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BVerfG Urteil vom 25.01.1984 1 BvR 272/81 Wallraff I

BVerfG: Wallraff I
BVerfG, Urteil v. 25.01.1984, Az. 1 BvR 272/81, Link: http://tlmd.in/u/181
Leitsätze des Gerichts
1. Das Grundrecht der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) gewährleistet auch die Vertraulichkeit der Arbeit von Zeitungsredaktionen und Zeitschriftenredaktionen. Die Tragweite dieses Schutzes im konkreten Fall ergibt sich allerdings erst, wenn die Schranken des Grundrechts berücksichtigt werden.

2. a) Die Veröffentlichung rechtswidrig beschaffter oder erlangter Informationen wird vom Schutz der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) umfaßt. Auch insoweit kommt es jedoch auf die Schranken des Grundrechts an.

b) In Fällen, in denen der Publizierende sich die Informationen widerrechtlich durch Täuschung in der Absicht verschafft hat, sie gegen den Getäuschten zu verwerten, hat die Veröffentlichung grundsätzlich zu unterbleiben. Eine Ausnahme gilt nur, wenn die Bedeutung der Informationen für die Unterrichtung der Öffentlichkeit und für die öffentliche Meinungsbildung einseitig die Nachteile überwiegt, welche der Rechtsbruch für den Betroffenen und für die Rechtsordnung nach sich ziehen.

3. Zur Bedeutung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) für die Beurteilung herabsetzender Äußerungen im öffentlichen Meinungskampf.

Zur Fundstelle in der Entscheidungssammlung: BVerfGE 66, 116
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

Im Namen des Volkes

Urteil

Aktenzeichen: 1 BvR 272/81

Verkündet am: 25.01.1984

 

in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde der Axel Springer Verlag AG, …

Entscheidungsformel:

Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. Januar 1981 – VI ZR 162/79 – verletzt, soweit die Klage der Beschwerdeführerin auf Unterlassung der Publikation der Schilderung einer Redaktionskonferenz (Klagantrag 1) abgewiesen worden ist, die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Insoweit wird es aufgehoben. Die Sache wird an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen.
Die Bundesrepublik Deutschland hat der Beschwerdeführerin die Hälfte der notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe:

A.

Die Verfassungsbeschwerde betrifft im wesentlichen die Frage, ob eine zivilgerichtliche Entscheidung mit dem Grundrecht der Pressefreiheit vereinbar ist, die es für Rechtens hält, daß Informationen aus dem redaktionellen Bereich eines Presseorgans veröffentlicht werden, welche der Publizierende sich unter Täuschung über seine Identität und seine Absichten verschafft hat.

I.

1. Die Beschwerdeführerin und Klägerin des Ausgangsverfahrens betreibt ein umfangreiches Verlagsgeschäft in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft. Sie verlegt unter anderem die „Bild“- Zeitung. Der Zweitbeklagte des Ausgangsverfahrens, der Schriftsteller Günter Wallraff, ist der Autor eines im Jahre 1977 bei der Erstbeklagten erschienenen Buches mit dem Titel „Der Aufmacher – Der Mann, der bei ‚Bild‘ Hans Esser war“, in dem er sich kritisch mit den journalistischen Methoden, der redaktionellen Arbeit und den Inhalten der „Bild“-Zeitung auseinandersetzt. Um sich Informationen für die geplante Veröffentlichung zu verschaffen, ließ sich der Zweitbeklagte nach Veränderung seines äußeren Erscheinungsbildes unter dem Decknamen „Hans Esser“ von der Beschwerdeführerin als freier Mitarbeiter anstellen. In der Zeit von März bis Juli 1977 arbeitete er als Journalist in der Redaktion der „Bild“-Zeitung in Hannover.

In der Vorbemerkung zu dem Buch heißt es: „Doch wurde nichts erfunden oder hinzugedichtet. Äußerungen und Dialoge habe ich teils direkt mitgeschrieben, teils nach Redaktionsschluß in Gedächtnisprotokollen festgehalten. Sie erscheinen im Buch zumeist in wörtlicher Rede, auch wenn sie nicht immer wortwörtlich sind, um ihren exemplarischen Charakter unmittelbar zu veranschaulichen.“

2. a) Die Beschwerdeführerin wehrte sich mit zahlreichen Verbotsanträgen gegen verschiedene Textstellen des Buches. Im Ausgangsverfahren begehrte sie die Unterlassung der Publikation mehrerer Passagen:

Der Klagantrag 1) betrifft die auf den Seiten 24 bis 26 enthaltene Schilderung von Inhalt und Ablauf einer Redaktionskonferenz, auf der in alltäglicher Weise und ohne Erwähnung von Informationsquellen Themen für die nächste Ausgabe durchgesprochen wurden; die Äußerungen der Teilnehmer sind in wörtlicher Rede wiedergegeben.

