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Werbung ausserhalb der Fachkreise zu plazieren, ohne abgemahnt zu werden, ist nicht einfach. In einem aktuellen Fall hatte der Hersteller eines Schmerzmittels in einer Anzeige damit geworben, dass „die moderne Medizin immer öfter auf das pflanzliche Arzneimitel Euminz“ setze (Die Anzeige findet sich in Urteil – bitte unten auf den Link klicken).

Ein solche Werbung verstosse allerdings, so der  BGH, gegen das  in § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG enthaltene Verbot, außerhalb der
Fachkreise damit zu werben, dass ein Arzneimittel ärztlicherseits fachlich empfohlen sei. Danach seien mit der modernen Medizin aucj Ärzte gemeint und , der Arzt ,,setze“ nach all gemeinem Sprachverständnis nur dann ,,auf“ ein bestimmtes Medikament, wenn er es bei der Behandlung auch einsetze.

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
I ZR 83/11                                                         Verkündet am:
18. Januar 2012
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:        ja
BGHZ:                 nein
BGHR:                   ja

Euminz

UWG § 4 Nr. 11; RL 2001/83/EG Art. 90 Buchst. f; HWG § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2

a) Eine fachliche Empfehlung im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG kann auch
dann vorliegen, wenn als Gewährspersonen für die Empfehlung alle Angehörigen
der mit der Behandlung der betreffenden Krankheit befassten Heilberufe (,,die mo-
derne Medizin“) benannt werden.

b) Die Bestimmung des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG ist eine Marktverhaltensrege-
lung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG.

BGH, Urteil vom 18. Januar 2012 – I ZR 83/11 – OLG Köln
LG Köln
-2-

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-
lung vom 18. Januar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandes-
gerichts Köln vom 1. April 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdever-
fahrens und der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte vertreibt das pflanzliche Arzneimittel Euminz®, bei dem es
1
sich um ein Pfefferminzöl zur Anwendung bei leichten und mittelschweren
Spannungskopfschmerzen handelt. Sie warb für dieses Mittel am 16. April 2010
in der Zeitschrift ,,Bild der Frau“ wie nachstehend wiedergegeben:

2         Der Kläger ist der Verband Sozialer Wettbewerb e.V. Er hat diese Wer-
bung – soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung – im Hinblick auf die in
der Anzeige enthaltene Aussage ,,Die moderne Medizin setzt daher immer öfter
auf das pflanzliche Arzneimittel Euminz® …“ mit der Begründung beanstandet,
es handele sich dabei um eine nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG in der Publi-
kumswerbung verbotene ärztliche Empfehlung.

3         Der Kläger hat insoweit beantragt,

die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurtei-
len, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, außerhalb der Fachkreise für
®
das Mittel ,,Euminz “ (mit der Aussage) zu werben
Die moderne Medizin setzt daher immer öfter auf das pflanzliche Arznei-
mittel Euminz …
wie nachstehend wiedergegeben (es folgt die oben wiedergegebene Anzeige).

4         Das Landgericht hat der Klage mit diesem Antrag stattgegeben (LG Köln,
MD 2011, 201). Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG
Köln, PharmR 2011, 329). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revi-
sion verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Der Kläger
beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

5         I. Das Berufungsgericht hat den vom Kläger hinsichtlich der streitgegen-
ständlichen Werbung geltend gemachten Unterlassungsantrag als unter dem
Gesichtspunkt des Rechtsbruchs (§§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 11 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 HWG) begründet angesehen und hierzu ausgeführt:

