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Was ist ein Bandübernahmevertrag – (Tape lease deal)

Bandübernahmevertrag (Tape lease deal)

Als Musiker, Mitglied der GEMA und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht informiere ich über die wichtigsten Verträge im Musikgeschäft, erkläre ich die Besonderheiten der Vertragstypen und erläutere,  was beim Abschluss und der Erstellung der jeweiligen Verträge, u.a. dem Bandübernahmevertrag (Tape lease deal), zu beachten ist.

Was ist ein Bandübernahmevertrag?

Anders als manchmal gedacht, handelt es sich nicht um einen Vertrag, mit dem eine Musikgruppe („Band“) von einem Label „übernommen“ wird. Das Wort „Band“ stammt aus der damals noch rein analogen Welt  und bezieht sich auf das das Master-Band, also der Aufnahme des Tracks.

Vertragstypen:

Vorab: die wichtigsten Verträge im Musikgeschäft sind der Künstlervertrag und der Bandübernahmevertrag. War der Künstlervertrag früher eher üblich, trat der Bandübernahmevertrag durch die zunehmende Digitalisierung und Demokratisierung der Produktionsmittel immer mehr in den Vordergrund. Viele Künstler und Produzenten verfügen über ein eigenes Studio,sei es in den eigenen vier Wänden (Homestudio) oder extern, alleine oder gemeinschaftlich mit Freunden und Bekannten. Hat man dies nicht, der Künstler/Produzent „in the box“ produzieren, einzig unter Verwendung eines Laptops, auf dem eine DAW wie Cubase, Logic oder Ableton und digitale Tonerzeuger installiert sind. Das Endergebnis, der produzierte Track, wird dann vom Produzenten/Künstler an das übermittelt und Rechte an den Aufnahmen an das Label lizensiert.

1. Bandübernahmevertrag (Tape lease deal) – Grundsätzliches

Immer häufiger werden statt Künstler(exklusiv)verträgen zwischen den beteiligten Akteuren eines Musik-Deals Bandübernahmeverträge geschlossen. Der Bandübernahmevertrag hat sich in vielen Bereichen für den Künstler/Produzenten als einfaches Mittel etabliert, eine eigene Produktion bei einem Label zu platzieren. Der Vorteil liegt auf beiden Seiten – das Label spart Produktionskosten, der Künstler/Produzent muss sich üblicherweise nicht langfristig binden und kann andere Produktionen parallel auf anderen Labels releasen. Tonträgerhersteller im Sinne von § 85 UrhG ist dabei nicht das Label, sondern die Person, die wirtschaftlich und organisatorisch für die Aufnahme gesorgt hat.  In der elektronischen Musik meist der/die Künstlerin oder Producer, der die Musik im eigenen Studio über die eigene DAW einspielt und diese damit das erste Mal auf einen Tonträger – z.B.  Festplatte, ein DAT Band oder die Cloud aufnimmt. Der Künstler/Produzent stellt somit die Produktion fertig, Das Label und „übernimmt“ das Band, um die Aufnahmen umfassend auszuwerten.

2. Übergabe der Vertragsaufnahmen

In den meisten Fällen sind die Aufnahmen bei Vertragsabschluss bereits fertiggestellt und werden dem Label in physischer oder nichtphysischen Verwertung übermittelt. Eigentümer des Masterbandes verbleibt in vielen Fällen der Künstler/Produzent. Dies ist nicht zu verwechseln mit den Rechten an den Vertragsaufnahmen – diese werden für eine bestimmte Zeitdauer eingeräumt. In anderen Fällen werden Termine für die Ablieferung der Vertragsaufnahmen vereinbart. In diesem Fall riskiert der Künstler/Produzent die Ablehnung der Aufnahmen als entweder technisch nicht genügend oder nicht den künsterlischen Anfordernungen des Labels entsprechend. Grundsätzlich sollte man keine Verträge über noch unbekanntes Material schließen. Geschieht dies doch, sollte eine Klausel aufgenommen werden, dass besagt, dass der Stil des Künstlers bekannt ist und eine Ablehnung der Aufnahmen nicht auf ein Missfallen des Tracks selber beruhen darf.