Der Klagantrag 2) richtet sich gegen den Bericht über eine Reportage, die der Zweitbeklagte im Auftrag des Chefreporters über Jugendliche machen sollte, die sich in Flipperhallen aufhalten. Nachdem er telefonisch mitgeteilt hatte, daß er lediglich arbeitslose Jugendliche angetroffen habe, die sich wiederholt vergeblich um eine Stelle beworben hätten, wird auf S. 73 des Buches die Antwort des Chefreporters wie folgt wörtlich zitiert: „Lassen Sie mal,…, kommen Sie zurück, machen Sie bloß kein soziales Thema draus! Ich hab ein bezauberndes Thema für Sie: Wir haben da Material aus Stuttgart. Sie müssen es einhannoveranern. Suchen Sie jetzt mal in der Stadt einen der schönsten Gartenzwerge. Der Gartenzwerg feiert gerade hundertjährigen Geburtstag, ich geb Ihnen Adressen von ein paar Gartenbedarfsgeschäften, lassen Sie ein Foto machen und kommen Sie dann her.“

Gegenstand des Klagantrags 3) ist die auf S. 75 abgebildete Manuskriptseite eines vom Zweitbeklagten gefertigten Berichts über die erwähnten Spielhallen einschließlich der von dem Chefreporter in der Redaktion angebrachten handschriftlichen Änderungen. Die Bildunterschrift lautet: „Ich liefere das Spielhallen- Manuskript ab. Eigenhändig fälscht Sigi Trikoleit und dichtet Zitate hinein.“

Der Klagantrag 4 a) bezieht sich auf die S. 91 f., wo der Zweitbeklagte behauptet, für die Behandlung „politischer Themen“ sei fast ausschließlich ein bestimmter Redakteur zuständig. „Entsprechend werden sie abgehandelt. CDU-Hauspostille, Gewerkschaften, Betriebsräte, Arbeitskonflikte, derartige Themen kommen während meiner viermonatigen Tätigkeit bei Bild nicht vor. Fast nur bei Streiks wird so was ‚Abwegiges‘ zum Thema. Und dann kann man sich darauf verlassen: Die Unternehmer haben recht!“

Der Klagantrag 4 b) betrifft die Ausführungen des Zweitbeklagten auf S. 126 des Buches. Danach müsse die „Bild“-Zeitung „rechte Politik auch an den SPD-Wähler, an Arbeiter und Angestellte bringen“. Politik müsse daher indirekt gemacht werden, „über Emotionen und Vorurteile: Aufputschen gegen Minderheiten, Schüren von Haß und Angst – am besten anhand unpolitisch scheinender Objekte (Triebtäter, Gastarbeiter): Das bringt die Stimmung, die sich zum kollektiven Schrei nach Todesstrafe, Rübe ab, Draufschlagen verdichten läßt. Strauß und Dregger sind bloß die Fettaugen auf der Suppe des gesunden Volksempfindens. Die Küche, in der sie angerührt wird, ist die „Bild“- Zeitung.“

b) Das Landgericht gab der Klage in vollem Umfang statt. Auf die Berufung der Beklagten wies das Oberlandesgericht durch Teilurteil die Klaganträge 2) und 4 b) ab; dagegen bestätigte es die Verurteilung der Beklagten nach den Klaganträgen 1) und 3). Über den Antrag 4 a) entschied es nicht, weil die Sache insoweit noch nicht entscheidungsreif sei.

c) Der Bundesgerichtshof hat die Anschlußrevision der Beschwerdeführerin zurückgewiesen; auf die Revision der Beklagten hat er die angefochtenen Entscheidungen aufgehoben, soweit in ihnen den Klaganträgen stattgegeben worden war, und insoweit die Klage abgewiesen (BGHZ 80, 25). Seine Entscheidung beruht im wesentlichen auf folgenden Erwägungen:

aa) Die Frage, ob und inwieweit die Beschwerdeführerin die im Klagantrag 1) beanstandete Textstelle verbieten könne, lasse sich nur aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung auf der Grundlage der konkreten Umstände des Streitfalles beantworten, wobei vor allem die Wertentscheidung des Grundgesetzes zugunsten der Meinungsfreiheit berücksichtigt werden müsse. Dies gelte sowohl für die deliktischen Ansprüche aus § 823 Abs. 1 und § 826 BGB als auch für die besonders bedeutsamen Vertragsansprüche der Beschwerdeführerin.

Auf seiten der Beschwerdeführerin sei insbesondere ihr Interesse betroffen, ihre innerbetriebliche Sphäre vor der Öffentlichkeit geheimzuhalten und dadurch ihren Redaktionen den für deren Arbeit notwendigen Bereich der Vertraulichkeit zu sichern. Ein Mindestmaß an Vertraulichkeitsschutz gehöre zu den Grundlagen nicht nur jedes Arbeitsverhältnisses, sondern jeder unternehmerischen Betätigung. Das gelte insbesondere für die redaktionelle Arbeit einer Zeitung, die zum Schutze ihrer Informanten auf Vertraulichkeit besonders angewiesen sei. Der Tätigkeits- und Entscheidungsbereich einer Redaktionskonferenz sei indessen den Einblicken der Öffentlichkeit nicht schlechthin entzogen. Die Tätigkeit der Presse sei immer „öffentliche Angelegenheit“. Etwas anderes folge für die Presse auch nicht aus der verfassungsrechtlichen Garantie der Pressefreiheit. Sie sei nicht schlechthin vor jeder Aufdeckung der Entscheidungsvorgänge innerhalb der Redaktion und ihrer kritischen Erörterung geschützt. Deshalb könne ein Zeitungsverlag die Pressefreiheit nicht dafür in Anspruch nehmen, den redaktionellen Arbeitsbereich unter Berufung auf das Redaktionsgeheimnis von vornherein einer öffentlichen Diskussion und Kritik zu entziehen. Das Interesse der Zeitung, ihre Redaktionen vor Einblicken Außenstehender Abzuschirmen, müsse daher zurücktreten, wenn sich – wie hier – die internen Informationen auf das Strukturelle und das Klima der Arbeits- und Entscheidungsvorgänge beschränkten, um beanstandungswürdige Methoden und Haltungen bei Auswahl und Bearbeitung der Informationen sichtbar zu machen. Belastungen der redaktionellen Arbeit durch den kontrollierenden Einfluß der Öffentlichkeit beschränkten nicht die Pressefreiheit, sondern dienten ihr.

