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Für den Praktiker im  Markenrecht, so das BPatG, mag es befremdlich sein, dass ein Wertpapierindex wie der DAX, Dow Jones, Nikkei usw. eine Unternehmensleistung bzw. ein Produkt, m. a. W. eine Ware oder Dienstleistung im Sinne des Markenrechts darstellen kann, für die eine Marke eintragbar ist. Indexkennzeichnungen seien jedoch auch Produktkennzeichnungen, für die markenrechtlicher Schutz möglich ist. Für sie  gelten die gleichen Grundsätze wie für andere Marken auch.

 

 

BUNDESPATENTGERICHT

33 W (pat) 502/10
_______________________

(Aktenzeichen)

BESCHLUSS

In der Beschwerdesache

betreffend die international registrierte Marke IR 935 945

hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 13. Dezember 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Bender, der Richterin Dr. Hoppe und des Richters Kätker

BPatG 152
08.05

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der
Markenstelle für Klasse 36 IR des Deutschen Patent- und Mar-
kenamts vom 5. Oktober 2009 aufgehoben.

Gründe

I.

Mit Datum vom 18. Mai 2007 ist die Wortmarke

SX5E

(u. a. für die Bundesrepublik Deutschland) für folgende Dienstleistungen interna-
tional registriert worden:

Klasse 35:     Calculs, enregistrement, rédaction, recueil et systématisation de
statistiques et indices concernant les transactions commerciales, les opérations
boursières, les valeurs, les taux d’intérêt, les prix, les cours des changes et autres
données économiques; systématisation et recueil d’informations et de données
dans une base de données informatique; services de traitement de données in-
formatiques en rapport avec des informations boursières et commerciales par or-
dinateur; recherche et information en matière d’affaires commerciales et d’affaires;
enregistrement d’informations commerciales; estimation en affaires commerciales;
études statistiques; consultation et information en rapport avec tous les services
précités; saisie et enregistrement d’informations et de données; recueil, systémati-
sation et fourniture d’informations et des données en rapport avec les entreprises
et l’économie, en particulier pour l’évaluation d’entreprise et l’analyse financière;
recueil et systématisation d’informations et de données financières en rapport
avec des entreprises et l’économie; recueil et systématisation de données dans
des banques de données; services d’une banque de données, à savoir recueil,
compilation et actualisation de données; fourniture d’informations concernant le
traitement d’informations assisté par ordinateurs; recueil et systématisation d’in-
formations et de données boursières et commerciales.

Klasse 36:    Assurances; affaires financières; services d’une bourse, services
d’une bourse électronique; service d’une banque, d’une chambre de compensation
et d’un agent en bourse et/ou agent financier; cotations en bourse; services finan-
ciers, à savoir création, développement et émission d’instruments financiers (no-
tamment valeurs, options, futures, contrats à terme); services concernant les affai-
res bancaires et financières; gestion de portefeuilles; services concernant les
transactions monétaires et financières; consultations professionnelles pour l’orga-
nisation et l’administration d’affaires bancaires et financières; détermination et cal-
culs des indices en rapport avec des transactions commerciales, des valeurs de
bourse et des contrats à terme, des devises, des intérêts et des facteurs économi-
ques; consultations financières en relation avec les services précités; fourniture
d’informations concernant les marchés boursiers et des autres marchés commer-
ciaux, les marchés monétaires et les taux de change, les dépôts, les valeurs et
d’autres informations financières; fourniture d’informations concernant les assu-
rances-vie, les estimations financières de placement de fortunes, les analyses fi-
nancières et d’autres évaluations financières; services d’informations sur les cré-
dits; services financiers dans le domaine de la recherche, du développement, de
la consultation et du contrôle en rapport avec des indices boursiers; définition,
maintenance et calculs d’indices d’actions; analyses informatiques d’informations
sur la bourse; mise à disposition (fourniture) d’informations et de données en rap-
port avec les bourses; mise à disposition (fourniture) d’information et de données
financières en rapport avec les entreprises et l’économie.

