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Fitness Trainer: Online Schulungen bedürfen Zulassung nach dem FernUSG

Fernunterricht ist auch ohne Corona-Zwänge nicht mehr wegzudenken. Viele kommerzielle Anbieter übersehen jedoch dabei, dass es für Fernunterricht im Sinne des Fernunterrichtsgesetz einer behördlichen Erlaubnis bedarf.

Nach dem FernUSG handelt es sich bei Fernunterricht um die, auf vertraglicher Grundlage erfolgende, entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, bei der

1.der Lehrende und der Lernende ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind und
2. der Lehrende oder sein Beauftragter den Lernerfolg überwachen.

In einigen Fällen ist das Gesetz auch auf unentgeltlichen Unterricht anwendbar.  Fernlehrgänge, die nach Inhalt und Ziel ausschließlich der Freizeitgestaltung oder der Unterhaltung dienen, bedürfen dagegen keiner Zulassung.

In einem aktuellen, vom Landgericht Berlin entschiedenen Fall bot ein Unternehmen online Schulungen für Fitness-Trainer an, ohne eine Zulassung nach dem FernUSG zu haben. Es wurde daher erfolgreich von der Wettbewerbszentrale auf Unterlassung in Anspruch genommen.

 

LG Berlin, Urteil vom 15.02.2022 – 102 O 42/21

Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an deren Geschäftsführer, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Ausbildungen oder Lehrgänge in einer Onlineversion anzubieten oder zu bewerben, bei denen die teilnehmenden Personen die Möglichkeit haben, den Lehrpersonen schriftlich oder mündlich Fragen zum Lernstoff zu stellen, wenn dies geschieht wie in den Anlagen K 2 wiedergegeben, sofern nicht eine Zulassung nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz für die Ausbildung besteht.

2. Die Beklagten wird verurteilt, an ihn einen Betrag in Höhe von 367,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz jährlich seit dem 19. Juni 2021 zu zahlen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,00 € vorläufig vollstreckbar.-

Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung sowie auf Zahlung vorgerichtlicher Abmahnkosten in Anspruch.

Bei dem Kläger handelt es sich den seit 1912 bestehenden Verein Wettwerbszentrale Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main, dem unter anderem die Industrie- und Handelskammern mit Ausnahme der IHK Aachen, der DIHK, Handwerkskammern sowie zahlreiche Unternehmen aus verschiedenen Branchen angehören.

Die Beklagte ist ein Unternehmen mit Sitz in Berlin, welche auf ihrem Internetauftritt unter der Domain xxxxx.de sogenannte Fitnesstrainer-Ausbildungen an, wobei sowohl die Ausbildung als auch die Prüfungen vollständig online stattfinden. Eine Registrierung dieses Lehrgangs bei der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) hat die Beklagte nicht vorgenommen.

Bei der Überprüfung des weiteren Inhalts Internetseiten durch den Kläger am 9. Dezember 2020 führt die Beklagte dort unter der Überschrift „Fragen zur online Ausbildung“ unter anderem aus: „Nach jedem größeren Kapitel können Sie ein online-Quiz (Test) machen. Hierbei werden Fragen zusammengestellt und sie können die richtigen Antworten einfach anklicken…Die ganze Zeit über werden Sie von unserem 5-köpfigen Dozenten Team betreut, d. h. wir bieten Ihnen einen „virtuellen Klassenraum“, indem sie in Echtzeit im Chat Fragen stellen oder auch anrufen können“. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K2 verwiesen.

Die Beklagte hat zwischenzeitlich die Angaben zur Betreuung durch ihr Dozententeam von der Webseite entfernt.