Die Schilderung der Redaktionskonferenz solle gewichtige Mißstände aufdecken: Die Einstellung der Journalisten zu ihrer Arbeit, ihr Verhältnis zur Leserschaft und die Arbeitsbedingungen in der Redaktion seien selbst bei einer eher am Sensationsbedürfnis als am Informationsinteresse ausgerichteten Boulevardzeitung mit den Aufgaben der Presse schwerlich in Einklang zu bringen und verdienten die besondere Beachtung der Öffentlichkeit. Zwar sei die Veröffentlichung zahlreicher in dem Buch enthaltener Behauptungen verboten worden. Aber auch wenn man die von der Beschwerdeführerin beanstandeten Textstellen nicht berücksichtige, werde die Kritik des Zweitbeklagten von wesentlichen Sachverhalten getragen. Die öffentliche Relevanz der in seiner Veröffentlichung aufgezeigten Mißstände rechtfertige die Schilderung der Redaktionssitzung. Die Öffentlichkeit habe nicht nur ein schutzwürdiges Interesse an der Aufdeckung besonders gravierender Rechtsverstöße, sondern auch an der von Fehlentwicklungen eines Journalismus, der noch Formen des Rechts in Anspruch nehmen möge, aber die Aufgabe der Presse und ihre Verantwortung aus dem Auge verloren habe. Das öffentliche Interesse ergebe sich des weiteren aus dem großen Verbreitungskreis der „Bild“-Zeitung.

Soweit es dem Kritiker um die Aufdeckung von Mißständen gehe, sei es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts zulässig, aus – isoliert betrachtet – trivialen Einzelbeschreibungen der Alltagsarbeit der Redaktion ein Gesamtbild zusammenzusetzen. Der Zweitbeklagte sei auch nicht gehalten gewesen, zur Schonung der Beschwerdeführerin nach anderen Darstellungsformen für seine Kritik zu suchen. Bei einer zulässigen Kritik unterlägen Inhalt und Form der Darstellung keinen Beschränkungen. Art. 5 Abs. 1 GG verbiete es, den Kritiker hierbei auf das unabdingbar Notwendige zu verweisen.

An der Zulässigkeit der Veröffentlichung ändere auch die Art der Beschaffung der Informationen durch den Zweitbeklagten nichts. Allerdings sei bei der Beurteilung, in welchem Umfang die Veröffentlichung vertraulicher Informationen das Grundrecht der Pressefreiheit für sich in Anspruch nehmen könne, auch darauf zu sehen, wie sich der Kritiker die Information verschafft habe. Meinungsfreiheit gewähre Art. 5 GG nur in den Schranken der allgemeinen Gesetze. Die Mißbilligung von Art und Weise, in der eine vertrauliche Information beschafft worden sei, könne ihrer Veröffentlichung entgegenstehen. Das Berufungsgericht habe das Verhalten des Zweitbeklagten zu Recht als unzulässiges Einschleichen in das Unternehmen der Beschwerdeführerin gewürdigt. Indessen ziehe ein illegales Vorgehen bei der Informationsbeschaffung dann kein Verwertungsverbot für die auf diese Weise erlangten Informationen nach sich, wenn und soweit diese – wie hier – dazu eingesetzt würden, Mißstände aufzudecken, deren Offenlegung für die Allgemeinheit von besonderem Interesse sei. Die nachteiligen Wirkungen einer derartigen Veröffentlichung seien hinzunehmen, wenn Ernsthaftigkeit und Bedeutung des Anliegens, das der Kritiker mit seinem Beitrag verfolge, die für das Presseorgan entstehenden Nachteile überwögen. Von einem solchen, die schutzwürdigen Belange der Klägerin deutlich übersteigenden öffentlichen Wert der mitgeteilten Informationen sei hier auszugehen, da sie der Aufdeckung gewichtiger Mißstände in der Öffentlichkeitsarbeit der „Bild“-Zeitung dienten.

bb) Auch mit ihrem Klagantrag 3) könne die Beschwerdeführerin keinen Erfolg haben. Der Abdruck der Manuskriptseite (S. 75) könne entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht verboten werden, da er im Zusammenhang mit der Kritik an der mißbräuchlichen Einflußnahme der „Bild“-Zeitung auf die Bildung der öffentlichen Meinung erfolgt sei. Die Tatsache, daß und inwieweit der Beitrag eines Mitarbeiters der Redaktion durch den Chefreporter abgelehnt worden sei, zähle nicht zu den grundsätzlich geheimzuhaltenden Betriebs- oder Geschäftsinhalten. Der Abdruck der Manuskriptseite diene ebenfalls der Aufdeckung von Mißständen, an denen ein besonderes Interesse bestehe. Die durch den Abdruck kenntlich gemachten Zusätze des Chefreporters enthielten nicht nur stilistische Korrekturen, sondern inhaltliche Ergänzungen, die, wenn ihnen kein entsprechendes Informationsmaterial zugrunde gelegen habe, zu den „erfundenen Geschichten“ gehörten, die der Zweitbeklagte der „Bild“-Zeitung als Form der Nachrichtenmanipulation zum Vorwurf mache.

cc) Soweit sich die Beschwerdeführerin gegen die Abweisung des Klagantrags 2) durch das Berufungsgericht wehre, bleibe ihre Revision im Ergebnis ohne Erfolg. Das Berufungsgericht habe die beanstandete Wiedergabe der Äußerung des Chefreporters (S. 73) zu Recht als zulässig angesehen. Sie zähle zu dem Tatsachenmaterial, mit dem der Zweitbeklagte belegen wolle, daß die Redaktion soziale Themen unterdrücke. Auch dieser Themenkreis sei sachlich dem berechtigten Anliegen der Veröffentlichung zuzurechnen, so daß die Wiedergabe des Zitats zulässig sei. Zu Recht habe das Berufungsgericht auch die Befugnis der Beschwerdeführerin verneint, im Wege der gewillkürten Prozeßstandschaft Unterlassungsansprüche ihres Chefreporters geltend zu machen.