Klasse 41:   Education; enseignement; publications d’informations commerciales
et économiques, de valeurs vendus en bourse, des contrats terme et des facteurs
économiques; publication des chiffres indices, des textes (autres que des textes
publicitaires) et données, notamment des statistiques et des indices en rapport
avec les affaires boursières, des prix d’achat, des valeurs, des taux d’intérêts, des
prix, des cours de changes, des entreprises, des marchés et réalités de l’écono-
mie.

Nach einem Refus de Protection vom 20. März 2008 hat die Markenstelle für
Klasse 36 IR der Marke mit Beschluss vom 5. Oktober 2009 den Schutz für die
Bundesrepublik Deutschland nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 MarkenG i. V. m. §§ 107,
113 MarkenG, Art. 6 quinquies B Nr. 2 PVÜ verweigert. Bei der schutzsuchenden
Marke „SX5E“ handele es sich um die allgemein verwendete Kurzbezeichnung für
den „Eurostoxx 50“, einen Index, der die 50 landesgrößten Unternehmen im Euro-
Gebiet abbilde. Der angesprochene Verkehr, jedenfalls der Fachverkehr, werde
die Marke lediglich als allgemeine Kurzform für diesen Index ansehen und nicht
als Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb. Die mangelnde lexikalische
Belegbarkeit könne ebenso wenig zur Schutzbewilligung führen, wie der Umstand,
dass der Langform „EURO STOXX 50“ vor längerer Zeit Schutz gewährt worden
sei.

Die beanspruchten Dienstleistungen bezögen sich teilweise explizit auf Börsen,
Wertpapiere, Zinssätze und Wechselkurse bzw. könnten sich jedenfalls jeweils
konkret darauf beziehen. Sie könnten somit für und im Zusammenhang mit dem
SX5E angeboten und erbracht werden. Gleiches gelte für die weiter beanspruch-
ten Finanz-, Versicherungs-, Ausbildungsdienstleistungen und Publikationen.

Der Markeninhaberin könne nicht darin gefolgt werden, dass die Angabe „SX5E“
als Bezeichnung für einen Index, nicht aber beschreibend für Finanz- und Börsen-
dienstleistungen benutzt werde. Vielmehr könnten ein Index und die daraus er-
sichtlichen Daten Gegenstand der beanspruchten Bank-, Finanz- und Versiche-
rungsdienstleistungen sein. Aus dem Ergebnis ihrer Internetrecherche lasse sich
eine markenmäßige herkunftshinweisende Verwendung der Bezeichnung „SX5E“
jedenfalls nicht ableiten. Vielmehr müsse es dem Verkehr unbenommen bleiben,
die Angabe uneingeschränkt von Ausschließlichkeitsrechten Dritter frei verwenden
zu können.

Darüber hinaus fehle der Marke auch die Unterscheidungskraft. Sie werde vom
Verkehr, auch den Fachkreisen, in ihrem beschreibenden Sinn verstanden, ohne
dass er darin einen Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb sehe.
Die Schutzbewilligung für die Basismarke in der Schweiz sowie in Österreich
könnten zu keiner anderen Beurteilung führen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin.
Nach ihrer Auffassung ist die Marke unterscheidungskräftig und an ihr bestehe
kein Freihaltungsbedürfnis. Die Bezeichnung „SX5E“ werde in der Finanz- und
Börsenwelt als Symbol bzw. Synonym für den bekannten Börsenindex „EURO
STOXX 50“ bzw. „DOW JONES EURO STOXX 50“ verwendet, der 50 große bör-
sennotierte Unternehmen der Eurozone umfasse. Insoweit sei „SX5E“ keine Be-
schreibung von Finanz- und Börsendienstleistungen, sondern vielmehr der Her-
kunftshinweis auf den von der Markeninhaberin seit 1998 geführten Börsenindex.
Auch der Bundesgerichtshof und das Bundespatentgericht stuften derartige Kurz-
formen für Wertpapierindizes, wie „DAX“ für „Deutscher Aktienindex“ oder „Tec-
DAX“ für „Deutscher Aktienindex für Technologiewerte“, als schutzfähig ein, wie
die Entscheidungen BGH GRUR 2009, 1162 – DAX und BPatG GRUR 2006, 338
– DAX-Trail/DAX zeigten.