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass es sich bei dem angebotenen Onlinekurs um Fernunterricht im Sinne des § 1 Abs. 1 FernUSG handelt, womit die Beklagte eine Zulassung gemäß § 12 FernUSG hätte einholen müssen. Da diese Norm den Marktzugang regele, handele es sich zugleich um eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG. Dem Kläger stünden daher Unterlassungsansprüche aus § 8 Abs. 1 UWG zu. Bei dem Der Beklagten seien Lehrende und Lernende dauerhaft räumlich voneinander getrennt. Auch die weitere Voraussetzung von Fernunterricht im Sinne des Gesetzes, die Überwachung des Lernerfolgs durch den Lehrenden, liege nach der Werbung der Beklagten vor. Insofern reiche es aus, dass die Beklagte den Teilnehmern die Möglichkeit einräume bzw. eingeräumt habe, sich im Wege der Frage und Antwort zu vergewissern, ob sie den Prüfungsstoff richtig verstanden hätten.

Darüber hinaus stelle sich die Werbung der Beklagten als irreführend dar, da weiterbildungswilligen Erwachsenen bekannt sei, dass nur solche Personen einen Lehrgang wie den streitgegenständlichen anbieten dürften, welche diesen bei der ZFU registriert hätten.

Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 10. Dezember 2020 ab. Die Beklagte wies die Abmahnung mit Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 21. Dezember 2020 zurück.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an deren Geschäftsführer, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Ausbildungen oder Lehrgänge in einer Onlineversion anzubieten oder zu bewerben, bei denen die teilnehmenden Personen die Möglichkeit haben, den Lehrpersonen schriftlich oder mündlich Fragen zum Lernstoff zu stellen, wenn dies geschieht wie in den Anlagen K 2 wiedergegeben, sofern nicht eine Zulassung nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz für die Ausbildung besteht.

2. die Beklagten zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 367,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz jährlich seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation des Klägers, da dieser nicht vorgetragen habe, in dem hier streitgegenständlichen Markt der Fitness-Trainerausbildung tätig seien. Zudem sei der Klageantrag zu 1. zu weit gefasst, da er sich nicht auf das Angebot solcher Lehrgänge beschränke.

Die Beklagte ist weiter der Auffassung, dass der von ihr angebotene Lehrgang nicht dem Begriff des „Fernunterricht“ im Sinne des § 1 FernUSG unterfalle. Diesbezüglich fehle es jedenfalls am Tatbestandsmerkmal der „Überwachung des Lernerfolgs“. Nachfragen von Teilnehmern und Antworten des Lehrenden seien typischerweise Bestandteil jedes Seminars bzw. Workshops und könnten nicht mit einer Überwachung des Lernerfolgs des Teilnehmers gleichgesetzt werden. Eine entsprechende Kontrolle müsse vom Lehrenden ausgehen, wobei die Beklagte den Lernerfolg der Teilnehmer ihres Lehrgangs durch einen automatischen Multiple-Choice-Test überwache. Weder die Entstehungsgeschichte noch der Zweck des § 1 FernUSG würden die Auslegung des Klägers stützen, dass jeder direkte Kontakt zwischen Lernenden und Lehrenden über fachliche Inhalte als Überwachung des Lernerfolgs zu qualifizieren sei. Soweit sich der Kläger auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 2009 stütze sei zu berücksichtigen, dass sich die technischen Umstände von Distanzlernen in der Zwischenzeit geändert hätten, es insbesondere seinerzeit noch keine E-Learning-Kurse gegeben habe. Die Möglichkeit, Fragen zu stellen, sei bei dieser Art der Wissensvermittlung heutzutage üblich.

Eine Täuschung des Verkehrs seiner Auffassung der Beklagten ausgeschlossen, wofür bereits spreche, dass die ZFU nicht die fachliche Qualifikation des Anbieters sondern die Inhalte des jeweiligen Lehrgangs überprüfe.

Die Beklagte bestreitet schließlich die Angemessenheit der vom Kläger berechneten Abmahnpauschale mit Nichtwissen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 25. Januar 2022 verwiesen.

Gründe
Die Klage war begründet, so dass die Beklagte entsprechend dem Klageantrag zu verurteilen war.

A. Der Beklagte hat den streitgegenständlichen Kurs angeboten, ohne die nach § 12 FernUSG erforderlichen Zertifizierung zu besitzen. Hieraus folgte zu Gunsten des Klägers ein Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 UWG in Verbindung mit § 3a UWG. Darüber hinaus konnte der Kläger die Erstattung der ihm für die vorgerichtliche Abmahnung entstandenen Kosten verlangen, § 13 Abs. 3 UWG.

