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Auch bei ähnlichen  Wortbestandteilen einer Wortbildmarke kann eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen sein, wenn die grafischen Elemente erheblich voneinander abweichen.

 

In einem 2011 vor dem EuGH anhängigen Verfahren stritten der Inhaber zweier Zeichen, die den Wortbestandteil „Justing“ trugen darum, ob eine Markenverletzung vorlag. Der EuGH verneinte dies, da weder der Wortbestandteil noch die Bildelemente identisch seien. Interessant insoweit, dass die auch Schriftart des Wortbestandteiles betrachtet wird. Dies erstaunt weniger, wenn man weiß, dass z.B. eine (Wort-) Marke, die nicht in der Standardschrift (das DPMA benutzt Arial“ dargestellt wird, eine Wortbildmarke darstellt.

 

Die Entscheidung des EuGH:

 

 

 

 

 

URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

 

19. Januar 2012(*)

 

„Gemeinschaftsmarke – Anmeldung der Gemeinschaftsbildmarke justing – Ältere nationale Bildmarke JUSTING – Inanspruchnahme des Zeitrangs der älteren nationalen Marke – Fehlende Übereinstimmung der Zeichen – Art. 34 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

 

In der Rechtssache T‑103/11

 

Tiantian Shang, wohnhaft in Rom (Italien), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt A. Salerni,

 

Klägerin,

 

gegen

 

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch G. Mannucci als Bevollmächtigten,

 

Beklagter,

 

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des HABM vom 14. Dezember 2010 (Sache R 1388/2010‑2) über die Inanspruchnahme des Zeitrangs der älteren nationalen Bildmarke JUSTING von Frau Tiantian Shang

 

erlässt

 

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

 

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Papasavvas sowie der Richter V. Vadapalas (Berichterstatter) und K. O’Higgins,

 

Kanzler: E. Coulon,

 

aufgrund der am 16. Februar 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

 

aufgrund der am 7. April 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

 

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien binnen der Frist von einem Monat nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht des Berichterstatters gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

 

folgendes

 

Urteil

 

Vorgeschichte des Rechtsstreits

 

1 Am 26. Juni 2009 meldete die Klägerin, Frau Tiantian Shang, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

 

2 Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das folgende Bildzeichen:

 

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3 Die Marke wurde für folgende Waren der Klassen 18 und 25 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

 

– Klasse 18: „Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Häute und Felle; Reise‑ und Handkoffer; Regen‑ und Sonnenschirme sowie Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren“;

 

– Klasse 25: „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“.

 

4 Gleichzeitig stellte die Klägerin beim HABM gemäß Art. 34 der Verordnung Nr. 207/2009 einen Antrag auf Inanspruchnahme des Zeitrangs der folgenden unter der Nr. 1217303 eingetragenen älteren italienischen Bildmarke:

 

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5 Mit Entscheidung vom 1. Juni 2010 wies der Prüfer die Inanspruchnahme des Zeitrangs der älteren nationalen Marke zurück.

 

6 Am 22. Juli 2010 legte die Klägerin gegen die Entscheidung des Prüfers gemäß den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 beim HABM Beschwerde ein.

 

7 Mit Entscheidung vom 14. Dezember 2010 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Zweite Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück. Sie stellte insbesondere fest, dass die angemeldete Gemeinschaftsmarke und die ältere nationale Marke nicht übereinstimmten, da ihre grafischen Darstellungen verschieden seien, und zwar nicht nur in Bezug auf die Schriftart des Wortelements „justing“, sondern auch in Bezug auf ihre Bildelemente und die Position der einzelnen Zeichenbestandteile.

 

Anträge der Parteien

 

8 Die Klägerin beantragt,

 

– die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

 

– die angefochtene Entscheidung abzuändern und ihrem Antrag auf Inanspruchnahme des Zeitrangs der älteren nationalen Marke stattzugeben;

 

– hilfsweise, ihrem Antrag auf Inanspruchnahme des Zeitrangs des Wortelements der älteren nationalen Marke, d. h. des Begriffs „justing“, stattzugeben;

 

– dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

 

9 Das HABM beantragt,

 

– die Klage abzuweisen;

 

– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 

Rechtliche Würdigung

 

10 Die Klägerin stützt ihre Klage auf drei Klagegründe, mit denen sie erstens einen Verstoß gegen Art. 34 der Verordnung Nr. 207/2009 und dessen fehlerhafte Auslegung, zweitens einen Verstoß gegen die Richtlinie 98/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1998 über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen (ABl. L 289, S. 28) und drittens die Bekanntheit der älteren nationalen Marke geltend macht.