Wolle man hingegen die Namen von Börsenindizes als beschreibende Sachanga-
ben verstehen, so könnte jedermann (missbräuchlich) unter Bezeichnungen wie
zum Beispiel „DAX“ oder „SX5E“ nach selbstgestrickten eigenen Formeln Indizes
berechnen und publizieren. Weder Fachleute noch Durchschnittsverbraucher
könnten sich dann mehr auf die zu solchen Indizes veröffentlichten Daten verlas-
sen.

Die Marke verfüge auch über die notwendige Unterscheidungskraft. Für Buchsta-
benzeichen oder Buchstaben-/Zahlenkombinationen gelte derselbe großzügige
Maßstab wie für Wortmarken. Der Name eines Börsenindex beschreibe aber ge-
rade nicht die zur Erstellung des Index erforderlichen und mit ihm in Verbindung
stehenden Auswahl-, Rechen- und Finanzdienstleistungen, sondern sei eine ab-
strakte Bezeichnung. Dementsprechend sei die Marke „EURO STOXX 50“ auch
beim Harmonisierungsamt eingetragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist begründet.

Entgegen der Beurteilung der Markenstelle hält der Senat die schutzsuchende
Marke für hinreichend unterscheidungskräftig und nicht rein beschreibend. Abso-
lute Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG i. V. m. §§ 107,
113 MarkenG, Art. 6 quinquies B Nr. 2 PVÜ stehen der Schutzgewährung somit
nicht entgegen.

1.     Zunächst sind keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich,
die die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 Mar-
kenG, Art. 6 quinquies B Nr. 2 PVÜ rechtfertigen können. Danach sind Marken
von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen,
die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der
geografischen Herkunft, der Zeit der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Be-
zeichnung sonstiger Merkmale der Dienstleistungen dienen können.

Die schutzsuchende Marke „SX5E“ ist, wovon auch die Markenstelle insoweit rich-
tig ausgegangen ist, eine Kurzbezeichnung bzw. ein Kürzel für einen bestimmten
Wertpapierindex. Sowohl die in der Amtsakte befindliche Recherche der Marken-
stelle als auch die Senatsrecherche haben ergeben, dass die schutzsuchende
Buchstaben-Zahlenkombination „SX5E“ vielfach als Kürzel oder Symbol für den
„EURO STOXX 50“ bzw. „Dow Jones Euro Stoxx 50“ verwendet wird. Dabei han-
delt sich um den identischen Wertpapierindex, der in unterschiedlich ausführlichen
Bezeichnungen und Schreibweisen wiedergegeben wird. Daneben existieren ver-
schiedene Nebenindizes des EURO STOXX 50, für die aber andere Bezeichnun-
gen, Abkürzungen und Symbole verwendet werden (z. B. „STOXX EUROPE 50“
= „SX5P“; „DOW JONES EURO STOXX CHEMICALS EUR“ = „SX4E“).

Der EURO STOXX 50 ist ein bekannter Wertpapierindex, der die Aktien von 50
großen Unternehmen der Eurozone enthält (vgl. z. B. http://boersenlexi-
kon.faz.net/eurostoxx.htm). Er wurde 1998 von einem Joint Venture verschiedener
Börsenunternehmen geschaffen und wird seitdem (mit veränderter Gesellschafter-
zusammensetzung und in veränderter Rechtsform) von diesem Unternehmen be-
rechnet,   gepflegt   und    herausgegeben     (vgl.   z. B.   www.focus.de/finan-
zen/boerse/aktien …: „…Die Mütter des neu geschaffenen Index, die Deutsche
Börse, die Schweizer SWX, die Pariser Börse (heute Euronext Paris) und die US-
Wirtschaftsagentur Dow Jones mussten Händler u. Anleger erst von der
Notwendigkeit     einer     pan-europäischen       Messlatte      überzeugen. …“;
www.finanzen.net/index/Euro_Stoxx_50: … „Verantwortlich für die Aufnahme
neuer Werte und die Aktualisierung des Index ist Stoxx Ltd., ein Joint Venture der
Deutsche Börse AG, Dow Jones & Company und der Schweizer Börse SWX
Group.“). Beim EURO STOXX 50 handelt es sich also um einen bestimmten In-
dex, der von einem bestimmten Unternehmen erstellt und herausgegeben wird.