1. Die Aktivlegitimation des Klägers ergab sich ohne dezidierte Benennung einzelner Mitgliedsunternehmen, die im Wettbewerb zur Beklagten stehen, bereits aus dem Umstand, dass fast alle Industrie- und Handelskammern Mitglieder des Klägers sind. Die mittelbare Mitgliedschaft der jeweiligen IHK-Mitglieder beim Kläger, die aus sämtlichen Branchen stammen, ist grundsätzlich ausreichend, um Wettbewerbsansprüche geltend zu machen (vgl. schon OLG Stuttgart, NJW 1994, 3174). Aus diesem Grunde wird der Kläger in der Rechtsprechung für umfassend anspruchsberechtigt im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG gehalten (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl., Einl. Rn. 2.45; zuletzt etwa OLG München, GRUR-RR 2018, 381, 383). Konkrete Einwendungen erhebt die Beklagte nicht. Das pauschale Bestreiten der Mitgliedschaft einer ausreichenden Anzahl von mit der Beklagten im Wettbewerb stehenden Unternehmen genügt bei einem Wettbewerbsverband mit mehr als 100-jähriger Tradition und durchgehend vom Bundesgerichtshof bestätigter Klageberechtigung nicht. Der Beklagten war es zuzumuten, zumindest greifbare Anhaltspunkte für ein zwischenzeitliches Entfallen der Klagebefugnis vorzutragen – etwa inwieweit die Mitgliederliste durch zwischenzeitliche Austritte überholt sei, weil sie dazu ohne weiteres Erkundigungen bei den angeblichen Verbandsmitgliedern hätte einholen können.

B. Die Beklagte war bei dem konkret streitgegenständlichen Kurs gehalten, für diesen nach Maßgabe des § 12 FernUSG eine Zulassung zu beantragen, was sie unstreitig nicht getan hat. Der Kurs unterfiel zum einen der Definition des Fernunterrichts in § 1 FernUSG und zum anderen nicht der Ausnahmeregelung des § 12 Abs. 1 S. 3 FernUSG, da die von der Beklagten angebotene Ausbildung zum Fitness-Trainer nicht ausschließlich der Freizeitgestaltung oder der Unterhaltung dient.

1. Bei der Vorschrift des § 12 FernUSG handelt es sich um eine Vorschrift im Sinne des § 3a UWG, so dass ihre Verletzung Unterlassungsansprüche von Mitbewerbern und sonstigen Klageberechtigten im Sinne des § 8 Abs. 3 UWG auslöst.

a) Eine Norm regelt das Marktverhalten im Interesse der Mitbewerber, Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer, wenn sie einen Wettbewerbsbezug in der Form aufweist, dass sie die wettbewerblichen Belange der als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in Betracht kommenden Personen schützt. Eine Vorschrift, die dem Schutz von Rechten, Rechtsgütern oder sonstigen Interessen von Marktteilnehmern dient, ist eine Marktverhaltensregelung, wenn das geschützte Interesse gerade durch die Marktteilnahme, also durch den Abschluss von Austauschverträgen und den nachfolgenden Verbrauch oder Gebrauch der erworbenen Ware oder in Anspruch genommenen Dienstleistung berührt wird. Nicht erforderlich ist eine spezifisch wettbewerbsbezogene Schutzfunktion in dem Sinne, dass die Regelung die Marktteilnehmer speziell vor dem Risiko einer unlauteren Beeinflussung ihres Marktverhaltens schützt. Die Vorschrift muss jedoch – zumindest auch – den Schutz der wettbewerblichen Interessen der Marktteilnehmer bezwecken; lediglich reflexartige Auswirkungen zu deren Gunsten genügen daher nicht (vgl. BGH GRUR 2017, 819, Rn. 20 – Aufzeichnungspflicht).