6         Das in § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG enthaltene Verbot, außerhalb der
Fachkreise damit zu werben, dass ein Arzneimittel ärztlicherseits fachlich emp-
fohlen sei, diene dem Schutz der Gesundheit der Verbraucher und stelle daher
eine Marktverhaltensregelung dar. Die beanstandete Aussage, die in einer an
das allgemeine Publikum gerichteten Werbeanzeige enthalten sei, verstoße
gegen dieses Verbot. Ebenso erfülle sie die Voraussetzungen des Art. 90
Buchst. f der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes
für Humanarzneimittel, wonach die Öffentlichkeitswerbung für ein Arzneimittel
keine Elemente enthalten dürfe, die sich auf eine Empfehlung von Wissen-
schaftlern, von im Gesundheitswesen tätigen Personen oder von Personen
bezögen, die aufgrund ihrer Bekanntheit zum Arzneimittelverbrauch anregen
könnten. Die Aussage stelle eine konkrete Empfehlung an das Laienpublikum
dar, das Produkt der Beklagten zu verwenden. Der Verbraucher werde sie da-
hin verstehen, dass die Ärzte, die die ,,moderne Medizin“ repräsentierten, das
Mittel zu therapeutischen Zwecken verwendeten. Die Aussage stelle sich auch
als eine ärztliche Empfehlung von Ärzten dar. Der Begriff der Empfehlung be-
sage zwar, dass zu einer konkreten Handlung geraten werden müsse. Er setze
aber nicht voraus, dass ausdrücklich eine Formulierung wie ,,Wir empfehlen
Ihnen …“ verwendet werde. Ebenso wenig müsse die Empfehlung von einer
bestimmten im Gesundheitswesen tätigen Person stammen.

7         Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus Erwägungsgrund 45 der
Richtlinie. Ihm sei zwar zu entnehmen, dass der Richtliniengeber mit der Rege-
lung in Art. 90 Buchst. f der Richtlinie 2001/83/EG übertriebene und unvernünf-
tige Auswirkungen von Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel habe bekämpfen
wollen, nicht aber, dass in ihr der die Empfehlung aussprechende Arzt individu-
alisiert sein müsse. Im Hinblick auf den anderenfalls nicht gewährleisteten
Schutz der Verbraucher gebiete auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
keine Reduzierung des Verbotsumfangs.

8          Die beanstandete Werbeaussage der Beklagten sei auch zur spürbaren
Beeinträchtigung der Interessen der Verbraucher geeignet, da die mit ihr ver-
letzte Bestimmung des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG dem Schutz der Gesund-
heit der Verbraucher diene.

9          II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die vom Kläger
beanstandete Aussage ,,Die moderne Medizin setzt immer öfter auf das pflanz-
liche Arzneimittel Euminz …“ auch bei richtlinienkonformer Auslegung des § 11
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG gegen das Verbot verstößt, für Arzneimittel außerhalb
der Fachkreise mit der Aussage zu werben, das Mittel werde ärztlich empfoh-
len. Mit Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass diese
Bestimmung eine dem Schutz der Gesundheit der Verbraucher dienende Markt-
verhaltensregelung darstellt, deren Verletzung zur spürbaren Beeinträchtigung
der Interessen der angesprochenen Verbraucher geeignet ist.

10         1. Die Revision weist allerdings mit Recht darauf hin, dass die Richtlinie
2001/83/EG zu einer grundsätzlich vollständigen Harmonisierung des Bereichs
der Werbung für und der Information über Humanarzneimittel geführt hat (vgl.
EuGH, Urteil vom 8. November 2007 – C-374/05, Slg. 2007, I-9517 = GRUR
2008, 267 Rn. 20 ff. = WRP 2008, 205 – Gintec; BGH, Urteil vom 29. April 2010
– I ZR 202/07,   GRUR     2010,    749     Rn. 31   =    WRP     2010,    1030
– Erinnerungswerbung im Internet, mwN). Das in § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG
geregelte Verbot gilt daher allein für Empfehlungen, nicht dagegen auch für
Prüfungen und Anwendungen (vgl. Nawroth/Sandrock, Festschrift für Doepner,
2008, S. 279, 281; Weidner/Karle, PharmR 2010, 391, 396).