3. wirtschaftliches Risiko beim Bandübernahmevertrag

In vielen Fällen liegt das wirtschaftliche Risiko beim Künstler, der die Aufnahmen produziert und finanziert hat. Produktionsvorschüsse sind eher die Ausnahme, aber verhandelbar.  Da die Produktionskosten beim Künstler/Produzenten liegen, erhalten diese meist höhere Umsatzbeteiligungen als in Künstlerverträgen, bei denen das Label die Produktionskosten und damit das wirtschaftliche Risiko trägt.

4. Übertragung von Rechten

Gegenstand des Vertrages ist das exklusive Recht, die von dem Produzenten mit Darbietungen des Künstlers (…..) hergestellten Vertragsaufnahmen (Titelliste/Anlage) (umfassend) auszuwerten.“

Der Künstler/Produzent räumt üblicherweise dem Label exklusive Rechte an dem überlassenen Material ein. Die exklusiven Rechte sollen es dem Label ermöglichen, die Vertragsaufnahmen während der Laufzeit des Vertrages umfassend auszuwerten bzw. auswerten zu lassen. Um dies sicherzustellen, regeln Bandübernahme die Rechteübertragung das Auswertungsgebiet, den Auswertungszeitrum und die Art der Auswertungsrechte. Diese Regelungen beschreiben, welche Rechte für welche Zwecke eingeräumt werden, wie lange dies Einräumung erfolgt und für welche Territorien. Die Regelungen sollten so präzise wie möglich getroffen werden, um spätere Auseinandersetzungen über die Auslegung des Vertrages zu vermeiden.

5. Auswertungsrechte

Während früher die physische Auswertung der Aufnahmen im Vordergrund stand, stellt heute nicht nichtphysische Auswertung einen immer wichtiger werdenden wirtschaftlichen Faktor dar. Um die Auswertung zu gewährleisten, werden Rechte, u.a. das Tonträgerrecht übertragen. Das Tonträgerrecht ist das Recht, die Aufnahmen ganz und/ oder in Teilen und/oder analogen, digitalen und/oder sonstigen Tonträgern herzustellen, zu vervielfältigen zu verbreiten etc.. Der Künstler/Produzent, auch der Tonträgerhersteller im Sinne von § 85 UrhG ist (dazu unten mehr). Überträgt in dem Vertrag seine Rechte und die anderer Mitwirkender (Studiomusiker, Sänger) an der Produktion auf das Label.

a. Physische (körperliche) Auswertung:

In dem Bandübernahmevertrag überträgt der Künstler dem Label u.a. das ausschließliche (exklusive) Recht, die vertragsgegenständlichen Master umfassend physisch auszuwerten. Hierbei sollten die Beteiligten sich nicht mit allgemeinen Angaben zufrieden stellen, sondern die Auswertungen so präzise wie möglich beschreiben. Dies liegt nicht nur im Interesse der Vermeidung von Auslegungsfragen. So macht es wenig Sinn, einem Label, dass lediglich CDs oder Blue-Rays veröffentlichen will, auch die Rechte für Vinyl oder MusiCasetten zu übertragen. Die physische Auswertung kann auf analogen und digitalen Tonträgern aller Art erfolgen. Hierzu gehören optische Medien (CD, MiniDisc, DVD-A, Blu-Ray-Disc, HD-DVD, HVD, etc.), elektronische (Flash- oder SD-Card, USB-Stick etc.), magnetische (z. B. Videokassetten, Festplatten etc.) und sonstige Speichermedien (z. B. Schallplatte, Schallfolie etc.).

b. Nichtphysische Auswertung

Die nichtphysische Auswertung betrifft die „Online-Rechte“, d.h. die Verwertung der Aufnahmen zum Download, auf Streaming Portalen etc. Auch hier sollten die eingeräumten Rechte so präzise wie möglich beschrieben werden. Hierbei stehen das Senderecht und das Recht der öffentliche Zugänglichmachung im Vordergrund. Hilfreich ist es, wenn die Arten der verwendeten Dienste und Nutzungsarten zu definieren und zu beschreiben. Hierbei können Beispiele die Auslegung in Streitfällen erleichtern.