b) Die Norm soll Verbraucher vor einer unzureichenden Qualität bei beruflich verwertbaren Lehrgängen schützen. Die Zulassung soll sicherstellten, dass Teilnehmende kein unzulängliches Fernlehrmaterial erhalten und die Mindestqualität der Fernlehrgänge gewährleisten. Insbesondere soll sichergestellt werden, dass sich nicht alle Anstrengungen auf das Erlernen von Lehrstoffen richtet, die veraltet, unsachgemäß aufgebaut oder – gemessen am Lehrgansziel – wenig effizient sind

(vgl. Nomos-BR/Vennemann FernUSG/Michael Vennemann, 2. Aufl. 2014, FernUSG § 12 Rn. 3). Das vorrangige Ziel ist damit der Verbraucherschutz. Auf der anderen Seite wirkt sich die Norm durch das Zulassungserfordernis auch unmittelbar auf den Wettbewerb der Anbieter von Kursen aus, da sie den Marktzutritt beeinflusst.

c) Dem steht nicht entgegen, dass die UGP-RL, die in ihrem Anwendungsbereich (Art. 3) zu einer vollständigen Harmonisierung des Lauterkeitsrechts geführt hat (Art. 4), keinen vergleichbaren Unlauterkeitstatbestand kennt. Auch beruht das FernUSG nicht auf der Umsetzung von Unionsrecht, sondern ist Gemäß Art. 3 Abs. 3 und Erwägungsgrund 9 der Richtlinie bleiben von ihr Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und zu ihrer Umsetzung ergangene nationale Rechtsvorschriften in Bezug auf die Gesundheits- und Sicherheitsaspekte von Produkten unberührt (vgl. BGH GRUR 2017, 1273, Rn. 15 – Tabakwerbung im Internet). Unabhängig von der Frage, ob das FernUSG unter diese Definition fällt, kommt eine Anwendung des § 3a UWG auch auf solche nationalen Markverhaltensregelungen in Betracht, die zwar keine Grundlage im Unionsrecht haben, allerdings im Einklang mit dem primären und sekundären Unionsrecht stehen (vgl. Köhler in Bornkamm/Köhler/Feddersen, UWG, 40. Aufl., Rz 1.9 zu § 3a UWG). Vorliegend war nicht ersichtlich, dass unionsrechtliche Regelungen der in § 12 FernUSG vorgesehenen Zulassungspflicht von Lehrgängen im Fernunterricht entgegenstehen könnten.

2. Bei der von der Beklagten angebotenen Onlineausbildung zum Fitnesstrainer handelt es sich – entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten – um Fernunterricht im Sinne des § 1 FernUSG.

a) Nach der Legaldefinition in § 1 Abs. 1 FernUSG ist Fernunterricht im Sinne dieses Gesetzes die auf vertraglicher Grundlage erfolgende, entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, bei der der Lehrende und der Lernende ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind (Nr. 1) und der Lehrende oder sein Beauftragter den Lernerfolg überwachen (Nr. 2).

b) Bei der Auslegung des Gesetzes und der Qualifikation des streitgegenständlichen Lehrgangs war die Intention des Gesetzgebers beim Erlass des FernUSG zu berücksichtigen. Dieser wollte wegen eines gestiegenen Interesses an Fernlehrgängen den Verbraucherschutz in diesem Bereich stärken. Insbesondere waren Mängel beim Angebot von Fernlehrgängen dergestalt festgestellt worden, dass Angebote von geringer methodischer und fachlicher Qualität angeboten wurden, die nicht geeignet waren, das in der Werbung genannte Lehrgangsziel zu erreichen. Die bislang geltenden Rechtsvorschriften waren als nicht hinreichend angesehen worden, da sie nicht die besondere Situation eines Fernunterrichtsinteressenten berücksichtigten, der immer Schwierigkeiten haben wird, seine eigenen Fähigkeiten, die Qualität des angebotenen Fernlehrgangs und dessen Eignung für seine Bedürfnisse einzuschätzen. Insbesondere konnten sie zur Verhinderung des für den Fernunterricht typischen „Schadens“, nämlich Enttäuschung der Bildungswilligkeit, weniger beitragen (BGH, Urteil vom 15. Oktober 2009, NJW 2010, 608). Diese Intention des Gesetzgebers findet auch in der Formulierung des FernUSG ihren Niederschlag. So regelt § 8 FernUSG ein Umgehungsverbot, wonach §§ 2 bis 7 des Gesetzes auf Verträge, die darauf abzielen, die Zwecke eines Fernunterrichtsvertrages in einer anderen Rechtsform zu erreichen, entsprechende Anwendung finden. Die Kammer war daher gehalten, das Gesetz weit auszulegen. Hiervon ausgehend war der zwischen der Beklagten angebotene Vertrag als Fernunterrichtsvertrag zu qualifizieren.

c) Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Ziff. 1 FernUSG waren erfüllt.

Der aufgrund der Bewerbung durch die Beklagte abzuschließende Vertrag sieht vor, dass der Lehrende und der Lernende räumlich getrennt sind, da der Kurs als reine Online-Schulung stattfindet. Darüber hinaus fand auch die vom Gesetz vorgesehene Überwachung des Lernerfolges statt.

Dieser Begriff ist hinsichtlich ihrer Voraussetzung nicht näher bestimmt. Die Lernerfolgskontrolle ist ein entscheidendes Abgrenzungsmerkmal zu reinen Selbstlernmaterialien. „Lernerfolgskontrolle“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der vom BGH in seiner oben genannten Entscheidung vom 15.10.2009 konkretisiert wurde. Nach Auffassung des BGH ist dieses Tatbestandsmerkmal unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte der Norm und der Intention des Gesetzgebers weit auszulegen. Auf die tatsächliche Überwachung des Lernerfolges kommt es nicht an. Es reicht vielmehr aus, wenn der Lernende nach dem Vertrag das Recht hat, eine Lernkontrolle einzufordern, um den Lernerfolg kontrollieren zu lassen. Aufgrund der Schutzintention des FernUSG ist deshalb eine Überwachung des Lernerfolges nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG bereits dann gegeben, wenn der Lernende nach dem Vertrag den Anspruch hat, zum Beispiel in einer begleitenden Unterrichtsveranstaltung durch mündliche Fragen zum erlernten Stoff eine individuelle Kontrolle des Lernerfolges durch den Lehrenden oder seinen Beauftragten zu erhalten.

In der Gesetzesbegründung heißt es zur Überwachung in § 1 Abs. 1 Nr. 2, dass die lehrende Einrichtung sich dabei schriftlicher Korrekturen ebenso wie begleitender Unterrichtsveranstaltungen oder anderer Mittel bedienen kann und sich die Überwachung auf eine einmalige Kontrolle des Lernerfolgs beschränken kann (BT-Drucks. 7/4245 S. 14 und S. 23). Die individuelle Anleitung des Lernenden, die eine Lernkontrolle ermöglicht, sei es durch individuelle Lösungsskizzen, die Möglichkeit, in den begleitenden Unterrichtsveranstaltungen oder gegenüber einem Betreuer mündliche Fragen zum erlernten Stoff zu stellen, reicht für das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals der Lernüberwachung aus (vgl. auch VG Köln, Urteil vom 20. April 2016, 10 K 3426/14, Tz. 25 zitiert nach juris).

Danach kam es zum einen nicht darauf an, dass die Initiative zur Lernerfolgskontrolle zwingend vom Lehrenden ausgehen muss, wie die Klägerin meint. Vielmehr reicht neben einem vertraglichen Anspruch hierauf auch die tatsächliche Bereitstellung einer Möglichkeit zur unmittelbaren Interaktion zwischen Lehrendem und Lernendem aus. Eine solche hat die Beklagte mit dem Vorhandensein eines „virtuellen Klassenzimmers“ ausdrücklich beworben. Hieran muss sie sich festhalten lassen, auch wenn sie die entsprechenden Angaben zwischenzeitlich von ihren Internetseiten entfernt hat.

