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Gegen die Marke „Fiesta Mexicana“ wurde durch den Inhaber einer gleichnamigen Marke Widerspruch eingelegt.  Frühere Inhaberin der Widerspruchsmarke war eine VEB der ehemaligen  DDR. Der  Markeninhaber erhob Nichtbenutzungseinwand. Dem Inhaber der Widerspruchsmarke gelang es, die Nutzung, trotz geringer Umsatzzahlen, glaubhaft zu machen. Das BPatG stellte u.a. auf die Umstrukturierungsprobleme im Rahmen der Wiedervereinigung ab.

Denn maßgeblich sind nicht nur Absatzmengen und Umsatzzahlen, sondern die Gesamtumstände des Einzelfalls , wozu auch die Art der mit der Marke versehenen Ware, die Art und Größe des Unternehmens der Markenverwenderin sowie der Umfang ihres Sortiments und die Stellung und Bedeutung des unter der Widerspruchsmarke vertriebenen Produkts innerhalb dieses Gesamtsortiments
zählen. Die Nichtnutzung der Marke in den Jahren 2001 bis 2004 war daher unschädlich.

 

 

UNDESPATENTGERICHT

26 W (pat) 175/09
_______________________

(Aktenzeichen)

BESCHLUSS

In der Beschwerdesache

BPatG 152
08.05

betreffend die Marke 300 93 947

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung       vom     30. März 2011       durch   den   Vorsitzenden   Richter
Dr. Fuchs-Wissemann sowie den Richter Reker und die Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

Gegen die Eintragung der Marke 300 93 947

Fiesta Mexicana

für die Waren der Klasse 33

,,Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere), insbesondere
Weine, Schaumweine, Liköre, Spirituosen“

ist Widerspruch erhoben worden aus der für die Waren der Klasse 33

,,Spirituosen, Wein und Sekt“

seit dem 16. August 1993 eingetragenen Marke 2 042 444

Fiesta Mexikana.

Nachdem die Markeninhaberin am 26. September 2001 die Einrede der Nichtbe-
nutzung der Widerspruchsmarke erhoben hat, hat die Markenstelle für Klasse 33
des Deutschen Patent- und Markenamts den Widerspruch zunächst mit Beschluss
vom 13. Januar 2005 zurückgewiesen, weil die Widersprechende die rechtserhal-
tende Benutzung der Widerspruchsmarke nicht ausreichend glaubhaft gemacht
habe. Auf die Erinnerung der Widersprechenden hat sie diesen Beschluss mit
weiterem Beschluss vom 31. August 2009 aufgehoben und wegen des Wider-
spruchs die Löschung der angegriffenen Marke beschlossen.

Zur Begründung hat die Markenstelle im Erinnerungsbeschluss ausgeführt, die
Widersprechende habe entgegen den Feststellungen im Erstbeschluss eine ernst-
hafte Benutzung der Widerspruchsmarke in den gemäß § 43 Abs. 1 S. 1 und 2
MarkenG maßgeblichen Zeiträumen nach Art, Umfang und Dauer hinreichend
glaubhaft gemacht. Die vorgetragenen Umsatzzahlen bzw. die Anzahl der ver-
kauften Flaschen seien zwar in beiden Zeiträumen äußerst gering gewesen. Sie
gäben jedoch bei der gebotenen Betrachtung der Gesamtumstände noch keinen
Anlass für die Annahme einer bloßen Scheinbenutzung. Aus relativ geringen Um-
satzzahlen könne nicht generell geschlossen werden, dass keine wirtschaftlich
sinnvolle Verwendung der Marke vorgelegen habe. Vielmehr seien stets sämtliche
Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Bei einer Zusammenschau aller im
Verfahren eingereichten Unterlagen ergebe sich eine überwiegende Wahrschein-
lichkeit einer ausreichenden, rechtserhaltenden Benutzung. Die von der Wider-
sprechenden vorgelegten Unterlagen ließen erkennen, dass die Widerspruchs-
marke zunächst allein für Fruchtsaftliköre verwendet worden sei. Bei dem Markt
für Fruchtsaftliköre handele es sich um einen vergleichsweise kleinen Markt. Zu-
dem stellten Liköre für die Widersprechende eher eine Ergänzung ihrer großen
Produktpalette dar. Zudem hätten Liköre jedenfalls in dem gemäß § 43 Abs. 1 S. 1
MarkenG    maßgeblichen    Benutzungszeitraum    vom   10. Mai 1996   bis   zum
10. Mai 2001 nicht im Trend gelegen. Zu Gunsten der Widersprechenden zu be-
rücksichtigen sei ferner, dass die ursprüngliche Inhaberin der Widerspruchsmarke
das Unternehmen, das bis zur Wende 1990 zum VEB Kombinat Spirituosen, Wein
und Sekt Berlin gehört habe, nach der Privatisierung erst noch habe sanieren und
rationalisieren und einen arbeitsfähigen Betrieb habe aufbauen müssen. § 26
MarkenG verlange auch keine ununterbrochene Benutzung während des gesam-
ten Glaubhaftmachungszeitraums. Dass die Widersprechende die Widerspruchs-
marke zwischen 2001 und 2004 nicht benutzt habe, stehe der Anerkennung einer
rechtserhaltenden Benutzung deshalb nicht entgegen. Die Widersprechende habe
durch die im Erinnerungsverfahren eingereichten Unterlagen auch glaubhaft ge-
macht, dass sie die Widerspruchsmarke in dem gemäß § 43 Abs. 1 S. 2 MarkenG
von fünf Jahren vor der Entscheidung über die Erinnerung nunmehr für Tequila in
der eingetragenen Form und in ausreichendem Umfang benutzt habe. Auch inso-
weit bestehe kein Anlass, von einer bloßen Scheinbenutzung auszugehen. Da die
Widersprechende ihre Marke somit für die im Warenverzeichnis der Wider-
spruchsmarke aufgeführte Ware ,,Spirituosen“ rechtserhaltend benutzt habe, sei
wegen der Identität der Waren, der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der
Widerspruchsmarke sowie der klanglichen Identität der beiderseitigen eine Ver-
wechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG gegeben.