 

Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 34 der Verordnung Nr. 207/2009 und fehlerhafte Auslegung dieser Vorschrift

 

11 Die Klägerin wirft der Beschwerdekammer vor, Art. 34 der Verordnung Nr. 207/2009 restriktiv ausgelegt zu haben. Sie habe diese Vorschrift nämlich ausgelegt, ohne ihren Kontext, d. h. ein System zum Schutz von Marken vor der Gefahr von Verwechslungen mit identischen oder ähnlichen Marken, zu berücksichtigen. Die Beschwerdekammer hätte in diesem Zusammenhang dem Umstand Rechnung tragen müssen, dass das Wortelement „justing“ der Gemeinschaftsmarke und das der älteren nationalen Marke identisch seien, wobei der Umstand, dass in den beiden Marken unterschiedliche Schriftarten verwendet worden seien, an dieser Feststellung nichts ändere. Außerdem bestehe eine völlige Übereinstimmung der von den beiden Marken erfassten Waren, was die Beschwerdekammer nicht in Frage gestellt habe. Was schließlich die Bildelemente der fraglichen Marken angehe, müssten ihre Unterschiede vor dem Hintergrund eines „grafischen Entwicklungsprozesses“ der älteren nationalen Marke gesehen werden, durch den die „Einzigartigkeit der Marke“ keineswegs in Frage gestellt worden sei. Somit sei die Marke identisch geblieben.

 

12 Das HABM tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

 

13 Art. 34 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 bestimmt:

 

„Der Inhaber einer in einem Mitgliedstaat, einschließlich des Benelux-Gebiets, oder einer mit Wirkung für einen Mitgliedstaat international registrierten älteren Marke, der eine identische Marke zur Eintragung als Gemeinschaftsmarke für Waren oder Dienstleistungen anmeldet, die mit denen identisch sind, für welche die ältere Marke eingetragen ist, oder die von diesen Waren oder Dienstleistungen umfasst werden, kann für die Gemeinschaftsmarke den Zeitrang der älteren Marke in Bezug auf den Mitgliedstaat, in dem oder für den sie eingetragen ist, in Anspruch nehmen.“

 

14 Dem Antrag auf Inanspruchnahme des Zeitrangs der älteren nationalen Marke im Rahmen der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke ist stattzugeben, wenn drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: Die ältere nationale Marke und die angemeldete Gemeinschaftsmarke müssen identisch sein, die Waren oder Dienstleistungen der angemeldeten Gemeinschaftsmarke müssen mit denen, die von der älteren nationalen Marke erfasst sind, identisch oder in diesen enthalten sein, und der Inhaber der fraglichen Marken muss derselbe sein.

 

15 Im vorliegenden Fall ist die Übereinstimmung der Waren, für die die Gemeinschaftsmarke angemeldet worden ist und die von der älteren nationalen Marke erfasst werden, unstreitig. Außerdem sind sich die Parteien darüber einig, dass der Inhaber der fraglichen Marken derselbe ist.

 

16 Hinsichtlich der Identität der Marken ist darauf hinzuweisen, dass ein Zeichen mit einer Marke identisch ist, wenn es ohne Änderung oder Hinzufügung alle Elemente wiedergibt, die diese Marke bilden, oder wenn es, als Ganzes betrachtet, Unterschiede gegenüber der Marke aufweist, die so geringfügig sind, dass sie einem Durchschnittsverbraucher entgehen können (Urteil des Gerichtshofs vom 20. März 2003, LTJ Diffusion, C‑291/00, Slg. 2003, I‑2799, Randnr. 54).

 

17 Die Voraussetzung der Identität des Zeichens und der Marke ist angesichts der sich aus dieser Identität ergebenden Konsequenzen restriktiv auszulegen. Der Inhaber der Gemeinschaftsmarke, dem die Inanspruchnahme des Zeitrangs der älteren nationalen Marke bewilligt wurde, kann gemäß Art. 34 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009, falls er auf die ältere Marke verzichtet oder sie erlöschen lässt, weiter dieselben Rechte geltend machen, die er gehabt hätte, wenn die ältere Marke weiterhin eingetragen gewesen wäre.

 

18 Die Beschwerdekammer hat somit Art. 34 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 zu Recht eng ausgelegt.

 

19 In diesem Zusammenhang ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, wonach der durch Art. 34 der Verordnung Nr. 207/2009 gewährte Rechtsvorteil sich ebenso auf ähnliche Marken erstrecken müsse, wie auch der Schutz von Marken vor der Gefahr von Verwechslungen ähnliche Marken erfasse. Im Gegensatz zu den Vorschriften der Verordnung Nr. 207/2009 zum Schutz von Marken vor der Gefahr einer Verwechslung mit identischen oder ähnlichen Marken betrifft Art. 34 dieser Verordnung nämlich nur identische Marken und enthält keine Vorschrift für ähnliche Marken. Das Gericht kann aber den Wortlaut dieses Art. 34 nicht dadurch ändern, dass es zulässt, dass die Voraussetzung der Identität der Marken durch die der Ähnlichkeit der Marken ersetzt wird.