3. Die Kammer hatte keine durchgreifenden Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit des vom Kläger formulierten Unterlassungsantrags.

a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Das bedeutet beim Unterlassungsantrag (und gemäß § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO bei einer darauf beruhenden Verurteilung), dass die nach dem begehrten Verbot vom Beklagten zu unterlassende Handlung (der Streitgegenstand) nicht derart undeutlich gefasst sein darf, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (vgl. etwa BGH GRUR 2018, 203 Rn. 10 – Betriebspsychologe m.w.N.).

b) Ein Unterlassungsantrag genügt regelmäßig den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn er – soweit möglich – auf die konkrete Verletzungsform Bezug nimmt (vgl. BGH, NJW 2011, 2211, 2212 – Hörgeräteversorgung II m.w.N; BGH, GRUR 2001, 453, 454 – TCM-Zentrum).

c) Auch ein abstrakt gehaltener Antrag mit der anschließenden Formulierung „wenn dies geschieht, wie …“, ist auf die konkrete Verletzungsform beschränkt (Gloy/Loschelder/DanckwertsUWG-HdB, § 88 Streitgegenstand und Antrag, Rn. 31). In Fällen, in denen sich die Klage gegen die konkrete Verletzungsform richtet, ist regelmäßig in dieser Verletzungsform den Lebenssachverhalt zu sehen, durch den der Streitgegenstand bestimmt wird. Das Klagebegehren richtet sich in diesem Fall gegen ein konkret umschriebenes Verhalten, das bei einer natürlichen Betrachtungsweise den Tatsachenkomplex und damit die Beanstandungen umschreibt, zu der die konkrete Verletzungsform Anlass geben kann (vgl. BGH, GRUR 2013, 401, 403 Rn. 24 – Biomineralwasser).

Aus diesem Grunde war es unschädlich, dass der Kläger seinen Antrag nicht ausdrücklich auf das Angebot von Onlineausbildungen zum Fitness-Trainer beschränkt hat.

C. Der Kläger kann von der Beklagten die Erstattung der geltend gemachten vorgerichtlichen Abmahnkosten für die Abmahnung vom 18. September 2020 in Höhe von 367,50 EUR verlangen.

1. Da die mit Schreiben vom 10. Dezember 2020 ausgesprochene vorgerichtliche Abmahnung nach den obigen Ausführungen in der Sache begründet waren, stand dem Kläger für die insoweit entstandenen Kosten ein Erstattungsanspruch aus aus § 13 Abs. 3 UWG zu.

2. Für einen Verband, dem es zuzumuten ist, typische und durchschnittlich schwer zu verfolgende Wettbewerbsverstöße selbst zu erkennen und abzumahnen, kommt lediglich ein Anspruch auf anteiligen Ersatz der Personal- und Sachkosten in Form einer Kostenpauschale in Betracht (vgl. Bornkamm in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl., Rz. 1.127 zu § 12 UWG; OLG Hamburg, Urteil vom 28. November 2001, 5 U 111/01, BeckRS 2001 30222988). Hierzu muss der Verband die Parameter offenlegen, welche der Pauschalierung zugrunde liegen, was der Kläger im Rahmen der Klageschrift in ausreichendem Umfang getan hat. Das pauschale Bestreiten des dort dargestellten Kostenaufwands durch die Beklagte war nicht ausreichend, zumal die Beklagte nicht vorgetragen hat, welche vom Kläger dargelegten Kostenansätze ihr aus welchen Gründen unplausibel erscheinen. Da Bestreiten war daher nicht ausreichend, um dem Kläger weitere Nachweise zur Angemessenheit der Höhe des geltend gemachten Aufwands zu erbringen. Darüber hinaus lag der vom Kläger geltend gemachte Betrag im Rahmen des Üblichen, so dass er ohne Weiteres im Wege der Schätzung nach § 287 ZPO durch das Gericht bestimmt werden konnte.

D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

E. Die weitere Nebenentscheidung ergibt sich aus § 709 ZPO

 

Jüdemann Rechtsanwälte