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Homophie im Fußball ist bekannt, die Schwierigkeiten der Profis, sich zu outen, schwul zu sein, ebenfalls. Bei den Vorständen wird dies bestritten. In anderen Ländern scheint man direkter damit umzugehen.

Der „Patron“ eines rumänischen Profi-Vereins, der Unternehmer George B.“ äußerte in einem Interview, er würde niemals einen schwulen Fußballer einstellen.

Zu Herrn B. eine Auszug aus Wikipedia: „Herrn B.s Markenzeichen sind seine Omnipräsenz in den rumänischen Medien und sein provokantes Auftreten mit vulgärer Wortwahl. Seine politische Gesinnung wird als Mischung zwischen kruden Ideologien aus Ultrakonservatismus, rechtsradikalen Versatzstücken (Hetze gegen Homosexuelle, Leugnung des Holocausts in Rumänien) und orthodoxem Fundamentalismus beschrieben.

Eine rumänische Nichtregierungsorganisation erhob Klage vor dem EuGH. Die Beweislast, dass entgegen dem Anschein einer Diskriminierung nicht gegen den Gleichhandlungsgrundsatz verstoßen werde, liege, so das Gericht, bei der Beklagten.

 

Hierzu die Pressemeldung des EuGH :

Urteil in der Rechtssache C-81/12

Asocia.ia Accept/Consiliul Na.ional pentru Combaterea Discriminarii

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Homophobe Äußerungen des „Patrons“ eines Profifußballvereins können dazu  ühren, dass diesem Verein die Beweislast dafür obliegt, dass er keine  diskriminierende Einstellungspolitik betreibt

Der Anschein einer Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung könnte mit einem Bündel
übereinstimmender Indizien widerlegt werden

Die Richtlinie zur Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf schafft einen allgemeinen  Rahmen zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer  Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf. Nach dieser  Richtlinie liegt, wenn bei einem Gericht oder einer anderen zuständigen Stelle Tatsachen glaubhaft  gemacht wurden, die das Vorliegen einer Diskriminierung vermuten lassen, die Beweislast beim  betreffenden Beklagten, der beweisen muss, dass entgegen dem Anschein einer Diskriminierung  nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen wurde.

Am 3. März 2010 erhob Accept, eine Nichtregierungsorganisation, die die Förderung und den  Schutz der Rechte lesbischer, schwuler, bi- und transsexueller Personen in Rumänien zum Ziel  hat, beim Nationalen Rat für die Bekämpfung der Diskriminierung (CNCD) Beschwerde gegen den  SC Fotbal Club Steaua Bucure.ti SA (FC Steaua) und Herrn Becali, der sich als „Patron“ dieses  Vereins darstellte. Accept rügte einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz bei  Einstellungen. Herr Becali habe nämlich in einem Interview zu einem möglichen Transfer eines  Fußballprofis erklärt, dass er niemals einen homosexuellen Spieler einstellen würde. In Bezug auf  den anderen Beschwerdegegner vor dem CNCD, den FC Steaua  machte Accept geltend, dieser  Verein habe sich zu keiner Zeit von Herrn Becalis Äußerungen distanziert. Der CNCD vertrat insbesondere die Auffassung, dass diese Umstände außerhalb des Bereichs der Arbeit lägen, da  die Äußerungen von Herrn Becali nicht als von einem Arbeitgeber oder einer für die Einstellung  verantwortlichen Person stammend angesehen werden könnten. Er stellte jedoch fest, dass diese  Äußerungen eine Diskriminierung in Form einer Belästigung2 darstellten, und belegte Herrn Becali  mit der Sanktion einer Verwarnung. Diese Sanktion war nach rumänischem Recht zu diesem
Zeitpunkt die einzig mögliche Sanktion, da der Beschluss des CNCD später als sechs Monate  nach dem Zeitpunkt erging, zu dem sich der beanstandete Sachverhalt zugetragen hatte. Accept  erhob Klage gegen diesen Beschluss bei der Curte de Apel Bucuresti (Berufungsgericht Bukarest,  Rumänien), das dem Gerichtshof Fragen zur Auslegung der Richtlinie vorgelegt hat.

