030 88 70 23 80 kanzlei@ra-juedemann.de

Nicht nur, wer die aktuellen Diskussionen über die Tarife der GEMA verfolgt, weiß, dass ein lebhaftes Interesse an GEMA-freier Musik besteht. Um dies zu klären, kann bei der GEMA der Status angefragt werden. Sofern dieser PM (pas membre) ist, ist keine Vergütung an die GEMA zu zahlen.

Wer haftet jedoch, wenn die GEMA hierzu fehlerhafte Angaben macht, der Komponist doch Mitglied ist ? Zumindest nicht die GEMA -dieser verbleibt der Anspruch auf angessene Vergütung des Urhebers, der als Mindestvergütung auch dann eingreift, wenn mit dem Werken keine oder nur geringe Gewinne bzw.  Umsätze erzielt werden (hier im Falle einer kostenlosen Beigabe eines Films zu einer Zeitung).

Sicherlich vertretbar ist ein Schadenersatzanspruch gegen die GEMA wegen der falschen Auskunft – hierzu hätte allerdings vortragen werden müssen, der Vertrag wäre nicht oder zu anderen Bedingungen geschlossen werden – was nicht geschehen ist.

Fragen ? Rufen Sie uns an.

 

 

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

I ZR 162/11

Verkündet am: 25. Oktober 2012

Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

BGHZ: nein

BGHR: ja

Covermount

UrhG § 11 Satz 2; UrhWG § 10; BGB § 280 Abs. 1 Satz 1

a) Eine Mindestvergütung ist zum Schutz der Urheber vor einer möglichen Entwertung ihrer Rechte nicht nur dann erforderlich, wenn mit einer wirtschaftlichen Nutzung ihrer Werke keine geldwerten Vorteile erzielt werden, sondern auch dann, wenn damit nur so geringfügige geldwerte Vorteile erzielt werden, dass eine prozentuale Beteiligung am Erlös des Verwerters unzureichend wäre (Fortführung von BGH, Urteil vom 18. Mai 1955 – I ZR 8/54, BGHZ 17, 266 – Grundig-Reporter; Urteil vom 28. Ok-tober 1987 – I ZR 164/85, GRUR 1988, 373 – Schallplattenimport III; Urteil vom 1. Dezember 2010 I ZR 70/09, GRUR 2011, 720 = WRP 2011, 1076 – Multimediashow; Urteil vom 27. Oktober 2011 – I ZR 125/10, GRUR 2012, 711 = WRP 2012, 945 – Barmen Live; Urteil vom 27. Okto-ber 2011 – I ZR 175/10, GRUR 2012, 715 = WRP 2012, 950 – Bochumer Weihnachtsmarkt).

b) Eine Mindestvergütung darf allerdings nicht so hoch sein, dass die sich aus dem Beteiligungsgrundsatz ergebenden Erfordernisse zu Lasten des Verwerters in einem unangemessenen Verhältnis überschritten werden. Hiervon kann aber nicht allein deshalb ausgegangen werden, weil die Mindestvergütung den vom Verwerter mit der Verwertung des Werkes erzielten Erlös zu einem erheblichen Teil aufzehrt (Fortführung von BGH, GRUR 1988, 373 – Schallplattenimport III; Urteil vom 29. Januar 2004 – I ZR 135/00, GRUR 2004, 669 = WRP 2004, 1057 – Musikmehrkanal-dienst; GRUR 2011, 720 – Multimediashow; GRUR 2012, 711 – Barmen Live; GRUR 2012, 715 – Bochumer Weihnachtsmarkt).

c) Wer die Rechte eines Urhebers verletzt, kann sich nicht damit entlasten, die Verwertungsgesellschaft habe ihm nach § 10 UrhWG die Auskunft erteilt, sie nehme die Rechte dieses Urhebers nicht wahr, wenn er damit rechnen musste, dass die Rechte vom Urheber selbst oder von einem Dritten wahrgenommen werden.

d) Erteilt eine Verwertungsgesellschaft einem Auskunftsberechtigten die unzutreffende Auskunft, sie nehme die Rechte eines bestimmten Urhebers nicht wahr, kann dies zwar zu Schadensersatzansprüchen des Auskunftsberechtigten gegen die Verwertungsgesellschaft (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB), nicht aber zu einem Wegfall der von der Verwertungsgesellschaft wahrgenommenen Rechte des Urhebers führen.

BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 – I ZR 162/11 – OLG München

LG München I

 

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-lung vom 25. Oktober 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Born-kamm und die Richter Pokrant, Dr. Kirchhoff, Dr. Koch und Dr. Löffler

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts München 6. Zivilsenat – vom 14. Juli 2011 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA). Sie nimmt aufgrund von Berechtigungsverträgen mit den ihr angeschlossenen Komponisten, Textdichtern und Musikverlegern sowie aufgrund von gegenseitigen Wahrnehmungsverträgen mit ausländischen Verwertungsgesellschaften die urheberrechtlichen Nutzungs-rechte an Musikwerken wahr.

Die Beklagte produziert und vertreibt DVDs und lizenziert die entsprechenden Rechte. Sie beabsichtigte, mit den Verlagen der Zeitschriften „TV Movie“ und „PC Magazin“ Verträge über die Verwertung der von ihr hergestellten DVD des Spielfilms „American Werewolf 2“ als Zeitschriftenbeilage („Covermount“) zu schließen. Auf eine E-Mail-Anfrage der Beklagten teilte ein Mitarbeiter der Klägerin mit E-Mail vom 8. Juli 2004 mit:

Die nachfolgenden Filme: American Werewolf 2 […] sind alle ohne gemapflichtige Musikinhalte >>> kostet nix!

Die Klägerin hatte der Beklagten bereits bei früheren Verwertungen des Films auf VHS und DVD auf deren Anmeldungen vom 13. Juli 1998 (VHS) und 2. Oktober 2000 (DVD) zum Status der Musikwerke „PM“ („pas membre“ = Nicht-Mitglied) mitgeteilt; das bedeutet, dass die Musikstücke zwar urheberrechtlich geschützt sind, die Rechte aber nicht von der Klägerin wahrgenommen werden.