Sein Kürzel „SX5E“ findet sich häufig in der Berichterstattung über die jeweils ak-
tuellen Stände der wichtigsten Wertpapierindizes. Insbesondere Wirtschafts- und
Finanzinformationsdienste, wie etwa Bloomberg, verwenden es zur Abkürzung
bzw. als Symbol der ausgeschriebenen Bezeichnung(en) dieses Wertpapierindex.
Auch wird „SX5E“ vielfach in die Gesamtbezeichnung von Indexoptionsscheinen,
Zertifikaten oder anderen auf den Eurostoxx 50 bezogenen Wertpapieren aufge-
nommen. Dort findet sich das Kürzel zusammen mit der Bezeichnung des Emit-
tenten und neben weiteren Kenndaten des Wertpapiers, um den als Basis bzw.
Underlying zugrunde liegenden Aktienindex zu benennen (z. B. „SX5E Index Flo-
ater 2003/2008 auf EUSTOXX50“; „Commerzbank AG FLR-IHS SX5E Index v. 05
(2010); „WGZ BANK REL. EXP.Z16 SX5E“). In ähnlicher Weise wird auch bei Op-
tionsscheinen auf andere Indizes das Underlying angegeben (z. B.: „Deut. Bank
Call 12 DAX“; „FTSE 100 Put 5000 2013/06 (RBS)“). Eine andere mögliche Be-
deutung der schutzsuchenden Buchstaben-Zahlenkombination als die der Abkür-
zung des EURO STOXX 50-Index hat der Senat trotz intensiver Recherche
ebenso wenig auffinden können wie die Markenstelle. Daher ist davon auszuge-
hen, dass auch der von den beanspruchten Dienstleistungen angesprochene Ver-
kehr, zumeist Fachverkehrsteilnehmer im Bereich des Finanz- und Börsenwesens
und versierte Privatanleger, der schutzsuchenden Marke – wenn überhaupt – allein
diese Bedeutung zumessen.

Die Markenstelle hat daraufhin der Marke „SX5E“ den Schutz verweigert, gerade
weil es sich um die Kurzfom für den Wertpapierindex „EURO STOXX 50“ handele
und sich die beanspruchten Dienstleistungen auf dem Gebiet des Finanz- und
Börsenwesens konkret hierauf beziehen könnten, sie etwa für und im Zusammen-
hang mit dem SX5E angeboten und erbracht werden könnten. Dabei hat sich die
Markenstelle allerdings nicht mit dem von ihr offenbar durchaus erkannten Um-
stand auseinander gesetzt, dass es sich beim EURO STOXX 50 bzw. SX5E um
einen ganz bestimmten Wertpapierindex handelt, der auch nur von einem be-
stimmten Indexanbieter bzw. -herausgeber erstellt, berechnet und veröffentlicht
wird. Insbesondere bezeichnen weder die schutzsuchende Marke noch ihre aus-
geschriebene Fassung ein typisches Merkmal von Wertpapierindizes, wie dies
z. B. bei folgenden Bezeichnungen der Fall wäre: „repräsentativ“, „aussagekräftig“,
„aktuell“, „Leitindex“, „Perfomanceindex“, „Branchenindex“, „Marktbarometer“ usw.

a)   Soweit die Markenstelle dennoch von einer beschreibenden und im Übrigen
nicht unterscheidungskräftigen Marke ausgegangen ist, ist zu beachten, dass die
Bezeichnungen von Wertpapierindizes nicht per se beschreibende Angaben, son-
dern vielmehr grundsätzlich als Marke eintragbar sind. Zwar mag es auch für
Praktiker auf dem Gebiet des Markenrechts auf den ersten Blick eine befremdliche
Vorstellung sein, dass ein Wertpapierindex wie der DAX, Dow Jones, Nikkei usw.
eine Unternehmensleistung bzw. ein Produkt, m. a. W. eine Ware oder Dienst-
leistung im Sinne des Markenrechts darstellen kann, für die eine Marke eintragbar
ist. Dies dürfte darauf beruhen, dass die jeweiligen Indexstände auf der Basis des
täglichen Wertpapierhandels elektronisch errechnet und sodann (ähnlich wie
Wetterdaten) über die Tagesnachrichten bzw. Börseninformationsdienste jeder-
mann frei zugänglich gemacht werden, ohne dass breite Endverbraucherkreise
dabei die entgeltliche Erbringung einer Dienstleistung für Dritte zu erkennen ver-
mögen.