dd) Die von der Beschwerdeführerin in dem Klagantrag 4 b) beanstandete Textpassage (S. 126) stelle für einen unbefangenen Durchschnittsleser eine Zusammenfassung der Erfahrungen des Autors mit dem Inhalt der „Bild“-Zeitung in Form einer Gesamtbeurteilung ihrer Tendenz und Wirkung auf den Leser dar. Eine derartige wertende Stellungnahme könne dem Zweitbeklagten nicht verboten werden. Die „Bild“-Zeitung fordere nach Aufmachung, Themenwahl und -behandlung zur Polarisierung der Standpunkte heraus. In Anbetracht der Bedeutung dieser Zeitung für die Meinungsbildung müsse sie eine engagierte Ablehnung hinnehmen, die sich auch der Überzeichnung bedienen dürfe. Vom Standpunkt eines engagierten Kritikers aus stelle die streitige Äußerung keine jeder sachlichen Grundlage entbehrende Schmähkritik dar.

II.

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen das Urteil des Bundesgerichtshofs und das Teilurteil des Oberlandesgerichts, soweit in diesem ihre Klage abgewiesen worden ist.

1. a) Durch die Abweisung des Klagantrags 1) sei insbesondere ihr Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt. Der Bundesgerichtshof betone zwar bei seiner Güterabwägung die Bedeutung des Grundrechts der Meinungsfreiheit auf Seiten der Beklagten, berücksichtige hingegen nicht in gleicher Weise die Grundrechte, insbesondere die Pressefreiheit auf Seiten der Beschwerdeführerin. Auf deren Seite seien lediglich die zivilrechtlichen Absicherungen des Vertraulichkeitsschutzes der Informationsquellen sowie von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen einschließlich ihres „Umfeldes“ als einfachrechtliche Teilausformungen der Pressefreiheit ins Feld geführt worden. Das Grundrecht der Pressefreiheit gewährleiste jedoch mehr als nur den Schutz eines mit Geschäftsgeheimnissen ausgestatteten und auf Informationsquellen angewiesenen Gewerbeunternehmens. Zu den Essentialien eines Pressebetriebes zähle die Gewähr, im redaktionellen Bereich nicht belauscht zu werden. Der Schutz einer pressespezifischen Vertraulichkeitszone gerade im redaktionellen Bereich sei ein substantieller Bestandteil des Verfassungsgutes Pressefreiheit.

Ferner habe das Revisionsgericht den Gesichtspunkt des Informantenschutzes in die Abwägung einbeziehen müssen. Zwar decke die Darstellung der Redaktionskonferenz nicht die Identität einzelner Informanten auf. Infolge der im Ergebnis gebilligten Zerstörung der Vertraulichkeit der redaktionellen Arbeit entstehe jedoch die reale Gefahr, daß die Presse von Informationen abgeschnitten werden könne, die ihr im Vertrauen auf den Bestand dieser Vertraulichkeit zuflössen. Zu Unrecht habe der Bundesgerichtshof es unterlassen, bei der Abwägung den für den vorliegenden Fall charakteristischen Umstand des eigenen, zielgerichteten Einbruchs des Zweitbeklagten in die Vertraulichkeitssphäre der Beschwerdeführerin zum Zweck der Beschaffung und anschließenden Publizierung von Informationen gebührend zu berücksichtigen. Ebensowenig sei der wichtige Aspekt gewürdigt worden, daß die Publikation der in rechtswidriger Weise beschafften Informationen nicht nur die Auswirkungen des illegalen Verhaltens gesteigert habe, sondern die eigentliche Verwirklichung des Vertrauensbruches darstelle. Erst hierdurch werde der verfassungsrechtlich entscheidende Schaden, die Zerstörung der Vertraulichkeitssphäre, verursacht.

Derart gewichtige Einbrüche in die Grundrechtssphäre könnten nicht schon durch das bloße Interesse der Öffentlichkeit an der Aufdeckung gewichtiger Mißstände, sondern nur bei Vorliegen gravierender Rechtsbrüche gerechtfertigt werden. Das Revisionsurteil habe nicht berücksichtigt, daß nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch die „nicht seriöse“ Presse den vollen Schutz der Pressefreiheit genieße und eine Differenzierung nach dem Kriterium der Seriosität oder der sittlichen Qualität der Meinungen auf eine Bewertung und Lenkung durch staatliche Stellen hinausliefe, was dem Wesen dieses Grundrechts widersprechen und zur Relativierung des Grundrechtsschutzes führen würde. Der Staat verfüge weder über einen Maßstab noch über die Kompetenz zur Entscheidung der Frage, welches Verhalten der Presse den Allgemeininteressen diene. Indem das Revisionsgericht den Einbruch in die redaktionelle Vertraulichkeitssphäre der Pressearbeit der „Bild“-Zeitung legitimiert habe, habe es in einer Art von „Presserichtertum“ Wertungen vorgenommen, für die ihm die Kompetenz fehle.

b) Durch das Ergebnis der Abwägung sei außerdem Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG verletzt. Die Wiedergabe des Inhalts der Redaktionskonferenz stelle einen schweren Eingriff in die betriebliche Sphäre dar, die als „eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb“ vom Schutz der Eigentumsgarantie umfaßt werde. Darüber hinaus werde im Revisionsurteil zu Unrecht nicht berücksichtigt, daß der Beschwerdeführerin ein Anspruch gemäß § 249 BGB zustehe, der „in seiner Substanz“ durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt sei.