Die Beklagte schloss mit den Verlagen am 13./30. Juli 2004 („TV Movie“) und am 15. Oktober 2004 („PC Magazin“) Sublizenzverträge, in denen sie ihnen das Recht zur Nutzung des Films „American Werewolf 2“ auf DVD als Zeitschriftenbeigabe einräumte. Den Zeitschriften wurden am 13. August 2004 („TV Movie“) 211.583 und am 3. Juni 2005 („PC Magazin“) 30.000 Exemplare der DVD beigelegt. Die Verkaufseinheit von Zeitschrift und DVD wurde zum End-verbraucherpreis von 3,30 € brutto („TV Movie“) und 6,99 € brutto („PC Magazin“) verkauft. Die Verlage zahlten der Beklagten nach deren Darstellung eine Stücklizenz von 0,25 € netto („TV Movie“) bzw. 0,70 € netto („PC Magazin“) pro DVD.

Am 11. Mai 2005 teilte die Klägerin der Beklagten mit, die Erklärung vom 8. Juli 2004, wonach der Film „American Werewolf 2“ ausschließlich „gemafreie“ Musik enthalte, beruhe auf einem Irrtum. Tatsächlich enthält der Film zwei Musikwerke des Komponisten W. H. , der mit der Klägerin am 28. März/25. Mai 1983 einen Berechtigungsvertrag geschlossen hat.

Die Klägerin, die vor Klageerhebung das nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, § 16 Abs. 1 UrhWG vorgesehene Verfahren vor der Schiedsstelle durchgeführt hat, nimmt die Beklagte wegen der Vervielfältigung und Verbreitung des Films auf Zahlung eines Schadensersatzes von 24.520,67 € nebst Zinsen in Anspruch. Sie berechnet den Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie auf der Grundlage ihrer „Vergütungssätze für die Vervielfältigung und Verbreitung von Werken des GEMA-Repertoires in Filmvideos auf DVD zum persönlichen Gebrauch als Beigaben zu Zeitschriften oder zu sonstigen Produkten oder zu Dienstleistungen, zur Promotion von Filmvideoveröffentlichungen und zum Vertrieb über besondere Vertriebswege“ (Tarif VR-BT-H 4). Sie fordert nach Abschnitt II Ziffer 3 des Tarifs VR-BT-H 4 die Mindestvergütung von 0,175 € pro DVD, die sich unter Berücksichtigung eines Anteils der Spiel-dauer der Musikwerke an der Gesamtspieldauer des Films von 58% auf 0,1015 € je DVD ermäßigt. Für insgesamt 251.583 DVDs ergibt sich daraus (zuzüglich 7% Mehrwertsteuer) die Gesamtforderung von 24.520,67 €.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie ist der Ansicht, der Tarif sei nicht anwendbar, die Mindestvergütung sei nicht angemessen. Sie hat zudem den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung erhoben und hilfsweise mit einem Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Auskunftspflicht in Höhe der Klageforderung aufgerechnet.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Die Beklagte verfolgt mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

 

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadensersatz (§ 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG aF) oder Wertersatz (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2, § 818 Abs. 2 BGB) in Höhe von 24.520,67 € nebst Zinsen zu. Dazu hat es ausgeführt:

Der von der Klägerin herangezogene Tarif VR-BT-H 4 sei anwendbar. Die Verwertung als „Covermount“ unterstehe nicht dem Gesamtvertrag zwischen der Klägerin und dem Bundesverband Audiovisuelle Medien. Die Klägerin habe für diese Form des Vertriebs einen gesonderten Tarif aufstellen dürfen. Der Vertrieb einer DVD als Zeitschriftenbeilage unterscheide sich vom Vertrieb einer DVD über den Einzelhandel darin, dass für die DVD kein Preis gebildet werde. Es fehle daher ein Anknüpfungspunkt für die Bemessung der Lizenzgebühr.

Die geforderte Mindestvergütung sei angemessen. Eine absolute Mindestvergütung sei bei einer Auswertung der Leistung des Urhebers ohne unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen gerechtfertigt, um einer Aushöhlung seiner Rechte vorzubeugen. Eine feste Mindestvergütung müsse aus diesem Grund aber auch bei einem niedrigen Erlös des Verwerters gelten. Die Angemessen-heit des Tarifs VR-BT-H 4 könne durch einen Vergleich mit den Tonträgertarifen VR-T-H 1 und VR-T-H 2 überprüft werden. Dieser Vergleich zeige, dass sich der Tarif VR-BT-H 4 in einer Größenordnung bewege, die den Unterschieden zwischen dem Vertrieb von Video-DVDs und Audio-CDs gerecht werde.

Die Geltendmachung der Klageforderung verstoße nicht gegen Treu und Glauben. Die Auskunft der Klägerin vom 8. Juli 2004, der hier in Rede stehende Film sei „ohne gemapflichtige Musikinhalte“, sei zwar objektiv falsch. Dies genüge jedoch nicht, um den Anspruch entfallen zu lassen. Die Beklagte habe damit rechnen müssen, eine Zahlung an den Urheber selbst oder dessen Verlag leisten zu müssen, sollten die Rechte nicht von der Klägerin wahrgenommen werden.

Die Klageforderung sei nicht durch die hilfsweise erklärte Aufrechnung mit einemSchadensersatzanspruch wegen Verletzung der Auskunftspflicht erloschen. Es sei nicht dargetan, dass durch die Pflichtverletzung ein Schaden entstanden sei. Die Beklagte habe nicht behauptet, sie hätte den Vertrag bei zutreffender Information zu anderen finanziellen Konditionen oder gar nicht abgeschlossen.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Klägerin von der Beklagten dem Grunde nach einen nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie zu berechnenden Wertersatz beanspruchen kann (dazu 1). Die Höhe des Er-satzanspruchs hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei nach dem von der Klä-gerin aufgestellten Tarif VR-BT-H 4 und der darin vorgesehenen Mindestvergü-tung berechnet (dazu 2). Die Geltendmachung der Forderung verstößt weder gegen Treu und Glauben (dazu 3) noch ist die Forderung durch die hilfsweise erklärte Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Auskunftspflicht erloschen (dazu 4).