Der Senat ist dieser Vorstellung in der einen Widerspruchsfall betreffenden Ent-
scheidung BPatG GRUR 2006, 338 – DAX-Trail/DAX in Zusammenhang mit der
Erörterung der Kennzeichnungskraft der Marke „DAX“ jedoch ausdrücklich entge-
gengetreten (a. a. O., S. 340, li. Sp., 3. Abs. bis re. Sp., 3. Abs.).
Danach werden Aktenindizes, wie im dortigen Fall der DAX, mit durchaus erhebli-
chem Aufwand unter Erstellung eines Regelwerks, das eine möglichst repräsenta-
tive Zusammensetzung der Werte gewährleisten soll, erstellt, berechnet und ver-
öffentlicht, wobei insbesondere die Zusammensetzung des Index unter gelegentli-
chem Austausch einzelner Werte überwacht wird. Diese und weitere Leistungen
erbringen Indexanbieter insoweit entgeltlich, als sie den Index an Emissonshäuser
und Fondsgesellschaften lizenzieren (vgl. insbes. Büschgen: Das kleine Börsen-
Lexikon, 22. Aufl., S. 755, unter „Index (1)“: „Wertpapierindizes … haben sich
weiterentwickelt zu einem Produkt mit dem Geld verdient wird“).

Indexkennzeichnungen sind damit (auch) Produktkennzeichnungen, für die mar-
kenrechtlicher Schutz möglich ist. Für sie gelten die gleichen Grundsätze wie für
andere Marken auch. Daher kann eine angemeldete Indexkennzeichnung ver-
gleichsweise unproblematisch eintragbar sein, insbesondere wenn sie z. B. er-
kennbar aus den bürgerlichen Namen ihrer (ursprünglichen) Index-Betreiber, Ge-
sellschafter o. ä. gebildet sind (vgl. z. B. „Dow Jones“, „Standard & Poor´s“), ihnen
kann jedoch auch ein Eintragungshindernis i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 – 3 MarkenG
entgegenstehen (z. B. der isolierten Wortfolge „Der Natur-Aktien-Index“, vgl. der-
zeit anhängiges Vorabentscheidungsersuchen BPatG GRUR 2011, 524 – „NAI
– Der Natur-Akten-Index“).

Nachdem vorliegend weder der Senat noch die Markenstelle tatsächliche Anhalts-
punkte dafür aufgefunden haben, dass die schutzsuchende Buchstaben-Zahlen-
kombination „SX5E“ eine beschreibende Bezeichnung von Merkmalen eines
Wertpapierindex darstellt, muss das Schutzhindernis der beschreibenden Angabe
i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, Art. 6 quinquies B Nr. 2 PVÜ zunächst jedenfalls
für solche Dienstleistungen verneint werden, die der unmittelbaren Erstellung und
Verwertung eines Wertpapierindex selbst dienen, die also als Dienstleistungsbe-
zeichnungen das Produkt „Wertpapierindex“ repräsentieren (etwa: „Erstellung,
Berechnung, Pflege, Veröffentlichung, Lizenzierung eines Wertpapierindex“, hier
beansprucht      als:   Klasse 35: calculs,   enregistrement,   rédaction,   recueil   et
systématisation de … et indices concernant les transactions commerciales, les
operations boursières, les valeurs;           …; Klasse 36: „cotations en bourse;
…; détermination et calculs des indices en rapport avec des transactions
commerciales, des valeurs de bourse et des contrats à terme, des devises, des
interets et …“).

