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In einer anderen Entscheidung zum Namensrecht einer Religionsgemeinschaft hatte das LG Frankfurt zugunsten der „The Corporation ofthe President of the Church of Jesus Christ of Latter-Day Saints“, im Volksmund „Mormonen“ genannt, entschieden.

Unter den Schutz des Namensrechts fielen danach auch Spitznamen, unter den die Mitglieder einer Religionsgemeinschaft bekannt sind. Das Landgericht war der Ansicht, dass bei Eingabe des Suchbegriffes „Mormonen“ könnten die Besucher der Seite „www.mormonen.de“ irrtümlich annehmen, die Informationen auf der Seite stammten von der Religionsgemeinschaft. Die Vermutung liegt nahe. Anders wäre wohl zu entscheiden gewesen, wenn der Namen nur untergeordneter oder gleichberechtigter Teil eines Domainnamens gewesen wäre, wie z.b. Mormon-Curtain.de (in Anlehnung an eine amerikanische Seite, auf der ehemalige Mormonen über ihre Erfahrungen berichten).

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In dem Rechtsstreit

hat das Landgericht Frankfurt a.M. -3. Zivilkammer-

durch Vorsitzenden Richter am Landgericht IBBHH^ Richter am Landgericht •••••m und Richterin am Landgericht ••Ä

auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13.02.2003 für Recht erkannt:

l.  Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ördnungsgeldes bis zu. € 250.000,00 und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, von Ordnungshaft oder Ordnungshaft zu unterlassen,

a)  den Namen „Mormonen“ als Second-Level-Domain-Namen und/oder

als Bezeichnung eines Informationsangebotes im Internet über die Kirche der Heiligen der Letzten Tage zu benutzen,

b)  den Internet-Domain-Namen mormonen.de zu benutzen, zu blockieren oder konnektiert zu halten.

 

2.                Der Beklagte wird verurteilt, den Internet-Domain-Namen ..www.mormonen.de“
durch Erklärung gegenüber der Denic e.G. freizugeben.

3.       Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 5 5.018,00 vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist eine als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannte Religionsgemeinschaft.. Ihre Anhänger werden landläufig auch als Mormonen bezeichnet. Die „The Corporation ofthe President of the Church of Jesus Christ of Latter-Day Saints“ mit Sitz in den USA ist Inhaberin der deutschen Wortmarke“MORMON“, eingetragen am 19.04.2002 u.a. für die Klassen 16 und 42 sowie „MORMONENKIRCHE“, eingetragen am gleichen Tag wie zuvor und für die gleichen Klassen.

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Der Beklagte ließ am 20.06.1997 bei der Denic e.G., der deutschen Vergabestelle für Internetadressen, den Internet-Domain-Namen „www.mormonen.de“ für sich registrieren. Unter dieser Internet-Domain bietet er ein deutschsprachiges Infprmationsangebot an, welches sich vor allem mit der Klägerin befaßt.

Die Klägerin sieht in diesem Verhalten des Beklagten einen Verstoß gegen ihr zustehende Namens- und Markenrechte. Sie verlangt deshalb Unterlassung und Freigabe.

Die Klägerin beantragt

wie erkannt. Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bestreitet die von der Klägerin geltend gemachten Rechte. Er trägt vor, die Klägerin führe den Namen „Mormonen“ nicht, sondern lehne diesen Namen sogar ausdrücklich als auf sich bezogen ab. Auch sei das Verkehrsverständnis in Bezug auf den Namen „Mormonen“ viel zu diffus, um die ernsthafte Gefahr einer Zuordnungsverwirrung zu begründen. Der Verkehr assoziiere mit diesem Begriff eine Sekte nordamerikanischen Ursprungs, deren hervorstechendste Eigenschaften Vielweiberei und Tempelkult seien. Der Beklagte verwende mit seiner Internet-Domain lediglich einen Gattungsbegriff und setze sich auf seiner Webseite kritisch mit der Glaubensgemeinschaft der Mormonen auseinander.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und überreichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Die Klägerin kann aus Namensrecht Unterlassung und Freigabe verlangen ( § 12 BGB ).