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin von der Beklagten wegen der ohne ihre Einwilligung erfolgten Vervielfältigung (§ 16 UrhG) und Verbreitung (§ 17 Abs. 1 UrhG) der urheberrechtlich geschützten Musikwerke (§ 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 UrhG) ihres Repertoires dem Grunde nach einen nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie zu berechnenden Wertersatz (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2, § 818 Abs. 2 BGB) beanspruchen kann. Die Beklagte hat DVDs des Spielfilms „American Werewolf 2“ mit Musikwerken des von der Klägerin wahrgenommenen Repertoires im Zusammenwirken mit zwei Zeitschriftenverlagen ohne Einwilligung der Klägerin vervielfältigt und verbreitet. Dadurch hat die Beklagte in den Zuweisungsgehalt der von der Klägerin wahrgenommenen Rechte zur Vervielfältigung und Verbreitung der Musikwerke eingegriffen. Sie hat damit auf Kosten des Urhebers die Nutzungsmöglichkeit dieser Rechte ohne rechtlichen Grund erlangt. Da die Herausgabe des Erlangten wegen seiner Beschaffenheit nicht möglich ist, ist der Wert zu ersetzen. Der objektive Gegenwert für den Gebrauch eines Immaterialgüterrechts besteht in der angemessenen und üblichen Lizenzgebühr (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 – I ZR 68/08, GRUR 2010, 623 Rn. 33 = WRP 2010, 927 – Restwertbörse, mwN). Unter diesen Umständen kann offenbleiben, ob die Beklagte die von der Klägerin wahrgenommenen Rechte schuldhaft verletzt hat und der nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnete Ersatzanspruch daher auch als Schadensersatzanspruch (§ 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG aF) begründet ist.

2. Die Höhe des Ersatzanspruchs hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei nach dem von der Klägerin aufgestellten Tarif VR-BT-H 4 und der darin vorgesehenen Mindestvergütung mit 24.520,67 € berechnet.

a) Bestimmt der Tatrichter die angemessene Vergütung für die Einräumung eines Nutzungsrechts, kann das Revisionsgericht dies nur darauf überprüfen, ob der Tatrichter von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen ist und sämtliche für die Bemessung der Vergütung bedeutsamen Tatsachen berücksichtigt hat, die von den Parteien vorgebracht worden sind oder sich aus der Natur der Sache ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2011 – I ZR 125/10, GRUR 2012, 711 Rn. 16 = WRP 2012, 945 – Barmen Live; Urteil vom 27. Oktober 2011 – I ZR 175/10, GRUR 2012, 715 Rn. 20 = WRP 2012, 950 – Bochumer Weihnachtsmarkt, jeweils mwN). Die Bestimmung der angemessenen Vergütung durch das Berufungsgericht hält einer solchen Nachprüfung stand.

b) Das Berufungsgericht ist bei seiner Ermittlung der Höhe des Ersatzanspruchs dem Einigungsvorschlag der Schiedsstelle gefolgt. Das entspricht dem Grundsatz, dass sich der Tatrichter auch danach richten kann und muss, was die Schiedsstelle im vorgeschalteten oder in vergleichbaren Verfahren vorgeschlagen hat. Die Schiedsstelle ist wesentlich häufiger als das Gericht mit derartigen Verfahren befasst. Ein überzeugend begründeter Einigungsvorschlag der Schiedsstelle hat daher eine gewisse Vermutung der Angemessenheit für sich. Das gilt nicht nur für Streitfälle, die den Abschluss oder die Änderung eines Gesamtvertrages betreffen, sondern auch für Streitigkeiten zwischen Einzelnutzern und Verwertungsgesellschaften (BGH, GRUR 2012, 715 Rn. 22 f. – Bochumer Weihnachtsmarkt, mwN).

c) Das Berufungsgericht ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass der von der Klägerin aufgestellte Tarif VR-BT-H 4 anwendbar ist.

aa) Berechnet die Klägerin den Schadensersatzanspruch oder – wie im Streitfall – den Wertersatzanspruch nach der angemessenen Lizenzgebühr, hat sie dieser Berechnung regelmäßig die Tarifvergütung zugrunde zu legen, die sie auch bei ordnungsgemäßer Einholung ihrer Erlaubnis für derartige Nutzun-gen berechnet (vgl. zum Schadensersatzanspruch BGH, Urteil vom 1. Dezember 2010 – I ZR 70/90, GRUR 2011, 720 Rn. 19 f. = WRP 2011, 1076 – Multi-mediashow, mwN; GRUR 2012, 715 Rn. 17 – Bochumer Weihnachtsmarkt).

Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Vergütung danach auf der Grundlage des Tarifs VR-BT-H 4 zu berechnen ist. Die-ser Tarif gilt – unter anderem – für die Vervielfältigung und Verbreitung von Werken des GEMA-Repertoires in Filmvideos auf DVD zum persönlichen Gebrauch als Beigaben zu Zeitschriften. Die hier in Rede stehende Verwertung der Musikwerke als „Covermount“ fällt in den Anwendungsbereich dieses Tarifs.

bb) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, der von der Klägerin erstell-te Tarif VR-BT-H 4 sei nicht anwendbar, weil er eine Sonderregelung für nicht gesondert regelungsbedürftige Sachverhalte treffe und damit gegen das Gebot der Gleichbehandlung verstoße. Stattdessen hätte der für die Herstellung und Verbreitung von DVDs als Tarif geltende Gesamtvertrag zwischen der Klägerin und dem Bundesverband Audiovisuelle Medien, dessen Mitglied die Beklagte sei, als Grundlage oder zumindest als Vergleichsmaßstab herangezogen wer-den müssen.