Dagegen wendet sich die Markeninhaberin mit der Beschwerde, die sie trotz ent-
sprechender Ankündigung in der am 22. September 2009 eingegangenen Be-
schwerdeschrift nicht begründet hat.

Sie beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 31. August 2009 aufzuheben und
die Erinnerung der Widersprechenden zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Auch sie hat sich im Beschwerdeverfahren zur Sache nicht geäußert.

II

Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin ist unbegründet.

Die Markenstelle hat in dem mit der Beschwerde angegriffenen Beschluss vom
31. August 2011 zutreffend festgestellt, dass die Widerspruchsmarke in den ge-
mäß § 43 Abs. 1 S. 1 und S. 2 MarkenG maßgeblichen Zeiträumen i. S. d. § 26
MarkenG rechtserhaltend benutzt worden ist und dass zwischen den beiderseiti-
gen Marken die Gefahr von Verwechslungen i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG be-
steht.

Da die Markeninhaberin ihre Beschwerde nicht begründet hat, ist für den Senat
nicht erkennbar, inwieweit sie die Feststellungen der Markenstelle zur Benutzung
der Widerspruchsmarke und zur Verwechslungsgefahr zwischen den Marken für
unzutreffend erachtet. Ein weiteres Zuwarten auf den Eingang der seit mehr als
18 Monaten angekündigten Beschwerdebegründung war nicht geboten. Der Senat
war auch nicht gehalten, die angekündigte, aber nicht eingereichte Beschwerde-
begründung anzumahnen bzw. an diese zu erinnern (BPatGE 23, 171) oder der
Markeninhaberin eine Äußerungsfrist zu setzen bzw. einen beabsichtigten Termin
für die Beschlussfassung mitzuteilen (BGH GRUR 1997, 223, 224 – Ceco). Viel-
mehr war nach Lage der Akten zu entscheiden.

Die erneute Prüfung der Sache hat ergeben, dass die Markenstelle in dem mit der
Beschwerde angegriffenen Beschluss zutreffend davon ausgegangen ist, dass die
Widersprechende die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für
beide seinerzeit gemäß § 43 Abs. 1 S. 1 und S. 2 MarkenG maßgeblichen Zeit-
räume glaubhaft gemacht hat und nicht von einer bloßen Scheinbenutzung seitens
der Widersprechenden ausgegangen werden kann. Zutreffend hat die Marken-
stelle insbesondere nicht nur auf die glaubhaft gemachten Absatzmengen und
Umsatzzahlen, sondern – wie nach st. Rspr. (vgl. EuGH GRUR 2003, 425, Nr. 38
– Ansul; GRUR 2008, 343, Nr. 72 – Il Ponte Finanziaria) insoweit geboten – auf die
Gesamtumstände des Einzelfalls abgestellt, wozu auch die Art der mit der Marke
versehenen Ware, die Art und Größe des Unternehmens der Markenverwenderin
sowie der Umfang ihres Sortiments und die Stellung und Bedeutung des unter der
Widerspruchsmarke vertriebenen Produkts innerhalb dieses Gesamtsortiments
zählen. Unter Berücksichtigung dieser Gesamtumstände ist es für eine ernsthafte
Benutzung i. S. d. § 26 Abs. 1 MarkenG erforderlich, aber auch ausreichend, dass
die Marke im maßgeblichen Zeitraum in üblicher und wirtschaftlich sinnvoller
Weise für die Waren und/oder Dienstleistungen benutzt wurde, für die sie einge-
tragen worden ist (BGH GRUR 2009, 772 – Augsburger Puppenkiste; GRUR 2010,
270 – ATOZ III), wobei eine Gewinnerzielungsabsicht gerade bezüglich der mit der
Marke gekennzeichneten Waren nicht erforderlich ist (EuGH GRUR 2009, 156,
Nr. 16 – Verein Radetzky-Orden). Hiervon ausgehend ist der nach den von der
Widersprechenden vorgelegten Unterlagen zahlenmäßig zwar nur sehr geringe,
sich jedoch zumindest über den Zeitraum von September 1996 bis in das
Jahr 2001 erstreckende, wiederkehrende Verkauf eines Fruchtsaftlikörs in einem
eng begrenzten regionalen Raum als eine ernsthafte Benutzung der Wider-
spruchsmarke gemäß § 43 Abs. 1 S. 1 MarkenG anzuerkennen.

