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Marken dürfen nicht beschreibend sein, weiterhin muss der Markt in der Marke einen  Herkunftshinweis sehen. Manchmal liegt dies auf der Hand, wie im vorliegenden Fall. Flagranzen riechen „frisch“, „herb“,  aber auch „sommerlich“. Der Kunde, der kein bestimmtes Produkt im Sinne hat, wird diese Begriffe beim Kauf verwenden, um den Wunsch nach einem Bestimmten Duft/Aroma (Flavour“ zu beschreiben. Zudem ist die Bezeichnung daher auch beschreibend.

BUNDESPATENTGERICHT

 

 

24 W (pat) 532/11 An Verkündungs Statt

_______________ zugestellt am

19. April 2013

(Aktenzeichen)

 


 

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 019 198.0

 

 

hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die

mündliche Verhandlung vom 5. Februar 2013 unter Mitwirkung der Vorsitzenden

Richterin Werner sowie der Richterin Dr. Schnurr und des Richters Heimen

beschlossen:

 

 

 

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

 

 

 

Gründe

 

 

 

 

Die Wortmarke 30 2011 019 198.0

 

 

 

SUMMER FLAVOUR

 

ist für die Waren

 

,,Klasse 3: Parfümeriewaren; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege“

 

zum Register angemeldet worden. Mit Beschluss vom 27. Mai 2011 hat die Mar-

kenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent­ und Markenamts die Anmeldung

nach Beanstandung durch einen Beamten des gehobenen Dienstes zurückgewie-

sen. Ihre Entscheidung hat die Markenstelle damit begründet, dass dem Wortzei-

chen, einer Kombination des englischen Wortes für ,,Sommer“ und der im Waren-

segment von Parfüms verkehrsüblichen, ebenfalls englischen Bezeichnung für

eine Duftrichtung, jegliche Unterscheidungskraft fehle, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Mar-

kenG. Die angesprochenen Verkehrskreise fassten ,,SUMMER FLAVOUR“ als

eine Bezeichnung für einen Sommerduft, also für eine Duftrichtung auf, die zur

Verwendung im Sommer konzipiert und durch die Vorstellung von frischen, leich-

ten, süßlichen und floralen Düften geprägt werde. Zur Akte gereicht und der An-

melderin zugeleitet hat die Markenstelle sowohl Belege für die Verwendung der

Bezeichnung ,,Sommerduft“ für Duftvariationen und Waren der Klasse 3, als auch

einen lexikalischen Nachweis für die Bedeutung des englischen Wortes ,,flavour“

i. S. v. ,,Geruch, Aroma“.

 

 

 

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Un-

ter Bezugnahme auf die Entscheidung BGH GRUR 2012, 270 ­ Link Economy

vertritt sie die Auffassung, dass ,,SUMMER FLAVOUR“ im Zusammenhang mit

den beanspruchten Waren der Klasse 3 keine für den inländischen Verkehr auf

der Hand liegende Beschreibung dieser Produkte aufweise. Soweit der Senat und

die Markenstelle auch englischsprachige Belege zum Gebrauch des Wortes ,,fla-

vour“ im Warensegment von Parfüms in das Verfahren eingeführt hätten, könnten

diese Nachweise keinen Aufschluss über die Kennzeichnungsgewohnheiten auf

dem deutschen Markt und über das Verkehrsverständnis des inländischen Durch-

schnittsverbrauchers geben. ,,Flavour“ werde ­ auch im englischsprachigen

Sprachraum – lediglich als Hinweis auf den Geschmack einer Ware, nicht aber als

Hinweis auf deren Geruch verstanden. Dem Umstand, dass in der menschlichen

Wahrnehmung Zusammenhänge von Geschmack und Geruch bestünden, komme

insoweit keine Bedeutung zu. Soweit ,,flavoured of“ in einem Wörterbuch als Aus-

druck für ,,riechen nach“ angegeben werde, handele es sich um eine sekundäre

Bedeutung, die im Wörterbuch mit dem Zusatz ,,fig a.“ i. S. v. ,, bildlich auch“ ver-

sehen sei. Dass der Verkehr mit der Jahreszeit ,,Sommer“ einen spezifischen Ge-

ruch verbinde, ergebe sich aus den Belegen der Markenstelle nicht.

 

 

 

Die Anmelderin beantragt,

 

 

 

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Pa-

tent­ und Markenamts vom 27. Mai 2011 aufzuheben.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 5. Februar 2013 hat sie ihren Stand-

punkt erneut dargelegt. Ergänzend wird auf die Verfahrensakten Bezug genom-

men.

 

 

II.

 


Die gemäß § 66 Abs. 1, 2, § 64 Abs. 6 MarkenG zulässige Beschwerde der An-

melderin hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat die Markenstelle ,,SUMMER

FLAVOUR“ für die beanspruchten Waren die Schutzfähigkeit versagt. Als be-

schreibende Angabe für die beanspruchten Waren der Klasse 3 ist das Zeichen

freihaltebedürftig i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG und nicht unterscheidungskräf-

tig i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

 

 

1.