Eine unmittelbare Anwendung dieses Gesamtvertrages kommt nicht in Betracht, weil dieser nach den – von der Revision insoweit nicht angegriffenen – Feststellungen des Berufungsgerichts nicht die hier in Rede stehende Verwer-tung eines Spielfilms einschließlich der darin enthaltenen Musikwerke als „Covermount“ erfasst. Er gilt zwar für den Vertrieb von Spielfilmen auf DVD, nicht aber für den Vertrieb von Spielfilmen auf DVD als Zeitschriftenbeilage. Auch eine entsprechende Anwendung des Gesamtvertrages scheidet aus. Ab-gesehen davon, dass die Parteien des Gesamtvertrages seine Anwendung auf den Vertrieb von Spielfilmen auf DVD als Zeitschriftenbeilage ausdrücklich aus-

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geschlossen haben, verbieten es auch die bei einer solchen Verwertung beste-henden Besonderheiten, den Gesamtvertrag zur Berechnung der Vergütung als Vergleichsmaßstab heranzuziehen.

Die Revision macht allerdings zutreffend geltend, dass die Annahme des Berufungsgerichts, beim Vertrieb einer DVD als Zeitschriftenbeilage fehle ein Anknüpfungspunkt für die Bemessung der Lizenzgebühr, weil für die DVD kein Preis gebildet werde, nicht überzeugt. Nach dem Vorbringen der Beklagten ist zwischen der Beklagten und den Zeitschriftenverlagen für die Einräumung von Nutzungsrechten am Spielfilm „American Werewolf 2“ ein Stücklizenzpreis von 0,25 € netto („TV Movie“) bzw. 0,70 € netto („PC Magazin“) pro DVD vereinbart. An diesen Preis kann die Bemessung der Lizenzgebühr grundsätzlich anknüp-fen. Dennoch können die Regelungen des Gesamtvertrages bei dieser Art der Verwertung nicht als Vergleichsmaßstab herangezogen werden. Sie führen nämlich nicht zu einer angemessenen Vergütung.

(1) Berechnungsgrundlage für die Tarife sollen nach § 13 Abs. 3 Satz 1 UrhWG in der Regel die geldwerten Vorteile sein, die durch die Verwertung er-zielt werden. Damit gilt auch für die Vergütungshöhe der urheberrechtliche Be-teiligungsgrundsatz, nach dem der Urheber oder Leistungsschutzberechtigte an jeder wirtschaftlichen Nutzung seiner Werke oder Leistungen tunlichst ange-messen zu beteiligen ist (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2004 – I ZR 135/00, GRUR 2004, 669, 670 f. = WRP 2004, 1057 – Musikmehrkanaldienst; GRUR 2012, 711 Rn. 20 – Barmen Live; GRUR 2012, 715 Rn. 26 – Bochumer Weih-nachtsmarkt, jeweils mwN). Nutzt ein Verwerter das Werk durch den Vertrieb von Vervielfältigungsstücken, entspricht es dem Beteiligungsgrundsatz am ehesten, die Vergütung des Urhebers mit dem Absatz der Vervielfältigungsstü-cke zu verknüpfen und an die Zahl und den Preis der verkauften Exemplare zu

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binden (BGH, Urteil vom 7. Oktober 2009 I ZR 38/07, BGHZ 182, 337 Rn. 23 Talking to Addison). Danach wird eine (für sich genommen angemessene) prozentuale Beteiligung des Urhebers an den durch die Verwertung des Werkes erzielten Erlösen in der Regel zu einer angemessenen Vergütung führen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist allerdings auch dann, wenn mit einer wirtschaftlichen Nutzung keine geldwerten Vorteile erzielt werden, jedenfalls eine Mindestvergütungsregelung erforderlich, um die Urhe-ber vor einer möglichen Entwertung ihrer Rechte zu schützen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 18. Mai 1955 – I ZR 8/54, BGHZ 17, 266, 282 – Grundig-Reporter; Urteil vom 28. Oktober 1987 – I ZR 164/85, GRUR 1988, 373, 376 – Schallplattenimport III; Urteil vom 1. Oktober 2010 – I ZR 70/09, GRUR 2011, 720 Rn. 31 = WRP 2011, 1076 – Multimediashow; GRUR 2012, 711 Rn. 20 – Barmen Live; GRUR 2012, 715 Rn. 26 – Bochumer Weihnachtsmarkt). Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn mit einer wirtschaftlichen Nutzung nur gering-fügige geldwerte Vorteile erzielt werden. Da bei einer Auswertung ohne oder mit nur geringfügigem wirtschaftlichen Nutzen eine Vergütung in Form einer pro-zentualen Beteiligung am Erlös des Verwerters leerliefe oder unzureichend wä-re, kann in solchen Fällen nur eine feste Mindestvergütung die Urheber vor ei-ner Entwertung ihrer Rechte schützen.

(2) Bei einer Verwertung von Filmen mit Musikwerken auf DVD als Zeit-schriftenbeilage gewährleistet der zwischen der Klägerin und der Beklagten ge-schlossene Gesamtvertrag keine angemessene Vergütung.

Der Gesamtvertrag sieht – nach Darstellung der Beklagten – für die Ein-räumung des Rechts zum Vertrieb von Filmen mit Musikwerken auf DVD grundsätzlich eine prozentuale Vergütung in Höhe von 4,6% des vom Lizenz-

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nehmer fakturierten Entgelts vor. Dabei ist der Anteil der Spieldauer der Werke des GEMA-Repertoires an der Gesamtspieldauer des Films zu berücksichtigen. Ferner sieht der Gesamtvertrag eine prozentuale Mindestvergütung von 0,4235% des fakturierten Entgelts vor. Dabei ist der Anteil der Spieldauer der Werke des GEMA-Repertoires an der Gesamtspieldauer des Films nicht von Bedeutung. Eine von den Erlösen des Lizenznehmers unabhängige Mindest-vergütung sieht der Gesamtvertrag nicht vor.