Auch eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke im Zeitraum von
fünf Jahren vor der Entscheidung über den Widerspruch i. S. d. § 43 Abs. 1 S. 2
MarkenG hat die Widersprechende glaubhaft gemacht. Als ,,Entscheidung über
den Widerspruch“ im Sinne der vorgenannten Bestimmung ist die das jeweilige
Verfahren abschließende Entscheidung, also im vorliegenden Fall nunmehr der
Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde der Markeninhaberin zu verste-
hen (BGH GRUR 2000, 510 – Contura). Auch für den somit maßgeblichen Be-
nutzungszeitraum vom 30. März 2006 bis zum 29. Juni 2011 hat die Widerspre-
chende bereits im Erinnerungsverfahren mit der dort vorgelegten eidesstattlichen
Versicherung ihres Geschäftsführers vom 3. November 2006 glaubhaft gemacht,
-7-

dass die Widerspruchsmarke von einer zur Widersprechenden gehörenden Kon-
zerngesellschaft seit dem Jahre 2005 nunmehr für einen Tequila benutzt worden
ist und dass in den ersten drei Quartalen des Jahres 2006 von dem unter der Wi-
derspruchsmarke vertriebenen Tequila 4224 Flaschen abgesetzt worden sind.
Diese eidesstattlich versicherte Angabe lässt in Verbindung mit den weiteren zur
Glaubhaftmachung der Benutzung vorgelegten Unterlagen erkennen, dass die erst
im Jahre 2005 wieder aufgenommene Benutzung der Widerspruchsmarke auch im
hier maßgeblichen Zeitraum des § 43 Abs. 1 S. 2 MarkenG über eine bloße
Scheinbenutzung hinausgeht.

Da sowohl Fruchtsaftlikör als auch Tequila Spirituosen sind, stellt die Benutzung
der Widerspruchsmarke für diese Waren eine Benutzung für die im Warenver-
zeichnis der Marke aufgeführte Ware ,,Spirituosen“ dar. Hiervon ausgehend be-
steht auch die Gefahr der Verwechslungen der Marken i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2
MarkenG.

Zwischen dem Warenoberbegriff ,,Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)“,
für die die angegriffene Marke eingetragen ist, und der unter der Widerspruchs-
marke benutzten Ware ,,Spirituosen“ besteht markenrechtlich Warenidentität, weil
der Warenoberbegriff ,,Alkoholische Getränke“ auch Spirituosen umfasst. Die bei-
derseitigen Marken sind in höchstem Grade ähnlich, da sie sich nur in der
Schreibweise des Wortes ,,Mexicana“ bzw. ,,Mexikana“ unterscheiden, was insbe-
sondere in klanglicher Hinsicht für den Verkehr nicht erkennbar wird, weil auch
das ,,c“ in ,,Mexicana“ wie ein ,,k“ ausgesprochen wird. Bei dieser Sachlage ist es
unerheblich, ob der Widerspruchsmarke von Haus aus – wie von der Markenstelle
angenommen – eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft oder wegen ihrer
möglichen Eignung als Bestimmungsangabe eine nur unterdurchschnittliche
Kennzeichnungskraft zukommt; denn angesichts der bestehenden Warenidentität
und der klanglichen Identität bzw. schriftbildlich äußerst hochgradigen Ähnlichkeit
ist eine Verwechslungsgefahr der Marken auch bei nur unterdurchschnittlicher
Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke gegeben.
erin musste daher erfolglos bleiben.

Für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens auf eine der Verfah-
rensbeteiligten (§ 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG) geben sowohl die Sach- und Rechts-
lage als auch das Verhalten der Beteiligten keine Veranlassung.

Dr. Fuchs-Wissemann               Dr. Schnurr                         Reker