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dürfen Marken nicht eingetragen werden, die aus-

schließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art,

der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren oder

Dienstleistungen dienen können, für welche die Eintragung beantragt wird. Unter

,,sonstige Merkmale“ sind dabei alle für die angesprochenen Verkehrskreise im

Hinblick auf die fraglichen Waren in irgendeiner Weise bedeutsamen Umstände zu

verstehen (vgl. BGH GRUR 2000, 231, 233 ­ FÜNFER; GRUR 1999, 1093,

1094 – FOR YOU; GRUR 1998, 813, 814 ­ CHANGE).

 

 Die hier beanspruchten Waren, ,,Parfümeriewaren“ und ,,Mittel zur Körper- und

Schönheitspflege“, richten sich sowohl an den Handel im Inland, als auch an die

normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen inländi-

schen Durchschnittsverbraucher. Mithin kann für das Verständnis dieser Marke

auch das Verständnis der am Handel beteiligten Fachkreise für sich gesehen von

ausschlaggebender Bedeutung sein (vgl. hierzu EuGH GRUR 2006, 411,

413 – Rdn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; BPatG, B. v. 18.09.2012,

Az. 24 W (pat) 531/10 ­ BALANCE ­ N ­ BRIGHTEN; Ströbele, in: Strö-

bele/Hacker, MarkenG, 10. Auflage, § 8 Rdn. 100; Ströbele MarkenR 2006, 433,

435).

 

 

Die angemeldete Wortkombination verbindet das zum englischen Grundwort-

schatz gehörende Wort ,,SUMMER“ i. S. v. ,,Sommer“ in sprachüblicher Weise mit

dem Begriff ,,FLAVOUR“. Mit dem Begriffsinhalt ,,Sommerduft“ geht der durch die

Wortkombination ,,SUMMER FLAVOUR“ bewirkte Gesamteindruck nicht über die

Zusammenfügung beschreibender Elemente hinaus und erschöpft sich in deren

bloßer Summenwirkung (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 ­ Postkantoor; EuGH

GRUR 2004, 680, 681 – BIOMILD; EuGH GRUR Int. 2005, 1012, 1014 ­ BioID).

 

Angesichts der Internationalität ihrer Branche verfügen inländische Fachverkehrs-

kreise für ,,Parfümeriewaren“ und ,,Mittel zur Körper- und Schönheitspflege“ über

fachspezifische Kenntnisse der Welthandelssprache Englisch ebenso wie über

Kenntnisse des englischen Grundwortschatzes. Mit seinen Bedeutungen ,,Ge-

schmack, Duft, Duftstoff, Aroma, Variante, Würze“, die ­ neben weiteren ­ in dem

von einem inländischen Unternehmen im Inland betriebenen Online-Wörterbuch

www.dict.leo.org verzeichnet sind, ist ,,flavour“ Teil jenes fachspezifischen Wort-

schatzes. Entgegen der von der Anmelderin geäußerten Ansicht wird auch ,,fla-

vour“ vom international agierenden, inländischen Fachhandel somit u. a. auch in

seinen lexikalisch nachweisbaren Bedeutung ,,Duft“ verstanden. Selbst der von der

Anmelderin als Anlage 3 zur Akte gereichte Auszug aus dem inländischen Online-

Wörterbuch www.linguatec.de weist für ,,flavours“ u. a. die Bedeutung ,,Wohlgerü-

che“ nach (vgl. ergänzend BPatG 25 W (pat) 92/11, Entsch. v.

17. Juli 2012 – FLAVOURVISION: Der Wortbestandteil „flavour“ gehöre zum

Grundwortschatz der englischen Sprache und werde mit „Aroma, Duft, Ge-

schmack, Würze“ in die deutsche Sprache übersetzt). Auf ihrer Homepage ver-

wendet die Anmelderin ,,flavour“ im Übrigen zur Anpreisung des Geruchs eines

Eau de Toilette und einer Body Lotion mit dem Text: ,,Der Duft…“ ­ ,,NATÜRLICH

VERFÜHRERISCH UND TRENDIG – SUNSET FLAVOUR ­ genießen Sie einen

fruchtig-frischen Sommercocktail aus Granatapfel, weißem Pfirsich, Hibiskus und

Malve in unserem neuen Eau de Toilette mit passender Body Lotion. Stellen Sie

sich vor, Sie fühlen wärmende Sonnenstrahlen auf Ihrer Haut und sitzen mit einem

kühlen und fruchtigen Cocktail am Strand. Sie spüren den warmen Sand unter

Ihren Füßen und sehen die orange-rote Sonne im Meer versinken.