Die Klägerin genießt für die Bezeichnung „Mormonen“ Namensschutz. Das Recht aus § 12BGB steht auch der Klägerin als einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu (BGH 124,173/178; BVerfG NJW 1994,2346 ). Die Bezeichnung „Mormonen“ weist.eineindividuelleEigenart auf, besitzt also eine namensmäßige Ünterscheidungskraft und ist damit von Naturaus geeignet, eine Namensfunktion auszuüben. Dem Namensschutz der Klägerin an dieserBezeichnung steht nicht entgegen, daß sich die Klägerin selbst an sich nicht den Namen „Mormonen“ beilegt, sondern sich – wie sich aus dem Rubrum der Klage ergibt – „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“ nennt. Unter den Namensschutz des § 12 BGB fallen grundsätzlich auch sogenannte Spitznamen einer Person, sofern zwischen dem Spitznamen und der so bezeichneten Person ein Zuordnungszusammenhang besteht ( HansOLG ZUM 2002,148 ). So liegt der Fall hier. Die Mitglieder der Klägerin werden bereits seit langer Zeit landläufig als „Mormonen“ bezeichnet (vgl. etwa Duden, Das große
Fremdwörterbuch, 2. Auflage, Stichwort „Mormone“; Der Große Brockhaus, 1.5. Auflage, Stich wort „Mormonen“), Der Name „Mormone“ leitet sich von dem Buch Mormon des Stifters Joseph Smith ab, besitzt also einen Bezug zur Klägerin. Tatsächlich hat sich die
amerikanische Mutter der Klägerin auch die  deutsche Wortmarke „MORMON“ eintragen lassen, was zeigt, daß sich auch die Klägerin mit dieser Bezeichnung identifiziert. Für den Namensschutz aus § 12 BGB ist das Verkehrsverständnis maßgeblich. Dieser neigt zu schlagwortartigen Abkürzungen. Angesichts der Länge des richtigen Namens der Klägerin bietet sich die geläufige Abkürzung „Mormonen“ geradezu an. Diese Bezeichnung ist kein Schimpfname, den die Klägerin etwa deshalb ablehnt. Vielmehr nimmt sie diese Bezeichnung als auf sie hinweisenden Begriff hin.

Der Beklagte benutzt die Internet-Domain „mormonen“ unbefugt. Er ließ diesen Domain-    Namen erst im Jahre 1997 für sich registrieren. Dies war zu einer Zeit, als die Mitglieder der Klägerin schon seit langem im Verkehr als „Mormonen“ bezeichnet wurden; Wie sich aus der zuvor erwähnten Fundstelle im „Brockhaus“ ergibt, wurde dieser Spitzname der Klägerin mindestens bereits im Jahre 1932 beigelegt. Der Klägerin kommt an dieser Bezeichnung deshalb der rechtliche Vorteil der zeitlichen Priorität zu.

Die zu Gunsten des Beklagten registrierte Internet-Domain „mormonen.de“ verletzt das Interesse der Klägerin im Sinne von § 12 BGB. Durch den unbefugten Gebrauch dieser Bezeichnung wird die Klägerin mit dem Beklagten in eine Beziehung gebracht, die tatsächlich nicht besteht. Insbesondere besteht die Gefahr, daß Internet-Nutzer, wenn sie den Suchbegriff „mormonen“ eingeben, auf die Webseite des Beklagten in der Annahme gelangen, sie würden Informationen über die Klägerin von der Klägerin erhalten. Dies ist indessen nicht der Fall. Der Beklagte besitzt kein rechtlich zu schützendes Interesse an der Verwendung der Bezeichnung „mormonen“ im Internet. Er ist dazu nicht von der Klägerin als der   namensmäßig Berechtigten autorisiert. Dem Beklagten stehen ausreichende Möglichkeiten zur Verfügung, um unter Verwendung einer anderen Bezeichnung im Internet über die Klägerin zu berichten. So, wie es der Beklagte tatsächlich tut, handelt es sich um schlichtes „Domain-grabbing“.

Wie sich aus § 12 S. 1 und 2 BGBjjrgibt, kann sowohl Beseitigung der Beeintächtigung als auch Unterlassung verlangt werden.

Da der Schriftsatz der Klägerin vom 12.02.2003 nicht mehr zu Lasten des Beklagten verwertet worden ist, war dem Beklagten kein Schriftsatznachlaß zu gewähren. Der Schriftsatz von 23.02.2003 gibt keinen Ailaß, nochmals die mündliche Verhandlungzu eröffnen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPOi.