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Eine interessante Entscheidung des BPatG, da hier auch gesellschaftsrechtliche Anspekte eine Rolle spielen.

Der Markeninhaber betrieb unter der Bezeichung „Kaupmann “ eine Bäckerei. Diese wurde 1929 von einem Vorfahr

gegründet. Eine Marke wurde zunächst nicht eingetragen. 2004 wurde über das Vermögen des Einzelkaufmanns

Christoph Kaupmann das Insolvenzverfahren eröffnet. Bestehende Franchiseverträge wurden gekündigt.

Der Insolvenzverwalter führte den Betrieb fort, bis 2005 im Rahmen eines Asset Deals Betriebsteile (u.a. die Bäckerei)

auf die Kaupmann GmbH verkauft und übertragen wurden. In dem Kaufvertrag wurde die Übertragung gewerblicher Schutzrechte

vereinbart, nicht die Einräumung von Rechten an der Nutzung des Familiennamen. Herr Ch.Kaupmann war Geschäftführer der

Käuferin und meldete 2007 die streitgegenständliche Marke „Kaupmann“ in eigenem Namen an. Die Käuferin beantragt nunmehr

die Löschung der Marke und begründet dies  u.a. mit einem Verstoß gegen die arbeitsrechtliche Treuepflicht.

2009 meldete die Käuferin die identische Marke für identische Klassen an und wurde daraufhin von dem Markeninhaber auf

Unterlassung in Anspruch genommen.

Das DPMA hat die Löschung der Marke Herrn Kaupmanns abgelehnt, was von BPatG bestätigt wurde.  Dieses konnte nicht feststellendass der Markeninhaber einen schutzwürdigen Besitzstand der Antragstellerin ohne sachlichen Grund mit Störungs- oder Behinderungsabsicht verletzt hat. Zwar habe die Antragstellerin durch die Nutzung ein eigenes Kennzeichenrecht erworben, dies jedoch nur lokal begrenzt.Auch sei ein Verstoß gegen Treupflichten nicht festzustellen, ebensowenig wie eine Behinderungsabsicht.

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BUNDESPATENTGERICHT

29 W (pat) 30/10
_______________________

(Aktenzeichen)

BESCHLUSS

In der Beschwerdesache

BPatG 152
08.05
-2-

betreffend die Marke 307 21 364
(Löschungsverfahren S 348/07)

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
8. Juli 2011 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker und der
Richterinnen Kortge und Dorn

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin begehrt gemäß § 50 Abs. 1 i. V. m.
§ 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG die Löschung der am 29. März 2007 angemeldeten
Wortmarke 307 21 364

Kaupmann.

Diese wurde am 6. Juli 2007 eingetragen für die Waren und Dienstleistungen der

Klasse 30:     Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditor-
waren;

Klasse 35:     Werbung, organisatorische Beratung von Unternehmen im Bereich
der Geschäftsführung bezüglich Herstellung und Vertrieb von Back-
waren aller Art;
Klasse 42:   technische Beratung von Unternehmen im Bereich der Geschäfts-
führung bezüglich Herstellung und Vertrieb von Backwaren aller Art.

I.

Der Markeninhaber und Beschwerdegegner betrieb als Einzelkaufmann unter dem
Namen ,,Kaupmann“ eine Bäckerei. Es handelte sich um ein im Jahr 1929 von sei-
nem Vorfahr Kaspar Kaupmann gegründetes Familienunternehmen. Eine Marke
dieses Namens wurde seinerzeit nicht eingetragen. Am 1. Oktober 2004 wurde
über das Vermögen dieses Einzelkaufmanns Christoph Kaupmann das Insolvenz-
verfahren eröffnet. Anlässlich der Insolvenz wurden die Franchiseverträge zwi-
schen ihm und seinen damaligen Franchisenehmern gekündigt. Der Insolvenz-
verwalter führte den Betrieb unter der Bezeichnung ,,Kaupmann“ fort, bis mit Kauf-
vertrag vom 28. Februar 2005 im Rahmen eines sog. ,,Asset Deals“ die Be-
triebsteile Bäckerei, Logistik, Kommissionierung und Verwaltung und das gesamte
Anlagevermögen des Unternehmens an die Antragstellerin, die Kaupmann GmbH,
verkauft und übertragen wurden. Der Betriebsteil Verkauf wurde von der Antrag-
stellerin nicht übernommen und die Filialen geschlossen.
Bei Gründung der Gesellschaft der Antragstellerin mit Gesellschaftsvertrag eben-
falls datierend vom 28. Februar 2005 war die Mutter des Markeninhabers,
Frau Anna Kaupmann, mit einem Geschäftsanteil von … Euro beteiligt
worden, den sie jedoch bereits am 17. Juni 2005 an die Hauptgesellschafterin der
Antragstellerin, die E… GmbH, abtrat.
In dem zwischen den Parteien geschlossenen o. g. Kaufvertrag vom 28. Febru-
ar 2005 (vgl. Anlage A 1 zum Schriftsatz der Beschwerdeführervertreter vom
30. Oktober 2007, Bl. 11 – 17 VA) heißt es u. a.:
-4-

§2

(1)   Der Käufer erwirbt sämtliche gewerblichen Schutzrechte des
schuldnerischen Unternehmens. …

§ 10
Namensrecht

Auf den Käufer wird das Recht, den Namen ,,Bäckerei Kaupmann“
zu führen unter der Bedingung übertragen, dass Herr Christoph
Kaupmann hierzu bis zur Vertragsunterzeichnung seine schriftli-
che Zustimmung erteilt hat. Sollte dies nicht der Fall sein, geht das
Namensrecht nicht über. …

§ 13 des Kaufvertrages enthält eine qualifizierte Schriftformklausel.

Der Markeninhaber hatte seine schriftliche Zustimmung zur Übertragung des Na-
mensrechts auf die Antragstellerin unstreitig nicht erteilt.

Mit gleichzeitigem Anstellungsvertrag vom 28. Februar 2005 (vgl. Anlage A 2 zum
o. g. Schriftsatz, Bl. 22 – 25 VA) wurde der Markeninhaber zum Geschäftsführer
der Antragstellerin bestellt. In dieser Eigenschaft führt er die Geschäfte der An-
tragstellerin fort.

Die Antragstellerin nutzt die Bezeichnung ,,Kaupmann“ seitdem zum Betrieb einer
Großbäckerei, ferner beliefert sie unter dieser Bezeichnung zahlreiche Filialen mit
Backwaren.

Am 29. März 2007 meldete der Markinhaber im eigenen Namen die Wortmarke
,,Kaupmann“ zur Eintragung in das Markenregister für die o. g. Waren und
Dienstleistungen der Klassen 30, 35 und 42 an. Nachdem die Antragstellerin hier-
von erfahren hatte, forderte sie den Markeninhaber mit Schreiben ihrer anwaltli-
chen Vertreter vom 27. Juni 2007 (vgl. Anlage A 3 zum o. g. Schriftsatz,
Bl. 26 – 28 VA) auf, entweder die Anmeldung zurückzunehmen oder die Marken-
rechte auf die Antragstellerin zu übertragen. Mit Schreiben vom 10. Juli 2007 (vgl.
Anlage A 4 zum o. g. Schriftsatz, Bl. 29 VA) teilte der Markeninhaber mit, dass er
zur Überzeugung gelangt sei, die Eintragung der Namensrechte weiter zu verfol-
gen. Es liege ihm fern, die Eintragung in irgendeiner Weise gegen die Interessen
der Kaupmann GmbH zu verwenden. Ziel und Zweck der Eintragung werde er der
Gesellschaft zu gegebener Zeit mitteilen. Im weiteren Schriftverkehr stritten die
Beteiligten über die Entstehung und das Erlöschen von Kennzeichnungsrechten
im Zusammenhang mit der Übertragung der Betriebsteile durch den Kaufvertrag
vom 28. Februar 2005. Der Markeninhaber betonte mit Schreiben seiner anwaltli-
chen Vertreter vom 22. August 2007 (vgl. Anlage A 7 zum o. g. Schriftsatz,
Bl. 36 – 38 VA), dass er ,,weder eine Genehmigung für die Aufnahme einer neuen
gewerblichen Tätigkeit beim Insolvenzverwalter Herrn S… beantragt hat,
noch dass er dies beabsichtigt.“ Ferner bot er der Antragstellerin die Erteilung ei-
ner kostenlosen Lizenz an den Markenrechten an.

Zur Begründung ihres Löschungsantrags gemäß §§ 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 10
MarkenG vom 30. Oktober 2007, der am 31. Oktober 2007 beim Deutschen Pa-
tent- und Markenamt (DPMA) eingegangen ist, hat die Antragstellerin im Amts-
verfahren u. a. ausgeführt, dass der Markeninhaber schon aus seinem Anstel-
lungsvertrag mit ihr nicht berechtigt gewesen sei, die angegriffene Marke für sich
persönlich anzumelden. Da der Markeninhaber insolvent sei und seine Wohlver-
haltensperiode im Rahmen des Insolvenzverfahrens noch nicht einmal begonnen
habe, habe er bei Markenanmeldung keinerlei Benutzungsabsicht gehabt. Ihm sei
bekannt gewesen, dass die Antragstellerin die Bezeichnung ,,Kaupmann“ weiter-
führe. Mit Aufgabe seines Geschäftsbetriebes stünden ihm insoweit keinerlei
Kennzeichenrechte mehr zu. Vielmehr seien Kennzeichenrechte für die Antrag-
stellerin durch Benutzung der Bezeichnung ,,Kaupmann“ entstanden. Mit der An-
meldung der Marke ,,Kaupmann“ habe der Markeninhaber gegen seine arbeits-

vertraglichen Treuepflichten verstoßen, weshalb seine Markenanmeldung als
rechtsmissbräuchlich anzusehen sei. Dies ergebe sich insbesondere auch daraus,
dass der Markeninhaber in einem Telefonat mit dem anwaltlichen Vertreter der
Antragstellerin, Rechtsanwalt Dr. K…, am 29. Juni 2007 auf die Frage nach
dem Grund für die Markenanmeldung erklärt habe, dass er befürchte, in naher
Zukunft von der Antragstellerin gekündigt zu werden und er sich im Hinblick dar-
auf ,,absichern“ wolle. Im Übrigen habe er nicht vor, sich unter der Bezeichnung
,,Kaupmann“ im Bäckereibereich selbständig zu machen.

Der Markeninhaber hat dem ihm am 27. Dezember 2007 zugestellten Löschungs-
antrag mit am 29. Januar 2008 beim DPMA eingegangenen Schriftsatz vom sel-
ben Tag widersprochen und u. a. vorgetragen, dass er aus der Insolvenz die Na-
mensrechte behalten habe, da lediglich das Inventar des Unternehmens im Rah-
men des Asset-Deals verkauft worden sei. Bewusst habe er der Übertragung des
Rechts, den Namen ,,Bäckerei Kaupmann“ zu führen, nicht schriftlich zugestimmt,
weil er die Namensrechte nicht habe übertragen wollen. Er habe der Antragstelle-
rin die kostenlose Namensführung gestattet, da es ihm allein darauf angekommen
sei, den Betrieb ,,Kaupmann“ in irgendeiner Form zu erhalten. Er habe seinerzeit
durch seine geschäftliche Betätigung eine Benutzungsmarke im Sinne von § 4
Abs. 2 MarkenG, ein Recht an einer geschäftlichen Bezeichnung gem. § 5 Mar-
kenG sowie Namensrechte nach dem BGB erworben. Für die Erhaltung seiner
Rechte sei ausreichend, dass (frühere) Franchiseunternehmen und die Antrag-
stellerin das Zeichen benutzten. Aus den gesamten Umständen ergebe sich, dass
die Namensführung durch die Antragstellerin unter der Bedingung stehe, dass er,
der Markeninhaber, Geschäftsführer der Antragstellerin sei. Die Antragstellerin
habe bewusst an einer Vertragskonstruktion mitgewirkt, die ihm den Erhalt seiner
Kennzeichenrechte sichern sollte. Durch die Anmeldung der angegriffenen Marke
habe er lediglich für die Verfestigung der ihm ohnehin zustehenden Rechte ge-
sorgt, was weder unter dem Gesichtspunkt des Wohlverhaltens im Insolvenzver-
fahren noch unter dem Gesichtspunkt seiner Anstellung bei der Antragstellerin zu
beanstanden sei.

Die Markenabteilung 3.4 des DPMA hat den Löschungsantrag der Antragstellerin
mit Beschluss vom 5. September 2008 zurückgewiesen. Eine zum Anmeldezeit-
punkt bestehende Bösgläubigkeit des Markeninhabers lasse sich nicht feststellen.
Fraglich sei bereits, ob die Antragstellerin an der Bezeichnung ,,Kaupmann“ in Be-
zug auf die eingetragenen Waren und Dienstleistungen einen schutzwürdigen Be-
sitzstand erworben habe, da ihr aufgrund der vertraglichen Regelung in § 10 des
Kaufvertrags vom 28. Februar 2005 ja bewusst gewesen sei, dass sie das Recht
zur Führung des Namens ,,Bäckerei Kaupmann“ mangels schriftlicher Zustimmung
des Markeninhabers ausdrücklich nicht erworben habe. Vor diesem Hintergrund
habe der Markeninhaber darauf vertrauen dürfen, dass ihm auch nach Weiterfüh-
rung der Geschäfte durch die Antragstellerin das Recht an der Bezeichnung
,,Bäckerei Kaupmann“ zugestanden habe. Die Markenanmeldung habe sich für ihn
daher lediglich als Verfestigung seines ohnehin noch vorhandenen Namensrechts
dargestellt und sei damit nicht als rechtsmissbräuchlich anzusehen. Da der Kauf-
vertrag zeitgleich und im Zusammenhang mit seinem Anstellungsvertrag als Ge-
schäftsführer der Antragstellerin geschlossen worden sei, erscheine die Anmel-
dung auch vor dem Hintergrund der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen des Mar-
keninhabers zumindest nicht als rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig. Die Tat-
sache, dass der Markeninhaber derzeit über keinen Geschäftsbetrieb verfüge,
lasse für sich allein noch nicht den Schluss auf eine Bösgläubigkeit zu. Dem Mar-
keninhaber gehe es unstreitig um die Erhaltung des Namens ,,Kaupmann“ im
Bäckereigeschäft, was für eine beabsichtigte Benutzung der Marke, sei es auch
durch Dritte, spreche.

Mit ihrer gegen den Zurückweisungsbeschluss gerichteten Beschwerde verfolgt
die Antragstellerin ihr Löschungsbegehren weiter.

Im Laufe des Beschwerdeverfahrens kam es im Dezember 2008 zu Verhandlun-
gen zwischen den Parteien, die in einer am 19. Januar 2009 geschlossenen
schriftlichen Vereinbarung mündeten, wonach der Markeninhaber mit Zustimmung
des Insolvenzverwalters im Wege eines so genannten ,,Management Buy out“ die
Kapitalanteile der Antragstellerin unter bestimmten Voraussetzungen zum
1. April 2011 übernehmen sollte (vgl. Anlage zum Schriftsatz der Beschwerde-
gegnervertreter vom 30. Januar 2009, Bl. 60 – 65 GA). Vor dem Hintergrund die-
ser Übernahmeverhandlungen sprach der Markeninhaber am 31. Dezember 2008
gegenüber der Antragstellerin die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses zum
31. Dezember 2009 aus. Zu der geplanten Übernahme der Kapitalanteile kam es
jedoch – angeblich wegen für den Markeninhaber nicht tragbarer Rahmenbedin-
gungen und unrealistischer Forderungen der Verkäuferin – nicht. In der Folgezeit
kam es immer wieder wegen verschiedener Umstände zu Auseinandersetzungen
zwischen den Parteien.

Am 28. April 2009 gab der Markeninhaber bei der Pieper Wirtschaftsberatung die
Erarbeitung eines Businessplans für die Gründung eines unter dem Namen
,,Bäckerei Christoph Kaupmann“ zu führenden eigenen Unternehmens in Auftrag.
In dem Businessplan vom 20. Mai 2009 (vgl. Anlage A 13 zum Schriftsatz der Be-
schwerdeführervertreter vom 27. Juli 2009, Bl. 99 – 117 GA), der mit ausdrückli-
cher Billigung des Insolvenzverwalters erstellt wurde, heißt es auf Seite 9,
2. Absatz: ,,Das Unternehmen ,,Bäckerei Christoph Kaupmann“ wird die ertrags-
starken Kunden von der Bäckerei Kaupmann GmbH abwerben, welches aufgrund
der guten und persönlichen Beziehungen zwischen den Kunden und Herrn
Christoph Kaupmann unproblematisch sein wird. Im Übrigen wird diesseits er-
wartet, dass mit dem Ausscheiden des Herrn Kaupmann als Geschäftsführer aus
der Bäckerei Kaupmann GmbH ein dann mehr oder weniger führungsloses Unter-
nehmen sich ohnehin nicht lange am Markt wird halten können. …“.

Mit Schreiben vom 30. April 2009 erklärte der Markeninhaber gegenüber der An-
tragstellerin unter Berufung auf ,,völlig überzogene Rohstoffpreise, eine fehlende
Buchhaltung seit Februar und Geheimtreffen hinter meinem Rücken“ (erneut) die
Kündigung seines Anstellungsvertrages, diesmal zum 31. Oktober 2009 (vgl. An-
lage A 10 zum Schriftsatz der Beschwerdeführervertreter vom 6. Juli 2009,
Bl. 81 GA). Die Antragstellerin nahm mit Schreiben vom 24. Juni 2009 die Kündi-

gung des Markeninhabers an und stellte ihn zugleich von seiner Tätigkeit frei (vgl.
Anlage A 11 zum o. g. Schriftsatz, Bl. 82 GA).

Mit Schreiben vom 27. Mai 2009 übersandte der Markeninhaber den o. g. Bu-
sinessplan vom 20. Mai 2009 der E… GmbH, der Muttergesellschaft der
Antragstellerin, unter Hinweis darauf, dass er sich auch nach der Zeit bei der
Kaupmann GmbH um eine angemessene Erwerbsquelle bemühen müsse und
den Businessplan nun bei der Bürgschaftsbank vorstellen werde (vgl. Anlage zum
Schriftsatz der Beschwerdegegnervertreter vom 14. August 2009, Bl. 124 GA).

Die   E…   GmbH,   deren   Geschäftsführer       auch    der    Geschäftsführer     der
Antragstellerin ist, hatte ihrerseits am 4. November 2008 die Wort-/Bildmarke
30 2008 069 659 ,,Kaupmann“ für identische Waren und Dienstleistungen der
Klassen 30 und 35 angemeldet, die am 12. Dezember 2008 in das Markenregister
eingetragen wurde. Als der Markeninhaber Christoph Kaupmann hiervon ca. Ende
Juni 2009 über Dritte Kenntnis erlangte, mahnte er die Antragstellerin mit Schrei-
ben seiner anwaltlichen Vertreter vom 25. Juni 2009 unter Berufung auf seine
streitgegenständliche Marke 307 21 364 ab und forderte sie unter gleichzeitiger
Kündigung der Lizenzvereinbarung zur Unterlassung der weiteren Benutzung der
Bezeichnung ,,Kaupmann“ auf (vgl. Anlage A 12 zum Schriftsatz der Beschwerde-
führervertreter   vom   6. Juli 2009,     Bl. 83 – 85   GA).      Die     Wort-/Bildmarke
30 2008 069 659 ,,Kaupmann“ wurde am 4. August 2009 antragsgemäß von der
E… GmbH auf die Antragstellerin übertragen.

Mit   Gesellschaftsvertrag    vom       27. Juli 2009     wurde     die     ,,Feinbäckerei
Ch. Kaupmann GmbH“ gegründet, deren Geschäftsführer u. a. der Markeninhaber
Christoph Kaupmann ist. Gegenstand des Unternehmens ist die Herstellung und
der Vertrieb von Backwaren aller Art. Die Firma wurde am 21. August 2009 unter
HRB 39698 in das Handelsregister des Amtsgerichts Bielefeld eingetragen. Die
angegriffene Wortmarke ,,Kaupmann“ wird nach dem Vortrag des Markeninhabers
seither von dieser Gesellschaft genutzt.-

Die Antragstellerin vertritt im Beschwerdeverfahren die Auffassung, aus dem oben
dargestellten Verhalten des Markeninhabers ergebe sich, dass dieser bereits zum
Zeitpunkt der – hinter ihrem Rücken erfolgten – Anmeldung der angegriffenen
Marke den Plan verfolgt habe, sich zu einem von ihm selbst zu bestimmenden
Zeitpunkt selbständig zu machen und unter der Bezeichnung ,,Kaupmann“ in Kon-
kurrenz zu ihr – der Antragstellerin – zu treten, um dieser dann unter Verweis auf
seine treuwidrig erlangte Markeneintragung die weitere Benutzung der Bezeich-
nung ,,Kaupmann“ zu untersagen, was sich ja durch sein Schreiben vom
25. Juni 2009 (s. o.) bestätigt habe. Vor dem Hintergrund, dass der Markeninha-
ber Jahre lang in einer vertraglichen Beziehung zu ihr gestanden habe, die ihn
verpflichtet habe, seine Arbeitskraft ausschließlich in ihren Dienst zu stellen,
könne es keinem Zweifel unterliegen, dass er die angegriffene Marke zu Unrecht
erlangt habe. Auch aus dem vertraglich vereinbarten Wettbewerbsverbot ergebe
sich, dass er zum damaligen Zeitpunkt nicht berechtigt gewesen sein könne, die
Marke ,,Kaupmann“ auf sich persönlich anzumelden. Abgesehen davon befinde er
sich nach wie vor im Insolvenzverfahren, so dass überhaupt nicht ersichtlich sei,
in welcher Art und Weise er seine Marke überhaupt für die eingetragenen Waren
und Dienstleistungen nutzen könnte. Die Antragstellerin beruft sich in diesem Zu-
sammenhang nochmals auf die angebliche Erklärung des Markeninhabers in dem
Telefonat mit Rechtsanwalt Dr. K… vom 29. Juni 2007 zu dem Grund für die
gegenständliche Markenanmeldung (s. o.). Die Markenanmeldung sei daher
rechtsmissbräuchlich erfolgt. Hieran vermöge auch die aus ihrer Sicht überflüssige
Regelung in § 10 des Kaufvertrages vom 28. Februar 2005 nichts zu ändern, da
diese sich nur auf den bürgerlichen Namen ,,Kaupmann“ im Sinne des § 12 BGB
beziehe, der ohnehin nicht übertragen werden könne. Die vom Markeninhaber
erworbene geschäftliche Bezeichnung im Sinne des § 5 MarkenG sei, wenn nicht
ohnehin durch Benutzungsaufgabe erloschen, so jedenfalls durch Übernahme und
Fortführung des Unternehmens unter der entsprechenden Bezeichnung auf sie,
die Antragstellerin, übergegangen. Durch Eintragung der Firma Kaupmann GmbH
im Handelsregister und Aufnahme eines Geschäftsbetriebes unter dieser Be-
– 11 –

zeichnung habe sie im Übrigen eigene Namens- und Kennzeichenrechte erwor-
ben.

Die Löschungsantragstellerin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung des Beschlusses des DPMA vom 5. Septem-
ber 2008 die Marke 307 21 364.1 zu löschen.

Der Markeninhaber und Beschwerdegegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Im Beschwerdeverfahren bestreitet er nunmehr, gegenüber dem anwaltlichen
Vertreter der Antragstellerin in dem Telefonat vom 29. Juni 2007 erklärt zu haben,
dass er nicht beabsichtige, die Marke zu nutzen, sondern sich nur für den Fall sei-
ner Kündigung als Geschäftsführer der Antragstellerin habe absichern wollen.
Vielmehr habe er erklärt, dass er nicht vorhabe, der Antragstellerin in Zukunft die
Nutzung der Marken- und Namensrechte zu entziehen bzw. hierfür eine Gebühr
zu verlangen. Er habe stets darauf hingewiesen, dass er die Marke bzw. seine
Namens- und Kennzeichenrechte dadurch nutze, dass die Antragstellerin unter
der Bezeichnung ,,Kaupmann“ ein Bäckereiunternehmen führe, in welchem er Ge-
schäftsführer (gewesen) sei, und dass die Franchisenehmer seines früheren Un-
ternehmens die Marke mit seiner Einwilligung weiterführten. Er habe gegenüber
der Antragstellerin niemals einen Hehl daraus gemacht, dass es sein erklärtes Ziel
für sich und seine Familie sei, die 75-jährige Tradition, unter der Bezeichnung
,,Kaupmann“ einen Familienbäckereibetrieb zu führen, trotz der Insolvenz nach der
Wohlverhaltensphase weiterzuführen.

Die Antragstellerin hat zum Beweis für die von ihr behauptete Erklärung des Mar-
keninhabers in dem fraglichen Telefonat vom 29. Juni 2007 die Einvernahme des
Rechtsanwalts Dr. K… als Zeuge angeboten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf
den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen
sowie der Amts- und Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässig, aber unbegrün-
det.

Die Markenabteilung 3.4 des DPMA hat zu Recht die Löschung der Eintragung der
angegriffenen Marke abgelehnt.

1. a) Für sämtliche absoluten Löschungsgründe nach § 50 Abs 1 MarkenG gilt,
dass eine Löschung nur erfolgen kann, wenn das Vorliegen von Eintragungshin-
dernissen in den maßgeblichen Zeitpunkten zweifelsfrei feststeht. Mithin muss im
Falle der beantragten Löschung wegen Bösgläubigkeit des Anmelders i. S. v. § 8
Abs. 2 Nr. 10 MarkenG diese für den insoweit allein maßgeblichen Zeitpunkt der
Anmeldung mit der gebotenen Sicherheit festgestellt werden können. Ist dies nach
der erforderlichen gründlichen Prüfung sämtlicher eingereichter und ggf. vom Se-
nat ermittelter Unterlagen nicht möglich, z. B. weil der Sachverhalt nicht (mehr)
weiter aufgeklärt werden kann oder hinreichend sichere Rückschlüsse auf die
subjektiven Absichten des Anmelders zum damaligen Zeitpunkt nicht mehr mög-
lich sind, so muss es aufgrund der Feststellungslast des Antragstellers für die Um-
stände einer bösgläubigen Anmeldung (BGH GRUR 1965, 146, 151 – Rippen-
streckmetall II; 2009, 669 Rdnr. 32 – POST II; BPatG GRUR 1997, 833, 835
– digital; BPatG 26 W (pat) 188/09 – TVS Transfer Verbund System shuttle) bei der
Eintragung der angegriffenen Marke sein Bewenden haben, selbst wenn deren
Anmeldung     als   rechtlich    nicht    unbedenklich   erscheint   (vgl.   BPatG
32 W (pat) 13/04 – Queer Beet). So verhält es sich hier. Über die Frage, ob den

Beteiligten des vorliegenden Löschungsverfahrens sonstige zivilrechtliche Ansprü-
che zustehen, ist nicht zu entscheiden.

b)   Gemäß § 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG in der ab 1. Juni 2004
geltenden Fassung wird die Eintragung einer Marke gelöscht, die bösgläubig an-
gemeldet worden ist. Zur Auslegung des Begriffs der Bösgläubigkeit knüpft die
Rechtsprechung an ihre zum außerkennzeichenrechtlichen Löschungsanspruch
nach § 1 UWG und § 826 BGB entwickelten Grundsätze an. Nach höchstrichterli-
cher Rechtsprechung ist eine Markenanmeldung bösgläubig i. S. von § 8 Abs. 2
Nr. 10 MarkenG, wenn der Anmelder das angemeldete Zeichen nicht als Marke,
d. h. als Herkunftshinweis, benutzen, sondern die formale Rechtsstellung als
Inhaber eines Kennzeichenrechts lediglich zum Zwecke der rechtsmissbräuch-
lichen oder sittenwidrigen Behinderung Dritter einsetzen will (BGHZ 167, 278
Rdnr. 41 – FUSSBALL WM 2006; BGH GRUR 2005, 581, 582 – The Colour of
Elégance; MarkenR 2009, 312, 313 – Ivadal).

Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Anmelder bösgläubig ist, sind alle erhebli-
chen Faktoren zu berücksichtigen, die dem zu entscheidenden Fall eigen sind und
zum Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung eines Zeichens vorliegen, insbe-
sondere

–    die Tatsache, dass der Anmelder weiß oder wissen muss, dass ein Dritter ein
gleiches oder verwechselbar ähnliches Zeichen für gleiche oder
–    die Absicht des Anmelders, diesen Dritten an der weiteren Verwendung ei-
nes solchen Zeichens zu hindern, sowie
–    der Grad des rechtlichen Schutzes, den das Zeichen des Dritten und das
angemeldete Zeichen genießen (EuGH GRUR 2009, 763, 765, Rdnr. 38
– Lindt & Sprüngli/Franz Hauswirth).

Wie sich dabei aus der Verwendung des Wortes ,,insbesondere“ ergibt, handelt es
sich bei den vom Europäischen Gerichtshof genannten Faktoren um keine ab-
schließende Aufzählung der Fallumstände, die in die rechtliche Prüfung und Wür-
digung einzubeziehen sind. Ein bösgläubiger Markenerwerb kann nach der stän-
digen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes insbesondere darin liegen, dass

–    der Anmelder in Kenntnis eines im Inland bestehenden schutzwürdigen
Besitzstandes eines Vorbenutzers
–    ohne rechtfertigenden Grund
–    die gleiche oder eine verwechselbar ähnliche Marke
–    für gleiche oder ähnliche Waren und/oder Dienstleistungen
–    mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers
–    oder in der Absicht, für diesen den weiteren Gebrauch der Marke zu sperren,

anmeldet (BGH GRUR 1998, 1034 – Makalu; GRUR 2000, 1032, 1034 – EQUI
2000; GRUR 2008, 621, 623, Rdnr. 21 – AKADEMIKS; a. a. O. – Ivadal; BPatG
Mitt. 2010, 31 ff. – Käse in Blütenform III). Darüber hinaus kann der Erwerb eines
formalen Markenrechts, unabhängig vom Bestehen eines schutzwürdigen inländi-
schen Besitzstandes eines Dritten, aber auch dann bösgläubig i. S. d. § 8 Abs. 2
Nr. 10 MarkenG sein, wenn sich die Anmeldung der Marke unter anderen
Gesichtspunkten als wettbewerbs- oder sittenwidrig darstellt. Das wettbewerblich
Verwerfliche kann insoweit insbesondere darin gesehen werden, dass ein Mar-
kenanmelder die mit der Eintragung der Marke verbundene – an sich unbedenkli-
che ­ Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt
(BGH a. a. O. – Makalu; a. a. O – AKADEMIKS). Dabei ist die maßgebliche Grenze
zur Bösgläubigkeit dann überschritten, wenn das Verhalten des Markenanmelders
bei objektiver Würdigung aller Umstände in erster Linie auf die Beeinträchtigung
der wettbewerblichen Entfaltung eines Mitbewerbers und nicht auf die Förderung
des eigenen Wettbewerbs gerichtet ist (BGH a. a. O. – The Colour of Elégance).
Daher wird die Annahme einer Bösgläubigkeit nicht schon durch die Behauptung
oder den Nachweis eines eigenen Benutzungswillens ausgeschlossen. Vielmehr

ist eine Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich, wobei sich
im Einzelfall bereits die Markenanmeldung als erster Teilakt eines zweckwidrigen
Einsatzes darstellen, sich ein markenrechtlich zweckfremder Einsatz aber auch
erst aus der späteren Ausübung des Monopolrechts ergeben kann (BGH GRUR
2001, 242, 243 f. – Classe E; GRUR 2004, 510 ff. – S 100; BPatG GRUR 2001,
744, 746 f. – S 100).

2.   Bei Anwendung sämtlicher vorgenannter Grundsätze kann die Anmeldung
der Wortmarke 307 21 364 durch den Markeninhaber nicht mit hinreichender Si-
cherheit als bösgläubig i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG eingestuft werden.

a)   Es kann nicht festgestellt werden, dass der Markeninhaber einen
schutzwürdigen Besitzstand der Antragstellerin ohne sachlichen Grund mit Stö-
rungs- oder Behinderungsabsicht verletzt hat.

aa) Es fehlt schon an einem Eingriff in einen im Inland bestehenden schützwürdi-
gen Besitzstand der Antragstellerin. Der Besitzstand muss durch eine hinrei-
chende Marktpräsenz und daraus folgende Bekanntheit der Kennzeichnung im
Inland belegt sein (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, § 8 Rdnr. 308
m. w. N.). Dabei vermag ein räumlich beschränktes inländisches älteres Recht die
Löschung einer jüngeren Marke, die Schutz in der ganzen BRD genießt, nicht zu
rechtfertigen (BGH GRUR 2004, 790 Rdnr. 51 ff. – Gegenabmahnung; Strö-
bele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdnr. 552). So liegt der Fall hier.

Unstreitig benutzte die Antragstellerin die – bereits vom Markeninhaber und seinen
Vorfahren über Jahrzehnte im Bäckereibereich verwendete – Bezeichnung ,,Kaup-
mann“ seit der Übernahme wesentlicher Betriebsteile des früheren Unternehmens
des Markeninhabers im Februar 2005 weiter, und zwar für den Betrieb einer
Großbäckerei in Bielefeld. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob vom Markeninha-
ber erworbene Kennzeichenrechte damals auf die Antragstellerin übertragen oder
an diese lizenziert wurden. Denn die Antragstellerin, die seit ihrer Gründung im
Februar 2005 selbst unter ,,Kaupmann GmbH“ firmiert (vgl. Auszug aus dem Han-
delsregister B   des   Amtsgerichts   Bielefeld    HRB 38384    vom    26. Mai 2011,
Bl. 137 GA) und diese Bezeichnung unstreitig seither im geschäftlichen Verkehr
(auch) namensmäßig benutzt (vgl. z. B. Franchisevertrag zwischen der Firma
Kaupmann      GmbH     und    Frau    G…-S1…   vom    28. Januar 2008,    Anlage
A 10 zum Schriftsatz der Beschwerdeführervertreter vom 30. Dezember 2008, Bl.
47 – 50 GA), hat insoweit ein eigenes Kennzeichenrecht i. S. v. § 5 Abs. 2 Satz 1
MarkenG erworben.

Der für dieses Unternehmenskennzeichen bestehende
Schutz erstreckt sich jedoch lediglich auf die Stadt Bielefeld und allenfalls noch auf
deren Umland, nicht aber auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (BGH
GRUR 2005, 262, 263 – soco.de). Denn Anhaltspunkte für ein überörtliches Wir-
kungsgebiet des Unternehmens der Antragstellerin zum Zeitpunkt der Anmeldung
der angegriffenen Marke im März 2007 liegen nicht vor. Ein überörtlicher Schutz
(für das gesamte Bundesgebiet) ist nur dann zuzubilligen, wenn das Unternehmen
zum maßgeblichen Zeitpunkt darauf angelegt ist, beispielsweise nach Art eines
Filialbetriebs weitere Betriebsstätten an verschiedenen, verstreut liegenden Plät-
zen zu betreiben und den Umständen nach mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit
zu erwarten ist, dass das Unternehmen diese Absicht verwirklichen kann und wird
(BGH GRUR 1993, 923, 924 – Pic Nic; 1985, 72 – Consilia). Die Annahme einer
erkennbaren Ausdehnungstendenz erfordert dabei regelmäßig, dass das Unter-
nehmen bereits mehrere Geschäftsbetriebe eröffnet hat (BGH a. a. O. – Pic Nic).
Die bloße Absicht der Geschäftsausweitung reicht insoweit also nicht aus. Aus
dem Vorbringen der Parteien und den vorgelegten Unterlagen ergibt sich lediglich
ein regionaler Einsatz der fraglichen geschäftlichen Bezeichnung im Raum Biele-
feld. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte für eine erkennbare Ausdehnungsten-
denz des Geschäftsbetriebs der Antragstellerin zum Anmeldezeitpunkt ersichtlich.
Die Antragstellerin geht im Übrigen selbst davon aus, dass die von ihr erworbene
geschäftliche Bezeichnung zum damaligen Zeitpunkt nur regional wirkte (vgl.
Schriftsatz der Beschwerdeführervertreter vom 17. Oktober 2008, Bl. 25 – 30 GA,
Seite 4 unten). Aus ihrem weiteren Vorbringen, dass sie befürchte, der Markenin-
haber wolle die angegriffene Marke ,,als Druckmittel gegen die Antragstellerin ein-

setzen …, zum Beispiel um eine Expansion des Geschäftsbetriebes der Antrag-
stellerin in Regionen, in denen sie bislang noch keine Kennzeichenrechte erwor-
ben hat, zu verhindern“ (vgl. Seite 4 unten des o. g. Schriftsatzes), lässt sich eine
erkennbare Ausdehnungstendenz im obigen Sinne nicht herleiten.

Die Antragstellerin kann daher unter dem Gesichtspunkt der Störung eines
schutzwürdigen Besitzstandes aufgrund ihres nur räumlich beschränkten Rechts
nicht die Löschung der Marke des Markeninhabers beanspruchen, die Schutz im
gesamten Inland genießt.

bb) Aber    selbst   wenn     ein   schutzwürdiger   inländischer   Besitzstand   der
Antragstellerin bestanden hätte, kann nicht mit hinreichender Sicherheit festge-
stellt werden, dass der Markeninhaber ungerechtfertigt mit Störungs- oder Behin-
derungsabsicht in diesen eingegriffen hätte.

Die Anmeldung einer Marke ohne sachlichen Grund liegt vor, wenn der Marken-
anmelder kein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Eintragung der fraglichen
Marke hat. Ein solches Interesse besteht jedoch, wenn der Anmelder die Kenn-
zeichnung in beachtlichem Umfang selbst benutzt hat und deren markenrechtliche
Absicherung gegenüber Dritten für erforderlich hält (BGH a. a. O. 582 – The Colour
of Elégance; Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 8 Rdnr. 667; Ströbele, a. a. O., § 8
Rdnr. 556). Das gilt vor allem, wenn der Vorbenutzer eine entsprechende ,,Mar-
kenpflege“ unterlassen hat.

Nach der Regelung in § 10 des Kaufvertrages zwischen den Parteien vom
28. Februar 2005 sollte das Recht zur Führung des Namens ,,Bäckerei Kaupmann“
mangels schriftlicher Zustimmung des Markeninhabers ausdrücklich nicht auf die
Antragstellerin übergehen. Da eine Marke mit dieser Bezeichnung zum damaligen
Zeitpunkt nicht eingetragen war, bezog sich diese Regelung ihrem Wortlaut und
Zweck nach offenbar auf das vom Markeninhaber erworbene Namensrecht nach
§ 12 BGB, welches auch die Firma nach § 17 HGB umfasst, oder sein – im ge-
schäftlichen Verkehr vorrangiges – Kennzeichenrecht an einer geschäftlichen Be-
zeichnung i. S. d. § 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG (Unternehmenskennzeichen). Zwi-
schen den jeweiligen Schutzrechten (Name, Unternehmenskennzeichen, Marke)
ist dabei streng zu unterscheiden, da sie ggf. einen unterschiedlichen Zeitrang
genießen und auch im Übrigen ausschließlich den für das jeweilige Schutzrecht
geltenden Regeln folgen.

Auf die Frage, ob und in welchem Umfang Namens- bzw. Kennzeichenrechte für
den Markeninhaber entstanden bzw. wieder erloschen sind, kommt es hier für die
Beurteilung der Bösgläubigkeit i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG jedoch nicht an.
Denn für den Senat hat es nach Würdigung der Gesamtumstände den Anschein,
dass der Markeninhaber die Rechtslage in mehr als einer Hinsicht im Anmelde-
zeitpunkt unrichtig bewertet hat. Jedenfalls ist nicht auszuschließen, dass er bei
Markenanmeldung aufgrund der o. g. – rechtlich nicht ganz eindeutigen – Regelung
in § 10 des Kaufvertrages in dem guten Glauben war, ihm stehe auch nach der
Veräußerung wesentlicher Betriebsteile seines früheren Unternehmens und Fort-
führung der Geschäfte durch die Antragstellerin das Recht an der Bezeichnung
,,Bäckerei Kaupmann“ bzw. ihrem wesentlichen unterscheidungskräftigen Be-
standteil ,,Kaupmann“ zu, weshalb er zur Markenanmeldung im eigenen Namen
befugt sei. Der Markeninhaber ist anscheinend überfordert gewesen, die verschie-
denen rechtlichen Ebenen (Name/Firma, Unternehmenskennzeichen, Marke) aus-
einander zu halten und unterlag zum Anmeldezeitpunkt einem Rechtsirrtum.

Auch der Umstand, dass die Anmeldung der angegriffenen Marke durch den Mar-
keninhaber zu einem Zeitpunkt erfolgte, als dieser noch als Geschäftsführer bei
der Antragstellerin angestellt war und einem vertraglichen Wettbewerbsverbot
unterlag, rechtfertigt nicht die Annahme eines bösgläubigen Verhaltens. Zwar ver-
stieß der Markeninhaber dadurch, dass er die Marke (nur) für sich persönlich und
ohne vorherige Absprache mit den beiden weiteren Geschäftsführern bzw. den
Gesellschaftern der Antragstellerin angemeldet hat, objektiv gegen die Interessen
seiner Arbeitgeberin, die die Bezeichnung ,,Kaupmann“ mit seinem Wissen seit

Februar 2005 im Bäckereibereich nutzte. Da der Kaufvertrag vom 28. Febru-
ar 2005 mit der o. g. Regelung zum Namensrecht jedoch zeitgleich und im
Zusammenhang mit seinem Anstellungsvertrag als Geschäftsführer der An-
tragstellerin geschlossen wurde, erscheint die Anmeldung auch vor dem Hinter-
grund der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen des Markeninhabers zumindest
nicht als rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig.

Dass es dem Markeninhaber zum Anmeldezeitpunkt in subjektiver Hinsicht aus-
schließlich oder vorwiegend um die rechtsmissbräuchliche Behinderung oder Stö-
rung der Antragstellerin ging, steht daher nicht eindeutig fest.

cc)   Sein späteres Verhalten erlaubt ebenfalls keine sicheren Rückschlüsse auf
eine Behinderungsabsicht bei Anmeldung der Marke. Dabei kann der nunmehr
bestrittene Vortrag der Antragstellerin, der Markeninhaber habe in dem Telefonat
mit dem anwaltlichen Vertreter der Antragstellerin am 29. Juni 2007 zu der Frage
nach dem Grund für die Markenanmeldung angegeben, sich für den Fall der Kün-
digung (seines Anstellungsvertrages) ,,absichern“ zu wollen, als richtig unterstellt
werden. Denn aus dieser Äußerung lassen sich vor dem oben dargestellten Hin-
tergrund keine unlauteren Beweggründe des Markeninhabers herleiten, da er
– jedenfalls nicht widerlegbar – davon ausging, dass sein fortbestehendes Na-
mensrecht an der Bezeichnung ,,Kaupmann“ ihn auch zur Markenanmeldung be-
rechtige. Dieser Rechtsirrtum schließt eine Bösgläubigkeit aus. Denn nach Ansicht
des Senats erfordert die Bösgläubigkeit auf der Tatbestandsseite das Wissen und
Wollen der sittenwidrigen Behinderung oder Störung eines Dritten, was einem vor-
sätzlichen Handeln entspricht.

Eine Beweisaufnahme zu dem Inhalt des Telefonats vom 29. Juni 2007 ist daher
nicht veranlasst. Gegen eine Bösgläubigkeit des Markeninhabers spricht außer-
dem, dass er der Antragstellerin mit Schreiben seiner anwaltlichen Vertreter vom
22. August 2007 die Erteilung einer kostenlosen Lizenz an den Markenrechten
angeboten hat.

dd) Die Tatsache, dass der Markeninhaber im Zeitpunkt der Anmeldung – und
auch in den folgenden Jahren – über keinen Geschäftsbetrieb verfügte und sich im
Insolvenzverfahren befand, lässt ebenfalls nicht den Schluss auf eine Bösgläubig-
keit zu. Denn die Anmeldung der Marke lässt einen generellen Benutzungswillen
des Markeninhabers grundsätzlich vermuten. Diese wird auch nicht durch das
Verhalten des Markeninhabers widerlegt. Zwar ließ er u. a. in dem Schreiben sei-
ner anwaltlichen Vertreter vom 22. August 2007 (Anlage A 7 zum Schriftsatz der
Beschwerdeführervertreter vom 30. Oktober 2007, Bl. 36 – 38 VA) mitteilen, dass
er weder die Genehmigung für die Aufnahme einer neuen gewerblichen Tätigkeit
beim Insolvenzverwalter beantragt habe, noch dass er dies beabsichtige. Der ge-
nerelle Benutzungswille muss sich aber nicht auf eine Verwendung der Marke
durch den Markeninhaber selbst beziehen; vielmehr reicht auch die Absicht aus,
die Marke einer Benutzung durch Dritte zuzuführen (BGH GRUR 2001, 242, 244
– Classe E). Eine solche Absicht des Markeninhabers zum Zeitpunkt der Marken-
anmeldung lässt sich zumindest nicht widerlegen. Ihm ging es offenbar – wie die
Regelung in § 10 des Kaufvertrags zeigt – um die Erhaltung des Namens ,,Kaup-
mann“ im Bäckereigeschäft, was für eine beabsichtigte Benutzung der Marke, sei
es auch durch Dritte, spricht. Hierfür spricht ferner der Umstand, dass er der An-
tragstellerin in dem o. g. Schreiben die Erteilung einer kostenlosen Lizenz an der
gegenständlichen Marke angeboten hat.

Abgesehen davon würde das Fehlen eines generellen Benutzungswillens für sich
gesehen noch nicht zwangsläufig den Tatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG
erfüllen. Vielmehr müssen die konkreten Unlauterkeitsmerkmale, insbesondere die
Behinderungsabsicht des Anmelders, hinzutreten, die bei einem fehlenden Benut-
zungswillen die Anmeldung als bösgläubig erscheinen lassen (Ströbele a. a. O.,
§ 8 Rdnr. 543). Eine Behinderungsabsicht lässt sich jedoch aus o. g. Gründen ge-
rade nicht feststellen.

ee) Soweit sich die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren nunmehr darauf be-
ruft, dass die zwischenzeitlich erfolgte Kündigung des Markeninhabers vom

30. April 2009 und der von ihm in Auftrag gegebene Businessplan vom
20. Mai 2009 belegen würden, dass er von Anfang an geplant habe, sich zu einem
späteren Zeitpunkt selbständig zu machen und unter der Marke ,,Kaupmann“ in
Konkurrenz zur Antragstellerin zu treten, um dieser dann – wie mit Schreiben vom
25. Juni 2009 erfolgt – unter Verweis auf seine angegriffene Marke die weitere Be-
nutzung der Bezeichnung ,,Kaupmann“ zu untersagen, vermag dies ebenfalls die
Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Markeninhabers zum An-
meldezeitpunkt nicht zu rechtfertigen. Denn seine Kündigung des Anstellungsver-
trags bei der Antragstellerin und die Beauftragung eines Businessplans für die
Gründung eines eigenen Unternehmens sind vor dem Hintergrund der nach länge-
ren Verhandlungen getroffenen vertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien
vom 19. Januar 2009 betreffend die Übernahme der Kapitalanteile der Antragstel-
lerin durch den Markeninhaber, dem späteren Scheitern dieser geplanten Über-
nahme sowie der weiteren unstreitigen Umstände, die in der Folgezeit immer wie-
der zu Auseinandersetzungen zwischen den Parteien führten und die die Beweg-
gründe des Markeninhabers für seine zweite Kündigung vom 30. April 2009 waren
(,,überzogene Rohstoffpreise, eine fehlende Buchhaltung seit Februar und Ge-
heimtreffen hinter meinem Rücken“), zu sehen. Diese ,,überholenden“ Ereignisse
im ersten Halbjahr 2009 waren zum Zeitpunkt der Markenanmeldung im
März 2007 noch gar nicht absehbar, so dass das o. g. Verhalten des Markeninha-
bers – wie auch die behauptete Benutzung der angegriffenen Marke durch die
Feinbäckerei Ch. Kaupmann GmbH seit Mitte 2009 – wiederum keine sicheren
Rückschlüsse auf seine Beweggründe bei Markenanmeldung zulassen. Abgese-
hen davon unterlag er, wie oben ausgeführt, zum maßgeblichen Zeitpunkt einem
die Bösgläubigkeit ausschließenden Rechtsirrtum.

ff)   Die mit Schreiben der anwaltlichen Vertreter des Markeninhabers vom
25. Juni 2009 (Anlage A 12 zum Schriftsatz der Beschwerdeführervertreter vom
6. Juli 2009, Bl. 83 – 85 GA) erfolgte Abmahnung der Antragstellerin unter Verweis
auf die gegenständliche Markeneintragung unter gleichzeitiger Kündigung des Li-
zenzvertrages hat für den Senat in diesem Zusammenhang ebenfalls keinen Be-

weiswert. Denn sie ist bei objektiver Würdigung als Reaktion auf die am
12. Dezember 2008 erfolgte Eintragung der am 4. November 2008 von der
E… GmbH angemeldeten Wort-Bildmarke 30 2008 069 659 ,,Kaup-mann“, von der
der Markeninhaber über Dritte Ende Juni 2009 erfahren hatte, zu sehen. Sie lässt
daher ebenfalls keine sicheren Rückschlüsse auf die Absichten und Beweggründe
des Markeninhabers bei Markenanmeldung zu.

3.   Eine Kostenauferlegung zu Lasten der Antragstellerin gemäß § 71 Abs. 1
MarkenG ist nicht veranlasst. Zwar entspricht es regelmäßig der Billigkeit, im Falle
einer rechtsmissbräuchlichen Markenanmeldung dem Markeninhaber und Gegner
des Löschungsverfahrens die Verfahrenskosten aufzuerlegen. Bleibt dagegen ein
Löschungsantrag – wie hier – ohne Erfolg, besagt das für sich gesehen nichts für
eine rechtlich zu missbilligende Antragstellung. Diese Beurteilung muss gerade in
einem Fall wie dem vorliegenden gelten, in welchem sich die Markenanmeldung
als objektiv rechtlich fragwürdig darstellt.

4.   Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, da der Senat über eine Rechtsfrage
von grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entschieden
hat. Die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen ein
– jedenfalls nicht widerlegbarer – Rechtsirrtum des Anmelders zum Zeitpunkt der
Markenanmeldung die Bösgläubigkeit i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG aus-
schließt, insbesondere inwieweit in diesen Fällen ein vorsätzliches Handeln erfor-
derlich ist, kann noch nicht als abschließend höchstrichterlich geklärt angesehen
werden.

Grabrucker                              Kortge                                Dorn

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