Beim Vertrieb von Spielfilmen auf DVD als Zeitschriftenbeilage erzielt der Lizenznehmer der Klägerin für die Einräumung des entsprechenden Rechts zur Nutzung der DVD an Zeitschriftenverlage in der Regel wesentlich geringere Er-löse als beim Vertrieb über den Einzelhandel. Das ist vor allem dem Umstand geschuldet, dass die DVD als Zeitschriftenbeilage typischerweise nicht eigen-ständig vermarktet, sondern zur Förderung des Verkaufs der Zeitschrift ver-wendet wird. Es soll daher nicht ein möglichst hoher Erlös für den Verkauf der DVD erzielt werden, vielmehr soll der Vertrieb der Zeitschrift durch eine wertvol-le, aber preisgünstige Beigabe gefördert werden. Bei dieser Vertriebsform führt die im Gesamtvertrag allein vorgesehene Prozentvergütung wegen des gerin-gen Entgelts des Lizenznehmers in der Regel nicht zu einer angemessenen Vergütung des Urhebers.

So verhält es sich auch im Streitfall. Die für die Einräumung von Nut-zungsrechten am Spielfilm „American Werewolf 2“ zwischen der Beklagten und den Zeitschriftenverlagen vereinbarte Stücklizenz beträgt nach Darstellung der Beklagten 0,25 € („TV Movie“) und 0,70 € („PC Magazin“). Nach dem Gesamt-vertrag beträgt die Prozentvergütung grundsätzlich 4,6% des vom Lizenzneh-mer fakturierten Entgelts. Unter Berücksichtigung der Spieldauer der Werke des GEMA-Repertoires an der Gesamtspieldauer des Films von 58% ergäbe sich

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im Streitfall eine Prozentvergütung von 2,668%. Daraus errechnete sich eine Vergütung von 0,0067 € („TV Movie“) und 0,0187 € („PC Magazin“) pro DVD und ein Gesamtentgelt von 1.411,25 € (0,0067 € x 211.583 DVDs) und 561 € (0,0187 € x 30.000 DVDs). Die prozentuale Mindestvergütung des Gesamtver-trages von 0,4235% des fakturierten Entgelts (ohne Anteilsberechnung) führte zu keiner höheren Vergütung. Eine Vergütung von nur 0,0067 € („TV Movie“) und 0,0187 € („PC Magazin“) pro DVD wäre für diese Art der Werkverwertung zweifellos unangemessen gering.

d) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die sich nach Abschnitt II Ziffer 3 des Tarifs VR-BT-H 4 errechnende Mindestvergütung angemessen ist.

aa) Der Tarif VR-BT-H 4 sieht zunächst Prozentvergütungen vor. Diese sind auf der Grundlage der veröffentlichten höchsten Abgabepreise für den De-tailhandel oder den gebundenen oder empfohlenen Detailverkaufspreis für das betreffende Filmvideo zu berechnen und betragen 7% (Abgabepreis) oder 5% (Verkaufspreis) dieser Preisgrundlage (vgl. Abschnitt II Ziffer 1 des Tarifs VR-BT-H 4). Dabei errechnet sich die Vergütung für die Werke des GEMA-Repertoires aus dem Anteil der Spieldauer dieser Werke an der Gesamtspiel-dauer des Films als einziger Inhalt oder Hauptinhalt des Filmvideos (Abschnitt II Ziffer 2 des Tarifs VR-BT-H 4). Der Tarif VR-BT-H 4 enthält ferner eine Rege-lung über Mindestvergütungen (Abschnitt II Ziffer 3 des Tarifs VR-BT-H 4). Die Mindestvergütungen gelten in den Fällen, in denen die Prozentvergütungen niedriger liegen als die Mindestvergütungen. Die Mindestvergütung für die Wer-ke des GEMA-Repertoires beträgt je Filmvideo 0,175 € (unter Berücksichtigung des Anteils der Spieldauer der Werke des GEMA-Repertoires an der Gesamt-spieldauer des Films) oder 0,6% der Preisgrundlage der jeweiligen Prozentver-

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gütung (ohne Anteilsberechnung), je nachdem welcher Betrag höher ist. Da-nach ist im Streitfall die Mindestvergütung von 0,175 € pro DVD geschuldet, die sich unter Berücksichtigung eines Anteils der Spieldauer der Musikwerke an der Gesamtspieldauer des Films von 58% auf 0,1015 € je DVD ermäßigt. Für ins-gesamt 251.583 DVDs ergibt sich daraus (zuzüglich 7% Mehrwertsteuer) die von der Klägerin geltend gemachte Gesamtforderung von 24.520,67 €.

bb) Das Berufungsgericht hat die nach Abschnitt II Ziffer 3 des Tarifs VR-BT-H 4 zu errechnende Mindestvergütung von 0,1015 € je DVD aufgrund eines Vergleichs mit der nach den Tonträgertarifen VR-T-H 1 und VR-T-H 2 zu er-rechnenden Mindestvergütung als angemessen erachtet. Das ist aus Rechts-gründen nicht zu beanstanden.

Der Tatrichter kann die Angemessenheit des angewendeten Vergü-tungssatzes an anderen Vergütungssätzen für vergleichbare Nutzungen über-prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juni 1983 – I ZR 98/81, GRUR 1983, 565, 567 – Tarifüberprüfung II; Urteil vom 5. April 2001 – I ZR 132/98, GRUR 2001, 1139, 1142 = WRP 2001, 1345 – Gesamtvertrag privater Rundfunk). Das Berufungs-gericht hat – wie schon die Schiedsstelle – die nach dem Tarif VR-BT-H 4 zu errechnende Mindestvergütung mit den Mindestvergütungen verglichen, die sich bei einer Anwendung der „Vergütungssätze für die Vervielfältigung von Werken des GEMA-Repertoires auf handelsüblichen Tonträgern (Schallplatten, Musikkassetten, Compact Discs, Minidiscs und Digital Compact Cassetten) und deren Verwertung zum persönlichen Gebrauch“ (Tarif VR-T-H 1) sowie der „Vergütungssätze für die Vervielfältigung von Werken des GEMA-Repertoires auf Tonträgern zur Verbreitung zum persönlichen Gebrauch als Beigaben zu Zeitschriften oder zu sonstigen Produkten oder zu Dienstleistungen, zur Promo-tion von Tonträgerveröffentlichungen und zum Vertrieb über besondere Ver-