c) Schließlich sei ihr Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzt. In dem Urteil des Bundesgerichtshofs seien bestimmte Sachverhalte als wahr unterstellt worden, weil sie diese gerichtlich nicht angegriffen habe. Mit der erstmals in den Gründen des Revisionsurteils erfolgten Tatsachenunterstellung werde die Beschwerdeführerin unzulässigerweise überrascht. Das Urteil beruhe auch auf dieser Verletzung. Hätte das Revisionsgericht der Beschwerdeführerin einen Hinweis gegeben, daß es diese Textstellen als wahrheitsgemäße Schilderung ansehe und seiner Entscheidung zugrunde legen wolle, hätte sie dies unter Antritt von Zeugenbeweis bestritten und hierdurch eine Zurückverweisung an das Berufungsgericht herbeigeführt.

2. Soweit das Revisionsurteil den Klagantrag 3) abgewiesen habe, beruhe es auf den gleichen Grundrechtsverstößen. Die Entstehung eines Zeitungsartikels gehöre ebenfalls zum engsten Vertraulichkeitsbereich der Presse und zum Kernbereich der betrieblichen Sphäre.

3. Für das mit dem Klagantrag 2) erstrebte Verbot der Textpassage auf S. 73 des Buches komme es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht auf den Aussagegehalt und die Gewichtigkeit der Äußerung des Chefreporters an. Die Pressefreiheit sei bereits dann intensiv betroffen, wenn einzelne Äußerungen, die den Inhalt der redaktionellen Arbeit beträfen und auf illegale Weise in Erfahrung gebracht worden seien, verbreitet würden. Die angegriffenen Entscheidungen verletzten auch insoweit die bereits bezeichneten Grundrechte der Beschwerdeführerin, da die Gerichte der Veröffentlichung dieser Passage nicht entgegengetreten seien.

4. Der Abschnitt endlich, gegen den sich der Klagantrag 4 b) richte (S. 126), enthalte entgegen der Auffassung des Revisionsgerichts unwahre Tatsachenbehauptungen, die von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht geschützt seien. Deren Auswirkungen beträfen die wirtschaftliche Sphäre der Beschwerdeführerin in intensiver Weise. Hierdurch seien ihre Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, zumindest aus Art. 2 Abs. 1 GG beeinträchtigt. Aber auch wenn es sich um Werturteile handeln sollte, hätte bei der Gesamtabwägung das diese Textpassage kennzeichnende Fehlen einer ernsthaft-sachbezogenen Erörterung und der Umstand mit einbezogen werden müssen, daß sich die „Bild“-Zeitung stets gegen die Todesstrafe ausgesprochen habe.

III.

Zu der Verfassungsbeschwerde haben sich die Beklagten des Ausgangsverfahrens, der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e. V., der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e. V., der Deutsche Journalisten-Verband e. V. und die Deutsche Journalisten- Union in der IG Druck und Papier geäußert.

1. Nach Auffassung der Beklagten des Ausgangsverfahrens verletzen die angegriffenen Entscheidungen die Beschwerdeführerin nicht in ihren Grundrechten. Es gehe im Kern um das Verhältnis des Vertraulichkeitsschutzes für den redaktionellen Arbeitsbereich und des Interesses der Öffentlichkeit, hierüber, insbesondere über vorhandene Mißstände, informiert zu werden. Die erforderliche Abwägung beider Belange habe der Bundesgerichtshof zu Recht konkret und fallbezogen unter gebührender Berücksichtigung der Bedeutung der Pressefreiheit auf Seiten der Beschwerdeführerin vorgenommen. Er habe dabei – wie im einzelnen näher ausgeführt wird – zutreffend auf die konkreten Umstände des Einflusses und der Auflagenstärke der „Bild“Zeitung sowie auf die Richtung der Kritik und ihren Bezug zur Pressefreiheit abgestellt.

Die Arbeit insbesondere der die Meinungsbildung intensiv beeinflussenden auflagenstarken Massenblätter und das kritische Öffentlichkeitsinteresse an ihrer Arbeitsweise seien zwei Aspekte der demokratischen Komponente der Meinungsfreiheit. Einerseits sei die Presse als Kontrollinstanz für den politischen Prozeß unentbehrlich, andererseits sei sie als soziale Macht von diesen demokratischen Kritik- und Kontrollverfahren nicht ausgenommen. Die „Betriebsreportage“ des Zweitbeklagten füge sich von seinem Selbstverständnis als „V-Mann der demokratischen Öffentlichkeit“ mit seiner Methode der „Teilnehmenden Beobachtung“ ein in den Zusammenhang notwendiger, demokratisch legitimierter Kritik an der gerade in den Redaktionen stattfindenden Pressearbeit.

Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs könne keinen Erfolg haben. Die vom Bundesgerichtshof als Beleg für das Vorhandensein gewichtiger Mißstände herangezogenen Textstellen seien lediglich beispielhafter Natur. Selbst wenn die Beschwerdeführerin einzelne Tatsachenbehauptungen widerlegen könne, hätte dies am Ergebnis des Revisionsurteils nichts geändert; die Entscheidung des Bundesgerichtshofs beruhe mithin nicht auf der gerügten Grundrechtsverletzung.

2. Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e. V. hält das Urteil des Bundesgerichtshofs für unvereinbar mit dem Grundrecht der Pressefreiheit. Zur verfassungsrechtlich geschützten Funktionsfähigkeit der Presse zähle ein Schutz der redaktionellen Arbeit vor geplanter und durch Täuschung ermöglichter Belauschung und Enthüllung. Als Konsequenz der Entscheidung des Bundesgerichtshofs werde Mißtrauen bei der Einstellung von Journalisten herrschen; denkbar sei auch eine gewisse Reserve gegenüber neuen Kollegen in der Redaktion. Für eine Auseinandersetzung mit der Redaktionspolitik wie mit der Berichterstattung der „Bild“-Zeitung habe es andere, rechtlich einwandfreie Wege gegeben. Der Bundesgerichtshof habe bei der Bewertung von Wallraffs Anliegen als „ernsthaft“ übersehen, daß dieser kein untadeliger Pressekritiker sei, dem es um die Durchsetzung von hohen journalistischen Standards gehe; er handele vielmehr aus ideologischer Gegnerschaft. Im übrigen liege dem Revisionsurteil eine mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG unvereinbare Unterscheidung zwischen „guter“ und „schlechter“ Presse zugrunde.

3. Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e. V. hat ebenfalls Bedenken gegen die Entscheidung des Bundesgerichtshofs geäußert. Die Anwendung der dem Urteil zugrundeliegenden Maßstäbe führe zu einer Behinderung der täglichen Arbeit in der Redaktion und beeinträchtige den für die Presse lebensnotwendigen Informationsfluß. Das für die Redaktionsarbeit geltende Aktualitätsgebot führe oftmals zu einem Zeitdruck, der eine unbürokratische und unkonventionelle Arbeitsweise bedinge. Die Arbeitsatmosphäre einer Redaktion vertrage es nicht, daß jedes Wort in der Sorge auf die Goldwaage gelegt werde, ein widerrechtlich Eingedrungener könne es nach außen tragen. Zur Pressefreiheit gehöre es, daß die redaktionelle Arbeit vor Belauschung durch Dritte geschützt sei und in einem Klima des Vertrauens vor sich gehen könne. Es bestehe aufgrund des Urteils des Bundesgerichtshofs die Gefahr, daß die jeweiligen Gegner der politisch-publizistischen Haltung eines Presseorgans das Vorgehen Wallraffs nachahmen könnten. Ferner müsse im Hinblick auf die Unsicherheit über das Ausmaß des Vertrauensschutzes davon ausgegangen werden, daß die Unterrichtung der Presse durch potentielle Informanten leide.

4. Der Deutsche Journalisten-Verband e. V. hat sich in seiner Stellungnahme der Entscheidung des Bundesgerichtshofs angeschlossen. Die Vertraulichkeit von Redaktionskonferenzen müsse zwar grundsätzlich geschützt werden, wenn und soweit hier Informationsquellen zur Sprache kämen. Denn ohne ergiebige und geschützt Informationsquellen gebe es keine Information. Da es im Streitfall jedoch nicht um Quellenschutz gehe – weder der Bericht über die Redaktionskonferenz noch die übrigen strittigen Textpassagen begründeten die Gefahr der konkreten Preisgabe oder auch nur der allgemeinen Verunsicherung von Informanten – sei die Beschwerdeführerin nicht in ihrem Grundrecht der Pressefreiheit verletzt.

5. Auch die Deutsche Journalisten-Union ist der Meinung, daß das Urteil des Bundesgerichtshofs einer verfassungsrechtlichen Nachprüfung standhalte. Die in der Verfassungsbeschwerde vorgenommene Ableitung einer redaktionellen Vertraulichkeitssphäre aus der privatrechtlichen Eigentumsstruktur sei ebenso verfehlt wie die Geltendmachung höchstpersönlicher Rechtspositionen der Beschäftigten durch die Beschwerdeführerin. Die redaktionelle Arbeit gehöre nicht zur Privat- sondern zur Sozialsphäre des Presseunternehmens. Ebensowenig könne der Berufung der Beschwerdeführerin auf Art. 14 GG gefolgt werden. Einen umfassenden Schutz der gewerblichen Sphäre gewährleiste das Grundgesetz nicht.

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

Die Beschwerdeführerin ist befugt, die von ihr gerügten Grundrechtsverletzungen im Verfassungsbeschwerde-Verfahren geltend zu machen. Soweit die Grundrechte ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind, gelten sie auch für inländische juristische Personen (Art. 19 Abs. 3 GG). Die Beschwerdeführerin, die ihr Verlagsgeschäft in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft betreibt, ist Trägerin der Grundrechte der Art. 5 Abs. 1 Satz 2, Art. 14 Abs. 1und Art. 103 Abs. 1 GG. Eine Verletzung des Art. 2 Abs. 1 GG kann sie allerdings nur insoweit geltend machen, als sie in ihrem Recht auf freie Entfaltung im Sinne der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit betroffen ist (vgl. BVerfGE 10, 221 [225]).

C.

Das angegriffene Urteil des Bundesgerichtshofs verletzt, soweit es die Klage auf Unterlassung der Publikation der Schilderung einer Redaktionskonferenz auf den Seiten 24 bis 26 des Buches des Zweitbeklagten (Klagantrag 1) abweist, das Grundrecht der Pressefreiheit. Soweit über den Klagantrag 3) entschieden worden ist, kann eine Verletzung des Grundrechts der Pressefreiheit nicht festgestellt werden. Im übrigen ist die Verfassungsbeschwerde nicht begründet.

I.

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen zivilgerichtliche Entscheidungen über einen bürgerlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch. Das Bundesverfassungsgericht hat Auslegung und Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Vorschriften als solche nicht nachzuprüfen; ihm obliegt lediglich, die Beachtung der grundrechtlichen Normen und Maßstäbe durch die ordentlichen Gerichte sicherzustellen (BVerfGE 42, 143 [148] – DGB – m. w. N.). Dabei hängen die Grenzen seiner Eingriffsmöglichkeiten namentlich von der Intensität der geltend gemachten Grundrechtsbeeinträchtigung ab: Die Schwelle eines Verstoßes gegen objektives Verfassungsrecht, den das Bundesverfassungsgericht zu korrigieren hat, ist erreicht, wenn die Entscheidung der Zivilgerichte Auslegungsfehler erkennen läßt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind (BVerfGE a.a.O., S. 149). Je nachhaltiger ferner eine zivilgerichtliche Entscheidung grundrechtsgeschützte Voraussetzungen freiheitlicher Existenz und Betätigung verkürzt, desto eingehender muß die verfassungsgerichtliche Prüfung sein, ob eine solche Verkürzung verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist (BVerfGE 54, 208 [215] – Böll – m. w. N.). Dies gilt nicht nur für den Fall einer Verurteilung: Auch ein klageabweisendes Urteil kann auf der Verletzung von Verfassungsrecht beruhen.

II.

Klagantrag 1): Schilderung der Redaktionskonferenz

1. Bei Anwendung dieser Maßstäbe gibt die Verfassungsbeschwerde Anlaß zu intensivierter verfassungsgerichtlicher Prüfung, soweit der Bundesgerichtshof diejenigen Textpassagen für zulässig gehalten hat, welche die Wiedergabe der Redaktionskonferenz zum Inhalt haben. Insofern betrifft die angegriffene Entscheidung einen Bereich von erheblicher Bedeutung für die Beschwerdeführerin. Deren intensive Betroffenheit ergibt sich aus dem Eindringen des Zweitbeklagten in ihre redaktionelle Vertraulichkeitssphäre und der Veröffentlichung der auf diese Weise gewonnenen Informationen. Der Wahrung der redaktionellen Vertraulichkeit kommt zum Schutz der Redaktionsmitglieder, der Informanten, des Presseunternehmens und seiner Tätigkeit elementare Bedeutung zu. Werden unter Verletzung dieser Sphäre Inhalt und Ablauf einer Redaktionskonferenz – durch Wiedergabe in wörtlicher Rede mit dem Anspruch auf Authentizität – veröffentlicht, so muß dies als ein schwerer Nachteil für die Beschwerdeführerin angesehen werden. Bei dieser Sachlage kann das Bundesverfassungsgericht zwar nicht seine Vorstellung von der zutreffenden Entscheidung an die Stelle derjenigen des Revisionsgerichts setzen; in keinem Falle hat es über die sachliche Berechtigung der Kritik des Zweitbeklagten zu entscheiden. Andererseits kann es die Überprüfung nicht auf die Frage beschränken, ob die angegriffenen Entscheidungen auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Bedeutung der für die Beurteilung maßgebenden Grundrechte, insbesondere vom Umfang ihres Schutzbereichs beruhen. Auch einzelne Auslegungsfehler sind zu berücksichtigen, sofern das Urteil auf ihnen beruht (vgl. BVerfGE 54, 129 [136] – Kunstkritik – m. w. N.; 54, 208 [217]).

2. Der Bundesgerichtshof geht davon aus, daß Inhalt und Umfang des „offenen“ deliktischen Haftungstatbestandes des § 823 Abs. 1 BGB und ebenso des § 826 BGB durch eine Abwägung zu ermitteln seien; diese stehe vor allem unter dem Einfluß der Wertentscheidung, die das Grundgesetz mit der Gewährleistung der Meinungsfreiheit auch für das Zivilrecht verbindlich getroffen habe. Auch die Vertragsansprüche der Beschwerdeführerin könnten nicht ohne eine an Art. 5 Abs. 1 GG ausgerichtete Interessenabwägung beurteilt werden. Demgemäß wird seine Beurteilung des Falles in erster Linie als durch eine Gewichtung der hier in Betracht zu ziehenden Grundrechtsgehalte getragen. Ob diese zutreffend bestimmt sind, hängt davon ab, welche Tragweite den Grundrechten des Art. 5 Abs. 1 GG in Fällen der vorliegenden Art zukommt. Insofern bedarf es zunächst der Klärung der vom Bundesgerichtshof nicht näher erörterten Frage, ob die Vertraulichkeit der Arbeit einer Zeitungs- oder Zeitschriftenredaktion in den Schutzbereich des Grundrechts der Pressefreiheit fällt.

3. a) Der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG umfaßt auch die Vertraulichkeit der Redaktionsarbeit eines Presseunternehmens.

Dies hat das Bundesverfassungsgericht bisher noch nicht ausdrücklich entschieden; es liegt jedoch in der Konsequenz seiner Rechtsprechung zur Pressefreiheit. So hat das Gericht mehrfach die Bedeutung einer freien Presse für den freiheitlichen Staat hervorgehoben (besonders eingehend BVerfGE 20, 162 [174 f.] – Spiegel -; ferner etwa BVerfGE 52, 283 [296] – Tendenzschutz -), zugleich indessen darauf hingewiesen, daß die der Presse zufallende „öffentliche Aufgabe“ nicht von der staatlichen Gewalt erfüllt werden kann. Presseunternehmen müssen sich im gesellschaftlichen Raum frei bilden können; sie arbeiten nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen und in privatrechtlichen Organisationsformen; sie stehen miteinander in geistiger und wirtschaftlicher Konkurrenz, in welche die öffentliche Gewalt grundsätzlich nicht eingreifen darf (BVerfGE 20, 162 [175]).