 

20 Daher ist im vorliegenden Fall zu prüfen, ob die angemeldete Gemeinschaftsmarke und die ältere nationale Marke identisch sind.

 

21 Die beiden Bildmarken bestehen aus dem Wortelement „justing“ und Bildelementen. Das Wortelement „justing“ ist, wie die Beschwerdekammer in Randnr. 12 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, je nach Marke in unterschiedlichen Schriftarten wiedergegeben. Bei der älteren nationalen Marke handelt es sich bei den verwendeten Schriftzeichen um eine Druckschrift in normaler Schriftart, während in der angemeldeten Gemeinschaftsmarke gotische Schrift verwendet wurde, die dem Begriff „justing“ ein bestimmtes grafisches und stilistisches Merkmal verleiht.

 

22 Außerdem sind die Bildelemente der beiden Marken verschieden. Die ältere nationale Marke enthält nämlich auf beiden Seiten des Wortelements Symbole, die die beiden Geschlechter darstellen, während in der angemeldeten Gemeinschaftsmarke das oberhalb des Wortelements befindliche Bildelement einen den Buchstaben „j“ umschließenden und seinerseits von Strahlen umgebenen Ring darstellt.

 

23 Die Beschwerdekammer hat somit zu Recht festgestellt, dass die Marken nicht identisch sind und dass daher dem Antrag auf Inanspruchnahme des Zeitrangs der älteren nationalen Marke für die angemeldete Gemeinschaftsmarke nicht stattgegeben werden kann.

 

24 Diese Feststellung wird durch das Vorbringen der Klägerin, mit dem sie die Unterschiede zwischen den Marken durch einen „grafischen Entwicklungsprozess“ zu erklären sucht, nicht in Frage gestellt. Die Marken hätten nämlich nur dann als identisch angesehen werden können, wenn die Unterschiede gemäß der vorstehend in Randnr. 16 erwähnten Rechtsprechung so geringfügig gewesen wären, dass sie einem Durchschnittsverbraucher entgangen wären, was hier nicht der Fall ist, da die grafische Darstellung der beiden Marken ausgeprägt unterschiedlich ist.

 

25 Nach alledem ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

 

Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen die Richtlinie 98/71

 

26 Nach Ansicht der Klägerin ist für die Feststellung, ob zwei Marken als identisch anzusehen sind, auf Art. 4 der Richtlinie 98/71 abzustellen, wonach „Muster … als identisch [gelten], wenn sich ihre Merkmale nur in unwesentlichen Einzelheiten unterscheiden“. Demnach seien zwei Marken identisch, wenn ihre wesentlichen Elemente, d. h. die Elemente, an denen das Publikum sie erkennen könne, identisch seien.

 

27 Angesichts der Identität der Waren, des Wortelements und des Inhabers, des „tatsächlichen Zeitrangs“ sowie der „eindeutigen Vermengung und/oder Entwicklung der miteinander völlig vereinbaren Zeichen“ seien die beiden Marken im Hinblick auf eine „mögliche Verwechslungsgefahr“, sofern man nicht mit „unangebrachter Strenge“ vorgehe, als eine einzige Marke anzusehen.

 

28 Das HABM tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

 

29 Zunächst ist festzustellen, dass die Richtlinie 98/71 im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kommt, da sie Muster und Modelle betrifft.

 

30 Jedenfalls ist darauf hinzuweisen, dass Art. 4 der Richtlinie 98/71 und die in Randnr. 16 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung für den Begriff der Identität eine ähnliche Definition vorsehen.

 

31 Im Übrigen ist das Vorbringen der Klägerin im Rahmen dieses Klagegrundes im Wesentlichen das gleiche wie im Rahmen des ersten Klagegrundes. Sie sucht nämlich darzutun, dass die fraglichen Marken in ihren wesentlichen Elementen, dem Wortelement „justing“, identisch seien und ihre Unterschiede lediglich auf einem „grafischen Entwicklungsprozess“ beruhten, den das Gericht mit der Folge zu berücksichtigen habe, dass die Marken für identisch zu erklären seien.

 

32 Insoweit ist hervorzuheben, dass die von der Klägerin gewählte Auslegung des Begriffs Identität deshalb unzutreffend ist, weil sie diesen Begriff für die Zwecke ihrer Argumentationsführung auf die wesentlichen Elemente der Zeichen reduziert und dabei außer Acht lässt, dass eine Identität der Zeichen nur dann gegeben ist, wenn ihre Unterschiede geringfügig sind, was hier nicht der Fall ist, obwohl die Marken dieselben Wortelemente haben. Im Übrigen genügt der Verweis auf die vom Gericht im Rahmen des ersten Klagegrundes vorgenommene Beurteilung.