c. Sonstige Rechte

Weiterer Rechte, die eingeräumt werden sollten bzw. eingeräumt werden können, sind das Filmherstellungsrecht, das Titelverwendungsrecht, das Bearbeitungsrecht, das Merchandise-Recht, Rechte an Fotos, Namensrechte etc. Diese Nebenrechte sind aufgrund des Rückgangs von Tonträgerverkäufen von erheblichem wirtschaftliche Interesse. Daher sind für Labels Merchandise, Sponsoring, Touring und Booking-Deals wichtige Einnahmequellen. In einem Bandübernahmevertrag finden sich hierzu Regelungen, die den Umfang generell beschreiben und auf einem Rechtekatalog verweisen:

„An den Vertragsaufnahmen räumt Produzent dem Label die ausschließlichen und übertragbare Rechte in jeder beliebigen Art und Weise und technischen Ausführung, Konfiguration und Anordnung zur umfassenden weltweiten Auswertung ein. Insbesondere werden folgende Rechte und Befugnisse eingeräumt:“..“

II. Auswertungsgebiet

Während Labels oftmals weltweite Rechte erwerben wollen, kann der Künstler durchaus ein Interesse haben, die Aufnahmen nur geographisch beschränkt zu vergeben. Im Hinblick auf die weltweite Verwertung digitaler Aufnahmen sind lokale Beschränkungen wohl eher die Ausnahme und eher im Bereich physischer Auswertung zu finden. Dies ist zuletzt auch den weltweit auftretenden Streamingdiensten geschuldet. Eine Beschränkung auf einzelne Wirtschaftsräume ist eher bei kleinen Labels möglich. Bei der Einräumung von Auswertungsgebieten ist dringend darauf zu achten, dass der Künstler/Produzent selber ausreichende Rechte von den Mitwirkenden eingeräumt bekommen hat.

III. Auswertungszeit

Bandübernahmeverträge beinhalten zwei zeitliche Regelungen: zum einen, die Dauer des Vertrages, zum anderen die Dauer der Auswertung der Aufnahmen. Während die Vertragsdauer meist wenige Jahre beträgt, findet sich oftmals für die Auswertungsdauer eine Regelung, die die Rechte für die Dauer der gesetzlichen Schutzfrist überträgt. Diese Frist endet üblicherweise erst 50 Jahre nach dem Erscheinen des Tonträgers. Werden weitere Rechte übertragen, kann bei diesen die gesetzliche Schutzfrist länger sein. Ist die Auswertungsdauer „zeitlich unbeschränkt“, dann gilt die gesetzliche Schutzfrist.

Während die Laufzeit von Bandübernahmeverträgen oftmals nur wenige Jahre beträgt, dauert die Auswertungsdauer weit länger. Eine Auswertungsdauer von unter zehn Jahren ist dagegen für ein Label, sofern Investitionen erfolgt sind, wenig interessant. Aber auch hier kommt es auf den Einzelfall an. So sind im Bereich der elektronischen Tanzmusik allenfalls geringe Marketingkosten und Vorschüsse (wenn überhaupt) üblich, was auch an der unübersichtlichen Menge von Releases liegt. Hier können auch kürzere Auswertungsdauer vereinbart werden. III. Exklusivität Üblich bei Bandübernahmeverträge ist die sogenannte Titelexklusivität- d.h., dass die Aufnahmen während der Laufzeit des Vertrages nicht neu aufgenommen werden dürfen. Da die Auswertungsdauer über die Vertragsdauer hinausgeht, wird eine Sperrfrist vereinbart, die über das Vertragsende hinausgeht. So endet die Titelexklusivität im Fall von Universal/Voice of Germany sieben Jahre nach Vertragsende. Da die Werke üblicherweise dauerhaft in nicht körperlicher Form verwertet werden, sind Klauseln, wonach die Titelexklusivität endet, wenn die Titel nicht mehr im Katalog des Labels geführt werden, selten. (to be continued)