030 88 70 23 80 kanzlei@ra-juedemann.de

BPatG: Zur Bösgläubigkeit der Markenanmeldung durch rechtsmissbräuchliche Behinderungsabsicht im Kontext einer geschäftlichen Partnerschaft

Geschäftliche Partnerschaften dienen dazu, die wechselseitigen Interessen durch die Zusammenarbeit zu fördern. Es könnte alles so schön sein. Doch oftmals sind die Übergänge zwischen einer vertrauensvollen geschäftlichen Zusammenarbeit und einem verbissenen Konkurrenzkampf fließend. So auch in einem Fall, über den das Bundespatentgericht mit Beschluss vom 14. Mai 2020, Az. 25 W (pat) 71/17 in einem Beschwerdeverfahren gerichtet gegen einen Beschluss über die Anordnung der Löschung einer Marke entschied.

Das Bundespatengericht wies die Beschwerde der Markeninhaberin gegen den vorangegangenen Löschungsbeschluss des Deutschen Patent und Markenamts (DPMA) vom 3. Mai 2017 wegen der Bösgläubigkeit der Markenanmeldung im Zeitpunkt der Anmeldung der Marke zurück.

Löschung der Marke durch DPMA wegen Bösgläubigkeit der Markenanmeldung

Zu der Anordnung der Löschung der streitgegenständlichen Marke „VTIGER“ durch das DPMA kam es im Zuge eines Konkurrenzkampfes zwischen der Markeninhaberin und der Antragstellerin des Löschungsverfahrens. Die Löschungsantragstellerin vertrieb bereits seit 2004 weltweit eine Open-Source-Software für Customer-Relationship-Management (CRM) mit der Bezeichnung „VTIGER“. Seit 2007 verband die Parteien des Löschungsverfahrens eine geschäftliche Partnerschaft, im Rahmen derer die Markeninhaberin bzw. Antragsgegnerin die Software der Antragstellerin weiterentwickelte.  Die Partnerschaft wurde dann aber nicht weitergeführt, weil sich die Antragstellerin daran störte, dass die Antragsgegnerin unter der Bezeichnung „vtiger.de“ mit eigener Webseite und Domain aufgetreten ist, was den Partnerrichtlinien der Antragstellerin widersprach. Im Jahr 2012 kam es dann zu der Anmeldung der Marke „VTIGER“ für identische oder ähnliche Waren und Dienstleistungen im Verhältnis zu denen der Antragstellerin, wogegen sich diese seit 2016 im Löschungsverfahren vor dem DPMA zur Wehr setzte.

Auf den Löschungsantrag hin ordnete das DPMA am 3. Mai 2017 die Löschung der Marke „VTIGER“ an mit der Begründung, dass die Markeninhaberin bei Anmeldung der Marke bösgläubig gewesen sei. Sie habe die Marke angemeldet, obwohl sie wusste, dass die Löschungsantragstellerin das Zeichen für identische oder ähnliche Waren und Dienstleistungen benutze ohne ein formales Markenrecht erworben zu haben. Sie habe außerdem mit dem Ziel gehandelt, den schutzwürdigen Besitzstand der Antragstellerin zu stören und den weiteren Gebrauch des Zeichens zu sperren.

Gezielte Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung

Das Bundespatentgericht entschied, dass der Löschungsantrag vor dem DPMA begründet war, weil die Voraussetzungen einer bösgläubigen Markenanmeldung gem. § 8 Abs. 2 Nr. 14 MarkenG vorgelegen hätten. Dies ist u.a. dann der Fall, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich und damit unlauter erfolgte, wobei auf den Zeitpunkt der Markenanmeldung abzustellen ist. Dies sei hier der Fall gewesen, da das Verhalten der Markeninhaberin bei objektiver Würdigung aller Umstände in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung eines Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet gewesen sei. Davon sei aufgrund der von der Löschungsantragstellerin durch die vorgelegten Unterlagen belegten geschäftlichen Partnerschaft auszugehen. Schließlich sei der Markeninhaberin aufgrund der geschäftlichen Partnerschaft bekannt gewesen, dass ein schutzwürdiger Besitzstand der Antragstellerin für die Benutzung der Bezeichnung „VTIGER“ vorgelegen habe. Dennoch habe sie die Marke angemeldet, um sich eine vorteilhaftere Position zu verschaffen und insoweit sowohl die wettbewerbsrechtliche Entfaltung ihrer Mitbewerber als auch der Löschungsantragstellerin zu behindern.

Darüber hinaus sei kein schutzwürdiges Interesse der Markeninhaberin gegeben. Der Umstand, wonach die Markeninhaberin an einer Weiterentwicklung der Open-Source Software „VTIGER“ beteiligt gewesen sei und ihr möglicherweise Urheberrechte zustünden, habe keine Auswirkungen auf den schutzwürdigen Besitzstand der Antragstellerin an dem Zeichen. Daran ändere auch der Umstand nicht, dass es sich um „Open Source Software“ handele. Zwar sei hier von der Möglichkeit einer freien Verwendung und Weiterentwicklung der Software durch Dritte auszugehen, hingegen aber nicht von der uneingeschränkten Möglichkeit der Bezeichnung von Weitentwicklungen der Software.

Förderung von fairem Wettbewerb für Open-Source-Software

Das Bundespatengerichts führt mit dem Beschluss seine bisherige Rechtsprechung zur Bösgläubigkeit der Markenanmeldung fort und schärft deren Konturen. Der Beschluss veranschaulicht insbesondere, wie aufgrund objektiver Indizien im gerichtlichen Verfahren auf das Vorliegen des subjektiven Merkmals der unlauterer Behinderungsabsicht geschlossen werden kann. Durch den Beschluss werden außerdem auf dem Markt tätige Open-Source-Software-Unternehmen auch außerhalb formal eingetragener Rechtspositionen (z.B. Marken) wirksam geschützt, was zu einem faireren Wettbewerb führt und darüber hinaus die Entwicklung und Verbreitung von OSS fördern könnte.

Volltext der Entscheidung zu finden unter der URL: http://juris.bundespatentgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bpatg&Art=en&Datum=2006&Sort=3&Seite=0&nr=38578

Mehr Informationen zum Markenrecht finden Sie hier: https://ra-juedemann.de/anwalt-markenrecht-berlin/

Text verfasst und Titelbild bearbeitet durch: Marc Faßbender

Bearbeitetes Titelbild basiert auf gemeinfreien Werken (public domain) von: “Albinfo” (Wikipedia) und “Chrisdesign” (publicdomainfiles)