b)    Die schutzsuchende Marke stellt aber auch für die weiteren beanspruchten
Dienstleistungen keine Merkmalsbezeichnung dar, die als Börsen- und sonstige
Finanzdienstleistungen der Klasse 36 sowie als Daten-, Datenbank-, Statistik-,
Berechnungs-, Informations-, Verwaltungs-, Bildungs- und Veröffentlichungs-
dienstleistungen der Klassen 35 u. 41 auf einen Wertpapierindex, wie den Euro
Stoxx 50 bzw. SX5E, bezogen sein können. Die Markenstelle hat der Marke auch
– 11 –

für diese Dienstleistungen den Schutz sinngemäß gerade deshalb verweigert, weil
sie sich auf den SX5E bzw. EURO STOXX 50 beziehen könnten. Dem liegt offen-
bar die Erwägung zugrunde, dass die schutzsuchende Marke für diese Dienst-
leistungen dahingehend eine beschreibende Angabe darstellen könne, dass die
Börsen- und Finanzdienstleistungen unter Verwendung oder Verwertung des
SX5E erbracht werden (z. B. die Emission von Index-Optionsscheinen wird mit
„SX5E“ dahingehend „beschrieben“, dass der SX5E das Underlying bzw. den Ba-
siswert der Optionsscheine darstellt) oder dass etwa die Datenverwaltungs- und
Datenbankdienstleistungen der Klasse 35 der Berechnung des SX5E dienen, usw.

Diese Erwägung ist zwar insoweit zutreffend, als solche sich auf einen bestimmten
Wertpapierindex beziehenden Finanz-, Börsen-, Daten- (Datenverwaltungs-, Da-
tenbank-) u. Veröffentlichungsdienstleistungen mit der Indexbezeichnung näher
bezeichnet bzw. charakterisiert werden. Dabei wird das Kürzel „SX5E“ jedoch
nicht als Hinweis auf eine Indexart verwendet, also nicht als Merkmalsbezeich-
nung i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, sondern als Hinweis auf einen ganz spe-
ziellen, von einem bestimmten Unternehmen geschaffenen Index, der diesen
Dienstleistungen als Vor- oder Nebenprodukt zugrunde liegt. Ähnlich wie Gesamt-
kennzeichnungen wie etwa „Müller Mercedes-Reparaturen“, „Meier Teflon-
Pfanne“, „Becker Intel-Computer“ die Marken von Vor- oder Drittprodukten als Er-
läuterung mit enthalten, so wird die Index-Kurzbezeichnung „SX5E“ z. B. innerhalb
von Optionsscheinbezeichnungen (s. Beispiele oben) ebenfalls nur zur Bezeich-
nung des Vorprodukts verwendet, also des Index, der das Underlying des Opti-
onsscheins darstellt. Solchen Index-Optionsscheinen (Hauptprodukt), die von be-
stimmten Emissionshäusern, zumeist Banken, emittiert werden, liegt dann das
Index-Produkt eines anderen Produzenten (des Index-Herausgebers) zugrunde,
der dafür andere Dienstleistungen erbracht hat bzw. sie bis zum Ablaufdatum des
Optionscheins erbringen soll und der hierfür vorbehaltlich etwaiger rechtlicher
Schranken (vgl. dazu BGH GRUR 2009, 1162 – DAX) Lizenzgebühren erhält.

Auch soweit kein Vor- oder Nebenproduktverhältnis besteht, sondern bei be-
stimmten der beanspruchten Dienstleistungen vor allem eine „sachliche“ Bezug-
nahme auf den konkreten Index bestehen kann (z. B. Börsenberichterstattung, bei
der der „SX5E“ und sein jeweiliger Stand genannt wird), liegt allein deswegen
nicht schon eine Merkmalsangabe i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vor. Denn
auch über bzw. mit Produktkennzeichnungen kann berichtet werden, was bei Be-
richten über Unternehmen und/oder deren Produkte auch kaum anders möglich ist
(z. B. Berichterstattung über Tests eines Automobilmodells mit einem bestimmten
Produktnamen). Allein hierdurch werden Produktkennzeichnungen nicht zu be-
schreibenden Angaben, auch nicht für Berichterstattungs- und Veröffentlichungs-
dienstleistungen. Dies gilt jedenfalls solange, als sich die fragliche Bezeichnung
nicht in ein Freizeichen oder eine Gattungsangabe umwandelt (z. B. „Diesel“ für
Treibstoff, „Röntgen“ für medizinische Apparate), wofür hier aber keine Anhalts-
punkte bestehen.