11         2. Die Revision rügt ohne Erfolg, die in der beanstandeten Werbung ver-
wendete Formulierung ,,Die moderne Medizin setzt auf …“ sei entgegen der An-
sicht des Berufungsgerichts zu allgemein gehalten, um als eine Empfehlung im
Sinne eines Rates, etwas Konkretes zu tun oder zu unterlassen, verstanden zu
werden.

a) Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, der Arzt ,,setze“ nach all-
gemeinem Sprachverständnis nur dann ,,auf“ ein bestimmtes Medikament,
wenn er es bei der Behandlung auch einsetze. Die angesprochenen Verbrau-
cher nähmen daher an, dass die modernen Ärzte im Rahmen der Behandlung
ihrer Patienten bei den angeführten Symptomen zu Euminz rieten, also eine
entsprechende Empfehlung aussprächen. Diese Empfehlung sei auch nicht all-
gemein auf pflanzliche Arzneimittel bezogen, sondern nenne das Produkt
Euminz ausdrücklich, so dass die beanstandete Werbung die Verwendung die-
ses Präparats im Rahmen einer Selbsttherapie empfehle. Empfehlung sei jede
Handlung, aus der der Angesprochene erkenne, welcher konkrete Rat ihm er-
teilt werde. Der angesprochene Verbraucher werde in der beanstandeten For-
mulierung die Empfehlung erkennen, dass er das Mittel Euminz verwenden sol-
le; er werde die angegriffene Aussage um die Wörter ,,… weswegen das Mittel
zu empfehlen ist“ ergänzen. Ob die streitgegenständliche Aussage tatsächlich
als allgemeine gewerbliche Anpreisung aufgefasst werde, könne dahinstehen.
Nach dem klaren Wortlaut der Richtlinie 2001/83/EG und der Intention des
Richtliniengebers sei eine von einer im Gesundheitswesen tätigen Person her-
rührende Empfehlung ungeachtet des generell bestehenden Werberechts auch
dann unzulässig, wenn sie eine bloße gewerbliche Anpreisung enthalte.

13         b) Die Revision rügt vergeblich, der allgemein gehaltene Hinweis auf
wissenschaftliche Erkenntnisse könne nicht die Suggestivwirkung auslösen, der
das Verbot des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG entgegenwirken solle; er sei we-
niger mit der Inanspruchnahme einer fachlichen Autorität verbunden, sondern
stelle gerade den – hier aufgehobenen – Gegensatz zwischen vorrangig auf che-

misch-synthetischen Mitteln basierender ,,moderner Medizin“ und einem pflanz-
lichen Heilmittel in den Vordergrund.

14         aa) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Ergänzung der angegrif-
fenen Aussage um den Zusatz ,,… weswegen das Mittel zu empfehlen ist“ stellt
entgegen der Ansicht der Revision keine in der Werbeaussage nicht angelegte
und damit unzulässige Überinterpretation der beanstandeten Werbeaussage
dar. Sie trägt vielmehr dem Umstand Rechnung, dass ein Hinweis auf eine
fachliche Empfehlung auch in verdeckter, das heißt sinngemäßer oder auch un-
terschwelliger und damit für den angesprochenen Verkehr nicht ohne weiteres
erkennbarer Form erfolgen kann (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 1997
– I ZR 53/95, GRUR 1998, 498, 499 – Fachliche Empfehlung III; MünchKomm.
UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rn. 235; Fezer/Reinhart, UWG, 2. Aufl., § 4-S4
Rn. 545, jeweils mwN). In diesem Zusammenhang muss zwar insbesondere be-
rücksichtigt werden, dass die angegriffene Werbeanzeige nicht überinterpretiert
werden darf (vgl. Gröning, Heilmittelwerberecht, Stand August 1998, § 11 Nr. 2
HWG Rn. 9 und 13 bis 15; Doepner, HWG, 2. Aufl., § 11 Nr. 2 Rn. 15 f.; Münch-
Komm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rn. 235). Die vom Berufungsgericht vorge-
nommene Bewertung der Aussage ,,Die moderne Medizin setzt … immer öfter
…“ als Empfehlung lässt jedoch keine solche der Lebenserfahrung widerspre-
chende Überinterpretation erkennen.

