist nicht verfehlt; wäre es möglich, allein durch Reduzierung des Warenangebots das Offenhalten der Verkaufsstelle an Sonn- und Feiertagen zu ermöglichen, wäre das Verbot der Ladenöffnung nicht mehr effektiv zu kontrollieren.
6
Hiervon ausgehend zeigt das Beschwerdevorbringen auch unter Berücksichtigung der beigefügten Lichtbilder – die allerdings nicht erkennen lassen, wessen Ladengeschäft abgebildet ist – im Rahmen summarischer Prüfung nicht auf, dass die Verkaufsstelle des Antragstellers unter eine der Ausnahmeregelungen der §§ 4 bis 6 BerlLadÖffG fallen könnte. Wie der Antragsteller selbst einräumt, geht das von ihm angebotene Warensortiment über dasjenige hinaus, was den unter die Ausnahmeregelungen fallenden Verkaufsstellen das Gepräge verleiht. Anderenfalls wäre sein Angebot, genau darauf achten zu wollen, nur im Sonntagsverkauf zulässige Waren anzubieten, unverständlich. Dieses Angebot führt indessen nicht weiter, weil das Gesetz diese Möglichkeit nicht eröffnet. Nach ihrem Wesen muss die Verkaufsstelle des Antragstellers am 1. Mai als gesetzlichem Feiertag (und im Übrigen auch an Sonntagen) ganztätig geschlossen sein. Auf weitere Gründe, die dafür sprechen könnten, das Ladenöffnungsverbot am 1. Mai besonders konsequent umzusetzen, kommt es letztlich nicht an.
7
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Dabei sieht der Senat entsprechend seiner ständigen Praxis von einer Reduzierung des Wertes für das vorläufige Rechtsschutzverfahren um die Hälfte ab, wenn mit dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz – wie hier – eine Vorwegnahme der Hauptsache im Wesentlichen angestrebt wird; die erstinstanzliche Wertfestsetzung war deshalb gemäß § 63 Abs. 3 GKG von Amts wegen anzupassen.
8
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).