2.    Nach Auffassung des Senats weist die angemeldete Marke auch die
erforderliche Unterscheidungskraft auf (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, Art. 6 quinquies
B Nr. 2 PVÜ).

Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung,
vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede
stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen
stammend kennzeichnet und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen
unterscheidet (EuGH GRUR Int. 2005, 135 (Nr. 29) – Maglite; EuGH GRUR 2004,
428 (Nr. 30 f.) – Henkel). Die Hauptfunktion der Marke besteht nämlich darin, die
Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu ge-
währleisten (EuGH GRUR 2005, 1042 (Nr. 23, 24) – Thomson LIFE; EuGH GRUR
2004, 943 (Nr. 23) – SAT.2; BGH GRUR 2008, 710 (Nr. 12) – VISAGE). Der
Verbraucher kann erwarten, dass die Herstellung der mit der Marke gekennzeich-
neten Ware oder Dienstleistung unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens
erfolgt ist.

Einer Kombination aus Buchstaben und Zahlen kommt zunächst die (abstrakte)
Eignung zu, auf die Herkunft der so gekennzeichneten Waren oder Dienstleistun-
gen aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb hinweisen zu können, zumal dies
selbst für einzelne Buchstaben oder Zahlen gelten würde (§ 3 Abs. 1 MarkenG,
vgl. zu Einzelbuchstaben und -zahlen: EuGH GRUR 2010, 378, Rn. 28
– Buchstabe alpha; GRUR 2011, 1035, Rn. 29 f. – Zahl 1000).
Vorliegend verfügt die schutzsuchenden Marke aber auch über die konkrete Eig-
nung zur betrieblichen Herkunftsunterscheidung i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG,
Art. 6 quinquies B Nr. 2 PVÜ. Wie bereits unter Ziff. 1. ausgeführt, hat der Senat
die schutzsuchende Marke ausschließlich als Kennzeichnung bzw. als Kurzform
der Kennzeichnung eines bestimmten Indexprodukts eines bestimmten Unter-
nehmens feststellen können. Zudem handelt es sich um einen der bekanntesten
und wichtigsten Indizes, dessen Stand auch in der überregionalen Tagespresse
(z. B. FAZ u. Süddeutsche Zeitung) börsentäglich veröffentlicht wird. Irgendeine
andere Bedeutung, die im Bereich der beanspruchten Dienstleistungen ein Ver-
ständnis als nicht auf dieses Indexprodukt hinweisende Sach- oder sonstige An-
gabe nahelegen könnte, haben weder der Senat noch die Markenstelle belegen
können.
Damit kommt der angemeldeten Kurzform auch selbst eine betriebsherkunftshin-
weisende Bedeutung zu, ähnlich wie dies bei Abkürzungen anderer Produktnamen
oder sonstiger betrieblicher Herkunftshinweise der Fall ist (vgl. etwa „LH“, „AB“,
„BA“ im Bereich der Fluggastbeförderung, „Win“ im Bereich der Software, „GM“
bei Automobilen, „Kawa“ bei Motorrädern, „SE“ bei Mobiltelefonen usw.). Dies gilt
besonders im Bereich der Wertpapierindizes, da die mitunter umständlich wirken-
den ausgeschriebenen Börsen- und Indexbezeichnungen in der Regel abgekürzt
werden (z. B.: „Dow Jones Industrial Average“ = „DJIA“; „National Association of
Securities Dealers Automated Quotations“ = „NASDAQ“) und häufig sogar (na-

hezu) ausschließlich mit den Kurzformen gearbeitet wird („FTSE“, „CAC 40“, „S&P
500“, „ATX“).

Bender                           Dr. Hoppe                              Kätker

Cl