 

Zur Herstellung der in Klasse 3 beanspruchten Waren, ,,Parfümeriewaren“ und

,,Mittel zur Körper- und Schönheitspflege“, werden üblicherweise Geruchsstoffe

verwendet, die, wie dieses Beispiel zeigt, u. a. mit Bezug zu bestimmten Ereignis-

sen oder zu bestimmten Jahreszeiten beworben werden. Wie die der Anmelderin

durch den Senat und durch die Markenstelle übersandten Nachweise belegen,

umfassen ,,Sommerdüfte“ frische, leichte, florale Düfte und den Geruch verschie-

dener Obstsorten. Die Inhaber der Marken ,,Clinique Happy Heart“ und ,,Giorgio

Armani“ bewerben die von ihnen hergestellten Parfümeriewaren bereits mit der

sprachüblich gebildeten Wortkombination ,,SUMMER FLAVOUR“ i. S. v. ,,Som-

merduft“.

 

 

Als werbeüblicher Hinweis auf die Duftrichtung der beanspruchten Waren wirkt

,,SUMMER FLAVOUR“ unabhängig davon beschreibend, dass verschiedene Per-

sonen mit derselben Jahreszeit verschiedene olfaktorische Assoziationen verbin-

den können. Eine Kennzeichnung mit ,,SUMMER FLAVOUR“ ermöglicht es zu-

mindest Fachverkehrskreisen, ein so bezeichnetes Produkt der Klasse 3 von ei-

nem Produkt mit ,,Winterduft“ zu unterscheiden, mit welchem der Verkehr übli-

cherweise intensivere Aromen wie beispielsweise einen Duft nach Zimt und Nel-

ken verbindet. Einen Hinweis auf den Hersteller so bezeichneter Waren der Klas-

se 3 wird der Verkehr ,,SUMMER FLAVOUR“ demgegenüber nicht entnehmen.

Schutzbegründend wirkt sich auch nicht die Tatsache aus, dass der Ausdruck

,,SUMMER FLAVOUR“ im Zusammenhang mit Mitteln zur Körper- und Schön-

heitspflege, zu denen beispielsweise auch aromatisierte Lippenpflegestifte gehö-

ren, sowohl ,,Sommerduft“ als auch ,,Geschmack nach Sommer“ bzw. ,,Sommer-

Aroma“ bedeuten kann. Denn für eine Schutzversagung reicht es bereits aus,

wenn ein Wortzeichen in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser

Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 58, 59

(Rdn. 21) – Companyline; MarkenR 2003, 450, 453 (Rdn. 32) – Doublemint, Mar-

kenR 2004, 99, 109 (Rdn. 97) – Postkantoor; MarkenR 2004, 111, 115

(Rdn. 38) – Biomild).


Von demjenigen Fall, der der von der Anmelderin zitierten Entscheidung BGH

GRUR 2012, 270, Rdn. 12 b) ­ Link Economy – zugrunde lag, unterscheidet sich

der hiesige also dadurch, dass ,,SUMMER FLAVOUR“ in seiner Bedeutung Som-

merduft“ für sämtliche hier beanspruchten Waren eine auf der Hand liegende, oh-

ne gedankliche Zwischenschritte zu ermittelnde Beschreibung dieser Produkte

aufweist.


Angaben und Zeichen, die, wie ,,SUMMER FLAVOUR“, für die beanspruchten Wa-

ren der Klasse 3 einen unmittelbar beschreibenden Sinngehalt aufweisen, sind im

Interesse der Wettbewerber der Anmelderin freihaltebedürftig i. S. d. § 8 Abs. 2

Nr. 2 MarkenG.

 

 

Aus der Schutzgewährung für andere Marken kann ein Anmelder keinen Anspruch

auf Eintragung ableiten. Voreintragungen führen weder für sich genommen noch

in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung

derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben, denn die Ent-

scheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern

eine Rechtsfrage (vgl. EuGH MarkenR 2008, 163, 167 [Rz. 39] – Terranus;

GRUR 2004, 674, Nr. 43, 44 – Postkantoor; GRUR 2004, 428, Nr. 63 – Henkel;

BPatG MarkenR 2007, 351, 352 f. – Topline; GRUR 2007, 333, 335 ff. – Papaya;

GRUR 2010, 423 amazing discoveries; GRUR 2010, 425 – Volksflat).

 

 

2.

Als werbeübliche Beschaffenheitsangabe, die zumindest der angesprochene

Fachverkehr in seiner Bedeutung ,,Sommerduft“, jedoch nicht als betrieblichen

Herkunftshinweis auffasst, fehlt ,,SUMMER FLAVOUR“ für die hier beanspruchten

Waren zugleich das zu einer Eintragung notwendige Mindestmaß an Unterschei-

dungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

 

Aus diesen Gründen war der Beschwerde der Erfolg zu versagen.

 

 

 

Werner Dr. Schnurr Heimen

 

 

Bb