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triebswege“ (Tarif VR-T-H 2) ergäbe. Diese Tarife sind nach den von der Revi-sion insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts als sol-che angemessen. Der Tonträgertarif VR-T-H 2 ist – wie das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Landgerichts zutreffend ange-nommen hat – ein geeigneter Vergleichsmaßstab, da er, wie auch der Tarif VR-BT-H 4, die hier in Rede stehende Vervielfältigung und Verbreitung von Werken des GEMA-Repertoires auf Datenträgern zum persönlichen Gebrauch als Bei-gaben zu Zeitschriften erfasst. Nach Abschnitt II Ziffer 2 des Tarifs VR-T-H 2 betrüge die Mindestvergütung für den Vertrieb eines entsprechenden Tonträ-gers als Zeitschriftenbeilage etwa 0,35 € und läge damit ganz erheblich über der Mindestvergütung nach Abschnitt II Ziffer 3 des Tarif VR-BT-H 4 von 0,1015 €. Aus diesem Umstand hat das Berufungsgericht – ebenso wie schon die Schiedsstelle und das Landgericht – auf die Angemessenheit der Mindest-vergütung nach Abschnitt II Ziffer 3 des Tarifs VR-BT-H 4 geschlossen. Die gegen diese tatrichterliche Beurteilung gerichteten Einwände der Revision grei-fen nicht durch.

Die Revision macht vergeblich geltend, angesichts der unterschiedlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten verbiete es sich, die Angemes-senheit des Video-DVD-Tarifs durch einen Vergleich mit den Audio-CD-Tarifen zu begründen. Das Berufungsgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass bei einer Nutzung von Musikwerken ausschließlich der Komponist, bei einer Nutzung von Filmen dagegen eine Vielzahl von Urhebern berechtigt sei. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb von diesen gerade der Musikurheber be-sonders schützenswert sein sollte. Unter Berücksichtigung der übrigen an der Herstellung eines Films mitwirkenden Berechtigten sei nach den Grundsätzen des – aus dem Jahr 1984 stammenden – „Schricker-Gutachtens“ lediglich eine Vergütung des Musikurhebers in Höhe von 0,84% des Erlöses des Verwerters

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angemessen. Zudem habe das Berufungsgericht das Vorbringen der Beklagten nicht berücksichtigt, wonach einem Vergleich des Bildtonträgertarifs mit den Tonträgertarifen entgegenstehe, dass die Preisentwicklung im CD-Bereich rela-tiv stabil, im DVD-Bereich dagegen relativ instabil sei.

Das Berufungsgericht hat angenommen, der erhebliche Abstand der nach dem Tarif VR-BT-H 4 zu errechnenden Vergütungen zu den nach den Tonträgertarifen zu entrichtenden Vergütungen trage dem Umstand hinreichend Rechnung, dass bei der Video-DVD-Verwertung nicht nur die Vergütungsan-sprüche der Musikurheber, sondern auch die der Filmurheber zu berücksichti-gen seien. Die tatrichterliche Beurteilung des Berufungsgerichts, die Mindest-vergütung des Tarifs VR-BT-H 4 bewege sich im Vergleich zu den Mindestver-gütungen der Tonträgertarife in einer Größenordnung, die den Unterschieden bei einer Verwertung von Video-DVDs und Audio-CDs gerecht werde, lässt kei-nen Rechtsfehler erkennen. Insbesondere ist das Berufungsgericht bei dieser Beurteilung nicht davon ausgegangen, die Musikurheber seien gegenüber an-deren an der Herstellung eines Films mitwirkenden Berechtigten besonders schützenswert. Das Berufungsgericht hat nicht angenommen, das Gebot einer vom Umsatz und Gewinn des Werknutzers unabhängigen Mindestvergütung gelte nur zugunsten der Musikurheber und nicht zugunsten aller Urheber. So-weit die Revision geltend macht, eine Vergütung des Musikurhebers sei nur in Höhe von 0,84% des Erlöses des Verwerters angemessen, vernachlässigt sie, dass es im Streitfall einer vom Erlös des Verwerters unabhängigen Mindestver-gütung bedarf, um eine Entwertung der Rechte der Urheber zu verhindern.

Die Revision rügt weiter ohne Erfolg, die Annahme des Berufungsge-richts, der Tarif VR-BT-H 4 sei angemessen, weil die Tonträgertarife zu einer wesentlich höheren Vergütung führen würden, sei nicht tragfähig, weil mit die-

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ser Argumentation jeder Tarif als angemessen einzustufen wäre, der eine ge-ringere Vergütung als der reine Musiktarif vorsehe.

Das Berufungsgericht hat die Angemessenheit der nach dem Tarif VR-BT-H 4 zu errechnenden Mindestvergütung nicht allein aus dem Umstand her-geleitet, dass die nach den Tonträgertarifen zu errechnende Mindestvergütung erheblich höher wäre. Vielmehr hat es bei seiner Beurteilung die Besonderhei-ten beider Tarife und der davon erfassten Werkverwertungen berücksichtigt und gewichtet. Insbesondere hat es bedacht, dass der Anteil der Musiknutzung am Gesamtumfang des Verwertungsvorgangs (§ 13 Abs. 3 Satz 3 UrhWG) beim Vertrieb von Bildtonträgern geringer ist als beim Vertrieb von reinen Tonträgern und der Bildtonträgertarif bereits aus diesem Grund zu einer geringeren Vergü-tung als die Tonträgertarife führt.