In seinem Urteil vom heutigen Tag weist der Gerichtshof darauf hin, dass die Richtlinie auf einen  Fall wie den dem Ausgangsverfahren vor der Curte de Apel Bucuresti zugrunde liegenden, der  Äußerungen über die Bedingungen – einschließlich Einstellungsbedingungen – für den Zugang zu  einer Erwerbstätigkeit betrifft, Anwendung findet. Der Gerichtshof betont, dass den Besonderheiten der Einstellung von Fußballprofis insoweit keine Bedeutung zukommt, da die Ausübung des Sports  als wirtschaftliche Tätigkeit unter das Unionsrecht fällt.

Zu dem vom FC Steaua im Ausgangsverfahren vertretenen Standpunkt führt der Gerichtshof aus,  dass der Umstand allein, dass Erklärungen wie die von Herrn Becali nicht unmittelbar von einem  bestimmten Beklagten abgegeben wurden, nicht ausschließt, dass in Bezug auf diese Partei  „Tatsachen, die das Vorliegen einer Diskriminierung vermuten lassen“. im Sinne der Richtlinie  glaubhaft gemacht werden können. Folglich kann ein beklagter Arbeitgeber Tatsachen, die  vermuten lassen, dass er eine diskriminierende Einstellungspolitik betreibt, nicht allein  dadurch widerlegen, dass er geltend macht, die Äußerungen, die eine homophobe  Einstellungspolitik suggerierten, stammten von einer Person, die, obwohl sie behaupte und  der Anschein bestehe, dass sie im Management dieses Arbeitgebers eine wichtige Rolle  spiele, nicht rechtlich befugt sei, ihn bei Einstellungen zu binden. Der Umstand, dass dieser  Arbeitgeber sich nicht deutlich von diesen Äußerungen distanziert hat, kann bei der Beurteilung
seiner Einstellungspolitik Berücksichtigung finden.

Der Gerichtshof stellt außerdem klar, dass die Beweislast, wie sie in der Richtlinie geregelt ist,  nicht dazu führt, dass ein Beweis verlangt wird, der unmöglich zu erbringen ist, ohne das  Recht auf Achtung des Privatlebens zu verletzen. Der Anschein einer Diskriminierung aufgrund  der sexuellen Ausrichtung könnte nämlich mit einem Bündel übereinstimmender Indizien  widerlegt werden, ohne dass der Beklagte beweisen müsste, dass in der Vergangenheit  Personen mit einer bestimmten sexuellen Ausrichtung eingestellt wurden. Zu diesen Indizien  können u. a. eine klare Distanzierung von diskriminierenden öffentlichen Äußerungen sowie die  Existenz ausdrücklicher Bestimmungen in seiner Einstellungspolitik zählen, die die Beachtung des  Gleichbehandlungsgrundsatzes gewährleisten sollen.

Schließlich stellt der Gerichtshof fest, dass die Richtlinie einer nationalen Regelung entgegensteht,  nach der bei Feststellung einer Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung nach Ablauf  von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt, zu dem sich der Sachverhalt zugetragen hat, als Sanktion  nur eine  Verwarnung“ ausgesprochen werden kann, wenn diese Sanktion nicht wirksam,  verhältnismäßig und abschreckend ist. Es ist jedoch Aufgabe des rumänischen Gerichts, zu  beurteilen, ob dies vorliegend der Fall ist.

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1 Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die
Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303, S. 16).

2 Nach der Richtlinie sind Belästigungen, die als Diskriminierung gelten, unerwünschte Verhaltensweisen, die u. a. mit
der sexuellen Ausrichtung in Zusammenhang stehen und bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden
Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen
gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

 

Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das den Gerichtshof nicht bindet.

Der Volltext des Urteils wird am Tag der Verkündung auf der Curia-Website veröffentlicht

Pressekontakt: Hartmut Ost . (+352) 4303 3255

Filmaufnahmen von der Verkündung des Urteils sind verfügbar über
„Europe by Satellite“ . (+32) 2 2964106