 

33 Das Vorbringen der Klägerin, wonach jegliche grafische Entwicklung des Logos der Marke untersagt bliebe, wenn das Gericht nicht anerkenne, dass das Logo eine Entwicklung erfahren habe, ist nicht stichhaltig. Es geht im vorliegenden Fall nämlich nicht darum, die für den Inhaber einer Marke bestehende Möglichkeit in Frage zu stellen, die Marke grafisch zu entwickeln, sondern um die Frage, ob die Klägerin den Zeitrang der älteren nationalen Marke geltend machen kann. Im vorliegenden Sachzusammenhang waren die Kriterien durch Art. 34 der Verordnung Nr. 207/2009 eindeutig festgelegt und sind, wie oben in Randnr. 18 dieses Urteils ausgeführt, eng auszulegen. Eine der nach Art. 34 der Verordnung Nr. 207/2009 vorgesehenen Voraussetzungen für die Geltendmachung des Zeitrangs der älteren nationalen Marke, die Identität der Marken, ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Daher kann der Antrag der Klägerin keinen Erfolg haben.

 

34 Die Klägerin behauptet, dass bei einer Auslegung, die der ihren zuwiderlaufe, jeglicher Schutz unmöglich würde, weil dann jedermann eine identische Marke mit einem geringfügigen grafischen Unterschied unter Hinweis darauf anmelden könnte, dass das Fehlen einer völligen Übereinstimmung der grafischen Elemente Grund genug sei, um davon auszugehen, dass die Marke verschieden sei und Originalität aufweise.

 

35 Dieses Vorbringen kann nicht überzeugen, weil die Schutzmechanismen der Verordnung Nr. 207/2009 dem Inhaber einer Marke die Möglichkeit bieten, Schutz gegen die Marke eines Dritten zu erwirken, die seiner eigenen ähnelt, und weil nach gefestigter Rechtsprechung die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, impliziert. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteil des Gerichtshofs vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, Slg. 1998, I‑5507, Randnr. 17, und Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, Slg. 2006, II‑5409, Randnr. 74).

 

36 Nach alledem ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.

 

Zum dritten Klagegrund: Bekanntheit der älteren nationalen Marke

 

37 Die Klägerin macht geltend, dass es aufgrund der „Verbreitung“ der älteren nationalen Marke möglich sein müsse, dieser unabhängig von ihrer Eintragung Schutz zuzuerkennen.

 

38 Die Klägerin weist darauf hin, dass sie sich das Recht vorbehalte, gegen die Person, die am 11. Mai 2009 – vor ihrer Gemeinschaftsmarkenanmeldung, jedoch nach dem Zeitpunkt der Anmeldung ihrer älteren nationalen Marke – die Wortmarke JUSTING als internationale Marke mit Erstreckung auf die Europäische Union angemeldet habe, Klage auf Nichtigerklärung der Marke zu erheben.

 

39 Das HABM tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

 

40 Wie die Beschwerdekammer in Randnr. 13 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, ist die Tatsache, dass die Klägerin gerichtlich gegen die Person vorzugehen wünscht, die die Wortmarke JUSTING als internationale Marke mit Erstreckung auf die Europäische Union hat eintragen lassen, im Rahmen eines Verfahrens für die Inanspruchnahme des Zeitrangs einer älteren nationalen Marke unerheblich.

 

41 Außerdem stellt Art. 34 der Verordnung Nr. 207/2009 keinerlei Zusammenhang zwischen der Inanspruchnahme des Zeitrangs einer älteren nationalen Marke und ihrer Bekanntheit her.

 

42 Daher ist der dritte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

 

43 Was im Übrigen den Antrag der Klägerin angeht, ihre Inanspruchnahme des Zeitrangs teilweise, und zwar in Bezug auf das Wortelement „justing“ der älteren nationalen Marke, zuzulassen, ist darauf hinzuweisen, dass es nach Art. 34 der Verordnung Nr. 207/2009 nicht möglich ist, den Zeitrang eines Teils der älteren nationalen Marke geltend zu machen. Art. 34 ist jedoch, wie oben ausgeführt, eng auszulegen, so dass das Gericht einem derartigen Antrag nicht stattgeben kann.

 

44 Da die von der Klägerin geltend gemachten Klagegründe weder in Bezug auf die beantragte Aufhebung noch in Bezug auf die beantragte Abänderung durchgreifen, sind diese Anträge zurückzuweisen, und somit ist die Klage insgesamt abzuweisen.

 

Kosten

 

45 Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM die Kosten aufzuerlegen.

 

Aus diesen Gründen hat

 

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

 

für Recht erkannt und entschieden:

 

1. Die Klage wird abgewiesen.

 

2. Frau Tiantian Shang trägt die Kosten.

 

Papasavvas

 

 

Vadapalas

 

 

O’Higgins

 

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 19. Januar 2012.

 

Unters