cc) Die Revision macht auch vergeblich geltend, das Berufungsgericht habe das Vorbringen der Beklagten nicht beachtet, dass die Mindestvergütung nach Abschnitt II Ziffer 3 des Tarifs VR-BT-H 4 sie unangemessen belaste. Die Beklagte habe vorgetragen, dass in der Praxis die Regelvergütung des Tarifs VR-BT-H 4 leerlaufe und die Mindestvergütung der einzige Anwendungsbereich des Tarifs sei. Sie habe weiter vorgetragen, dass sie bei Anwendung der Min-destvergütung knapp die Hälfte des aus der Verwertung der Filmrechte durch Einräumung der Sublizenzrechte an die Zeitschriftenverlage erzielten Erlöses abzugeben habe; die von der Klägerin beanspruchte Stückvergütung von 0,1015 € betrage 40% des mit der Zeitschrift „TV Movie“ (0,25 €) und 15% des mit der Zeitschrift „PC Magazin“ (0,70 €) erzielten Umsatzes der Beklagten. Sie habe schließlich vorgetragen, dass dies unverhältnismäßig sei und prohibitiv wirke, weil sie einem starken Preiskampf unterworfen und zu einer scharfen Kalkulation gezwungen sei.

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Eine Mindestvergütung darf allerdings nicht so weit gehen, dass der Be-teiligungsgrundsatz zu Lasten des Verwerters in einem unangemessenen Ver-hältnis überschritten wird (vgl. BGH, GRUR 1988, 373, 376 – Schallplattenim-port III; GRUR 2004, 669, 670 f. – Musikmehrkanaldienst; GRUR 2011, 720 Rn. 31 – Multimediashow; GRUR 2012, 711 Rn. 20 – Barmen Live; GRUR 2012, 715 Rn. 26 – Bochumer Weihnachtsmarkt). Allein mit der Erwägung, der vom Ver-werter mit der Verwertung des Werkes erzielte Erlös werde durch eine Mindest-vergütung zu einem erheblichen Teil aufgezehrt, lässt sich jedoch nicht begrün-den, dass der Beteiligungsgrundsatz zu Lasten des Verwerters in einem unan-gemessenen Verhältnis überschritten wird.

Das Urheberrecht und die mit ihm verbundenen Nutzungsrechte stellen Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG dar. Es wäre mit der Gewährleistung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren, aus dem geringen Umsatz, den der ohne Lizenzgebühren kalkulierende Urheberrechtsverletzer erzielt hat, auf eine entsprechende Begrenzung des nach § 97 UrhG zu gewäh-renden Schadensersatzes in Form der fiktiven Lizenzgebühr zu schließen, weil damit über den Wert des Urheberrechts im Endeffekt dessen Verletzer ent-schiede (BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. Oktober 2002 – 1 BvR 2116/01, NJW 2003, 1655, 1656). Für den gleichfalls nach der fiktiven Lizenzgebühr zu berechnenden Wertersatz wegen unbefugten Eingriffs in das Urheberrecht gel-ten diese Überlegungen entsprechend.

Es kommt auch nicht darauf an, ob der Verwerter einem starken Preis-kampf ausgesetzt ist und deshalb nur geringe Erlöse erzielt und aufgrund der geringen Erlöse allein die Mindestvergütungsregelung anwendbar ist. Das Risi-ko des Verwerters, bei der wirtschaftlichen Verwertung des Urheberrechts den wirtschaftlichen Erfolg zu verfehlen, darf nicht zu einem erheblichen Teil dem

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Urheber aufgebürdet werden, gegen oder ohne dessen Willen die Verwertung erfolgte. Die schon durch die rechtswidrige Vervielfältigung und Verbreitung missachtete Dispositionsbefugnis des Urhebers würde durch eine solche Be-rechnung des Schadensersatzes oder Wertersatzes ein zweites Mal in einer mit der Privatnützigkeit des Eigentums nicht mehr zu vereinbarenden Weise ent-wertet (BVerfG aaO).

Das von der Revision als übergangen gerügte Vorbringen der Beklagten, sie sei einem starken Preiskampf unterworfen und zu einer scharfen wirtschaft-lichen Kalkulation gezwungen, rechtfertigt nicht den Schluss, die von der Kläge-rin geforderte Mindestvergütung von etwa 10 Cent pro DVD wirke, wie die Revi-sion geltend macht, prohibitiv und stehe einer wirtschaftlich sinnvollen Verwer-tung der DVD als Zeitschriftenbeilage („Covermount“) durch die Beklagte ent-gegen.

3. Die Geltendmachung der Klageforderung verstößt nicht gegen Treu und Glauben.

a) Zwar kann die Ausübung eines Rechts nach Treu und Glauben im Einzelfall unzulässig sein, wenn dem Berechtigten eine mit seinem Anspruch in engem Zusammenhang stehende schwerwiegende Verletzung eigener Pflich-ten zur Last fällt (BGH, Urteil vom 15. November 2006 – VIII ZR 166/06, NJW 2007, 504 Rn. 17 mwN). Davon abgesehen führt die Verletzung eigener Pflich-ten durch den Gläubiger jedoch grundsätzlich nur zu Gegenansprüchen des Schuldners und hindert den Gläubiger grundsätzlich nicht an der Geltendma-chung seines Anspruchs (BGH, Urteil vom 26. November 2004 – V ZR 90/04, NJW-RR 2005, 743, 745, mwN). Allein darin, dass die Klägerin der Beklagten irrtümlich eine objektiv unzutreffende Auskunft über die GEMA-Freiheit der

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Filmmusik erteilt hat, liegt keine Pflichtverletzung, die so schwerwiegend ist, dass sie nicht nur Schadensersatzansprüche der Beklagten begründen, son-dern sogar zu einem Wegfall des Ersatzanspruchs der Klägerin führen könnte.

b) Allerdings kann die Ausübung eines Rechts gemäß § 242 BGB auch wegen widersprüchlichen Verhaltens ausgeschlossen sein, wenn der Berechtig-te durch sein Verhalten dem Verpflichteten gegenüber einen Vertrauenstatbe-stand geschaffen hat, zu dem er sich nicht entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben in Widerspruch setzen darf (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2007 – I ZR 24/05, GRUR 2008, 614 Rn. 24 = WRP 2008, 794 – ACERBON, mwN).