15         bb) Die Revision rügt auch vergebens, das Berufungsgericht habe den
Einwand der Beklagten, bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sei
Werbung grundsätzlich erlaubt, in seinem Kern nicht erfasst und ihm daher kei-
ne Bedeutung beigemessen. Das Berufungsgericht hat mit Recht festgestellt,
dass eine Empfehlung von im Gesundheitswesen tätigen Personen nach dem
klaren Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG wie auch des Art. 90
Buchst. f der Richtlinie 2001/83/EG und der aus dem Erwägungsgrund 45 die-
ser Richtlinie erkennbaren Intention des Richtliniengebers auch dann unzuläs-
sig ist, wenn sie sich als bloße werbliche Anpreisung darstellt. Entscheidend ist,
dass die vom Kläger beanstandete werbliche Anpreisung von Euminz die kon-
krete Empfehlung enthält, es zur Behandlung von leichterem und mittelschwe-
rem Spannungskopfschmerz zu verwenden. Wie die in Art. 90 Buchst. f der
Richtlinie 2001/83/EG enthaltene Wendung ,,… die … zum Arzneimittelver-
brauch anregen können.“ zeigt, reicht es für die Bejahung einer Empfehlung im
Sinne des Art. 90 Buchst. f der Richtlinie 2001/83/EG wie auch des § 11 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 HWG aus, dass die in einer werblichen Anpreisung enthaltene
Aussage geeignet ist, bei ihren Adressaten eine den Arzneimittelverbrauch an-
regende Wirkung zu erzeugen. Dass die Werbeaussage, die moderne Medizin
setze zur Behandlung eines bestimmten Krankheitsbildes zunehmend auf ein
bestimmtes Mittel, dessen Verbrauch zu steigern vermag, liegt auf der Hand.

16         c) Die Beurteilung der beanstandeten Werbeaussage durch das Beru-
fungsgericht lässt entgegen der Auffassung der Revision auch den Zusammen-
hang nicht unberücksichtigt, in dem diese Aussage steht. Der Umstand, dass
das Mittel der Beklagten in der Werbeanzeige als ,,sehr gut verträgliche“ und
,,hochwirksame Alternative“ zu chemisch-synthetischen Schmerzmitteln be-
zeichnet wird, steht der Annahme einer Empfehlung in dem beschriebenen Sin-
ne nicht entgegen; diese Formulierungen verstärken vielmehr den Empfeh-
lungscharakter der Werbeaussage.

17         3. Die Revision rügt des Weiteren ohne Erfolg, das Berufungsgericht ha-
be verkannt, dass eine ärztliche Empfehlung im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 HWG bei einer an Art. 90 Buchst. f der Richtlinie 2001/83/EG orientierten
richtlinienkonformen Auslegung dieser Bestimmung voraussetze, dass der emp-
fehlende Personenkreis so weit individualisierbar sei, dass ihm vom Verkehr ei-
ne besondere subjektive Glaubwürdigkeit zuerkannt werden könne. Sie setzt
dabei voraus, dass konkrete Empfehlungen nur dann bestimmten besonders
glaubwürdigen Personen zugeordnet werden können, wenn es sich bei den
Empfehlenden um konkret benannte oder zumindest individualisierbare Perso-
nen oder Personenkreise handelt, die für den Verbraucher als Vertrauensträger
erkennbar sind. Diese Ansicht hat aber weder in § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG
noch im Recht der Europäischen Union wie insbesondere in Art. 90 Buchst. f
der Richtlinie 2001/83/EG eine Stütze. Nach der zuletzt genannten Bestimmung
darf die Öffentlichkeitswerbung für ein Arzneimittel keine Elemente enthalten,
die sich auf eine Empfehlung von Personen beziehen, die aufgrund ihrer Stel-
lung als Wissenschaftler oder als im Gesundheitswesen tätige Personen oder
aufgrund ihrer Bekanntheit zum Arzneimittelverbrauch anregen können. Eine
Anregung zum Arzneimittelverbrauch kann von einer Empfehlung unabhängig
davon ausgehen, ob als Gewährspersonen für die Empfehlung eine bestimmt
bezeichnete einzelne Person, eine individualisierbare Personengruppe oder
– wie im Streitfall – die Angehörigen der mit der Behandlung der betreffenden
Krankheit befassten Heilberufe benannt werden. Wäre Voraussetzung für ein
Eingreifen des Verbots stets die Individualisierbarkeit der die Empfehlung aus-
sprechenden Person bliebe unberücksichtigt, dass die Gefahr einer Selbst-
medikation gerade bei Empfehlungen besonders groß ist, die nicht nur von ein-
zelnen, sondern von vielen oder gar von allen im Gesundheitswesen tätigen
Personen ausgesprochen werden.