Die Beklagte kann sich jedoch nicht mit Erfolg darauf berufen, sie habe aufgrund der Auskunft der Klägerin darauf vertrauen dürfen, keine Lizenzge-bühren für die Nutzung der Filmmusik zahlen zu müssen. Die Beklagte durfte die Auskunft der Klägerin vom 8. Juli 2004, der Film „American Werewolf 2“ enthalte keine „gemapflichtige“ Musik, nur so verstehen, dass die Rechte des Komponisten nicht von der Klägerin wahrgenommen werden, zumal die Kläge-rin der Beklagten bereits auf frühere Anfragen als Status der Musikwerke (fälschlich) „PM“ („pas membre“ = Nicht-Mitglied) mitgeteilt hatte, was bedeutet, dass die Musikstücke zwar urheberrechtlich geschützt sind, die Rechte aber nicht von der Klägerin wahrgenommen werden. Die Beklagte musste daher damit rechnen, an den Urheber selbst oder dessen Verlag eine Zahlung leisten zu müssen.

Die Beklagte kann sich entgegen der Ansicht der Revision nicht mit Er-folg darauf berufen, sie sei davon ausgegangen, dass in Bezug auf die Musik-werke der US-amerikanischen Filmproduktion eine „Buy-out-Vereinbarung“ ab-

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geschlossen worden sei oder sämtliche Beiträge als „Works made for hire“ her-gestellt worden seien. Auch bei US-amerikanischen Filmproduktionen kann nicht einfach unterstellt werden, dass sämtliche Urheberrechte aufgrund einer „Buy-out-Vereinbarung“ oder – weil es sich um „Works made for hire“ handelt – beim Filmhersteller liegen. Deshalb hätten nur entsprechende Nachforschungen ein berechtigtes Vertrauen der Beklagten begründen können.

Diese Beurteilung steht entgegen der Ansicht der Revision mit der Se-natsentscheidung „Schallplattenimport III“ in Einklang. Danach trägt allerdings grundsätzlich der Nutzer das Risiko einer Rechtsverletzung, soweit er von sei-nem Auskunftsanspruch nach § 10 UrhWG keinen Gebrauch gemacht hat (vgl. BGH, GRUR 1988, 373, 375 – Schallplattenimport III). Daraus ergibt sich aber nicht im Umkehrschluss, dass der Nutzer das Risiko einer Rechtsverletzung nicht trägt, soweit er von der Klägerin die Auskunft erhalten hat, sie nehme die Rechte des Urhebers nicht wahr. Allein die Geltendmachung des Auskunftsan-spruchs gegenüber der Klägerin kann den Schuldner jedenfalls dann nicht ent-lasten, wenn der Nutzer – wie hier – damit rechnen muss, dass die Rechte des Urhebers von diesem selbst oder einem Dritten wahrgenommen werden.

Die Beklagte kann sich schließlich nicht mit Erfolg darauf berufen, sie habe aufgrund der Auskunft der Klägerin darauf vertrauen dürfen, jedenfalls an die Klägerin keine Lizenzgebühren für die Nutzung der Filmmusik zahlen zu müssen. Dem steht bei der gebotenen Abwägung der betroffenen Interessen entgegen, dass die Klägerin nicht ihre eigenen Rechte verfolgt, sondern die Rechte der Urheber als Treuhänderin wahrnimmt. Eine unzutreffende Auskunft der Klägerin kann daher zwar – bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzun-gen zu Schadensersatzansprüchen gegen sie, grundsätzlich aber nicht zu ei-nem Wegfall der von ihr wahrgenommenen Rechte der Urheber führen.

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4. Die Klageforderung ist nicht durch die – hilfsweise erklärte – Aufrech-nung mit einem Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen Verletzung der Auskunftspflicht aus §10 UrhWG erloschen.

Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB Ersatz des hierdurch entste-henden Schadens verlangen. Auch die Verletzung einer Pflicht aus einem ge-setzlichen Schuldverhältnis kann danach einen Schadensersatzanspruch be-gründen (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 71. Aufl., § 280 Rn. 9). Die Verwertungs-gesellschaft ist nach § 10 UrhWG verpflichtet, jedermann auf schriftliches Ver-langen Auskunft darüber zu geben, ob sie Nutzungsrechte an einem bestimm-ten Werk oder bestimmte Einwilligungsrechte oder Vergütungsansprüche für einen Urheber oder Inhaber eines verwandten Schutzrechts wahrnimmt.

Das Berufungsgericht hat angenommen, ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Auskunftspflicht aus § 10 UrhWG scheide aus, weil die Beklagte nicht dargetan habe, dass ihr durch die objektiv unrichtige Auskunft der Klägerin ein Schaden entstanden sei. Die Beklagte habe nicht etwa be-hauptet, dass sie bei zutreffender Auskunft der Klägerin den Vertrag mit den Verlagen zu anderen finanziellen Konditionen oder gar nicht abgeschlossen hätte.

Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe bei seiner Be-urteilung das Vorbringen der Beklagten außer Acht gelassen, dass die zu-treffende Information über die GEMA-Pflichtigkeit des Spielfilms bei der Ver-tragsgestaltung mit den beiden Verlagen berücksichtigt worden sei. Der von der Revision als übergangen gerügte Vortrag der Beklagten lässt offen, inwieweit ein Hinweis auf die Wahrnehmung der Rechte durch die Klägerin die Gestal-

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tung der Sublizenzverträge mit den Zeitschriftenverlagen beeinflusst hätte und ob infolgedessen die Vermögenslage der Beklagten dann günstiger wäre, als sie es tatsächlich ist.

III. Danach ist die Revision gegen das Berufungsurteil auf Kosten der Beklagten (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen.

Bornkamm Pokrant Kirchhoff

Koch Löffler

Vorinstanzen:

LG München I, Entscheidung vom 26.05.2010 – 21 O 19436/09 –

OLG München, Entscheidung vom 14.07.2011 – 6 U 3495/10 –

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