18         4. Der Bejahung eines Verstoßes gegen § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG
steht im Streitfall auch weder der Erwägungsgrund 45 der Richtlinie
2001/83/EG noch der unionsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ent-
gegen. Die Revision verweist insoweit vergeblich darauf, dass der Senat in der
Entscheidung ,,Festbetragsfestsetzung“ hervorgehoben hat, dass ein Verstoß
gegen § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG nur dann vorliegt, wenn dem Werbeverbot
im konkreten Fall ein höheres Gewicht zukommt als dem durch dieses Verbot
bewirkten Eingriff in die Meinungsfreiheit (BGH, Urteil vom 26. März 2009
– I ZR 213/06, BGHZ 180, 355 Rn. 26). Die Revision vernachlässigt dabei, dass
in jener Sache eine Werbung zu beurteilen war, bei der ein legitimes gesund-
heitspolitisches Anliegen im Vordergrund stand und die wirksame Ausübung
des Rechts auf freie Meinungsäußerung die Nennung des betroffenen Arznei-
mittels erforderte. Demgegenüber geht es im Streitfall allein um das wirtschaftli-
che Interesse der Beklagten, für die Anwendung ihres Mittels Euminz bei Span-
nungskopfschmerzen zu werben. Die Werbung mit der (sinngemäßen) Angabe,
das Mittel werde von Ärzten empfohlen, führt zumindest mittelbar zu der Ge-
fahr, dass Patienten bei Spannungskopfschmerzen einen erforderlichen Arztbe-
such unterlassen und zur Selbstmedikation übergehen. Bei diesen Gegebenhei-
ten ist es der Beklagten – zumal angesichts der ihr verbleibenden Vielzahl ande-
rer Werbemöglichkeiten – ohne weiteres zuzumuten, auf die beanstandete Wer-
bung mit angeblichen Empfehlungen der ,,modernen Medizin“ zu verzichten.

19          5. Nach den vorstehenden Ausführungen bestehen hinsichtlich der Aus-
legung der Richtlinie 2001/83/EG keine vernünftigen Zweifel. Dementsprechend
ist auch keine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union veranlasst
(vgl. EuGH, Urteil vom 11. September 2008 – C-428 bis 434/06, Slg. 2008,
I-6747 = EuZW 2008, 758 Rn. 42 – UGT-Rioja u.a., mwN).

20          6. Das Berufungsgericht hat die dem Schutz der Verbraucher dienende
Bestimmung des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG mit Recht und von der Revision
insoweit auch unbeanstandet als eine Marktverhaltensregelung im Sinne des
§ 4 Nr. 11 UWG angesehen, deren Verletzung geeignet ist, die Interessen der
betroffenen Verbraucher im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG spürbar zu beeinträchti-
gen.

21         III. Nach allem ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus
§ 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Bornkamm                           Pokrant                         Schaffert

Kirchhoff                          Koch

Der Link zur Entscheidung: I ZR 83-11 euminz