Der Funktion der freien Presse im demokratischen Staat entspricht ihre verfassungsrechtliche Stellung. Als subjektives Recht gewährleistet die Pressefreiheit den im Pressewesen tätigen Personen und Unternehmen Freiheit von staatlichem Zwang. In ihrer objektiven Bedeutung schützt sie die „institutionelle Eigenständigkeit“ der Presse von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht und der Meinung (BVerfGE 10, 118 [121] st. Rspr.; vgl. etwa noch BVerfGE 62, 230 [243] – Boykottaufforderung -). In diesem Zusammenhang hat das Bundesverfassungsgericht wiederholt auf die Bedeutung hingewiesen, die dem Schutz der Informationsquellen für das Pressewesen zukommt (BVerfGE 20, 162 [176, 187]; 36, 193 [204]; 50, 234 [240]; 64, 108 [114 f.]) und insofern das Redaktionsgeheimnis als durch die Pressefreiheit geschützt angesehen.

Die so umschriebene Pressefreiheit ist für alle Presseveröffentlichungen gewährt (BVerfGE 25, 296 [307]). Der Begriff „Presse“ ist weit und formal auszulegen; er kann nicht von einer – an welchen Maßstäben auch immer ausgerichteten – Bewertung des Druckerzeugnisses abhängig gemacht werden. Die Pressefreiheit ist mithin nicht auf die „seriöse“ Presse beschränkt (BVerfGE 34, 269 [283] – Soraya -; vgl. auch BVerfGE 50, 234 [240]). Das bedeutet nicht, daß es bei der Beurteilung eines konkreten Falles nicht auf dessen Besonderheiten ankommen könne (vgl. BVerfGE 34, 269 [283]); nur können diese erst und allein im Rahmen der Prüfung (zulässiger) rechtlicher Einschränkungen berücksichtigt werden.

Für die Bestimmung des Schutzbereichs der Pressefreiheit kommt es hiernach wesentlich darauf an, was notwendige Bedingung der Funktion einer freien Presse ist. Zu diesen Bedingungen gehört die Vertraulichkeit der Redaktionsarbeit. Hierfür spricht zunächst der enge Zusammenhang mit dem Informantenschutz: Auch wenn bei einer Aufdeckung von Interna der Redaktion nicht über Informanten berichtet wird, kann, wie der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger in seiner Stellungnahme zutreffend ausgeführt hat, die Möglichkeit solcher Publikationen die Gefahr in sich tragen, Informationsquellen versiegen zu lassen. Auch allgemeine Erwägungen sprechen für einen solchen Schutz: Wenn die Vertraulichkeit nicht gewährleistet ist, wird auch nicht offen und ohne Rücksicht auf die Gefahr verkürzter oder entstellter Weitergabe gesprochen. Der Bundesgerichtshof hat in der angegriffenen Entscheidung auf die Bedeutung des Schutzes vor Indiskretionen hingewiesen, ohne den der vertrauensvollen Zusammenarbeit und der unbefangenen Mitarbeit in einem Unternehmen vor allem in seinen hierfür im Vordergrund stehenden Entscheidungsgremien die Grundlage entzogen wäre. Das gilt auch für die Arbeit einer Zeitungs- oder Zeitschriftenredaktion. Wo deren Vertraulichkeit nicht mehr gesichert ist, wird es spontane, „ins Unreine“ gesprochene, möglicherweise verfehlte, gleichwohl die Diskussion fördernde Äußerungen kaum noch geben; eine Zeitungs- oder Zeitschriftenredaktion, in der es keine freie Rede gibt, wird aber schwerlich das leisten, was sie leisten soll. Darauf ist auch in der erwähnten Stellungnahme hingewiesen worden: Die Aufgabe einer Redaktion erfordere eine Arbeitsweise, die es nicht vertrage, wenn jedes Wort auf die Goldwaage gelegt werde, weil es nach außen getragen werden könne.

Daß der Schutz der Vertraulichkeit der gesamten Redaktionsarbeit notwendige Bedingung einer freien Presse ist, ergibt sich unmittelbar, wenn die Grundrichtung dieses Schutzes in Betracht gezogen wird: diejenige gegen den Staat. Es wäre mit dem Grundrecht unvereinbar, wenn staatliche Stellen sich Einblick in die Vorgänge verschaffen dürften, welche zur Entstehung einer Zeitung oder Zeitschrift führen. In dieser Staatsgerichtetheit fällt die Vertraulichkeit der Redaktionsarbeit daher eindeutig in den Schutzbereich der Pressefreiheit. Was demgegenüber „Eingriffe“ gesellschaftlicher Kräfte oder Privater betrifft, so kann Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG als subjektivem Recht keine der Staatsgerichtetheit entsprechende „Dritt-Gerichtetheit“ zukommen. Die Vertraulichkeit der Redaktionsarbeit gehört jedoch zu den Bedingungen einer freien Presse, die nicht nur durch den Staat, sondern auch durch gesellschaftliche Kräfte oder Private beeinträchtigt werden können. Insoweit ist sie Bestandteil der Garantie der Eigenständigkeit der Presse als objektives Prinzip, das Auslegung und Anwendung der maßgeblichen bürgerlich-rechtlichen Vorschriften bestimmt.

b) Wie alle Grundrechte des Art. 5 Abs. 1 GG kann allerdings auch die Pressefreiheit eingeschränkt sein; soweit die Einwirkung des Grundrechts auf privatrechtliche Vorschriften in Frage steht, können ihm im Hinblick auf die Eigenart der geregelten Rechtsverhältnisse andere, unter Umständen engere Grenzen gezogen sein als in seiner Bedeutung als Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe. Erst wenn diese Grenzen berücksichtigt werden, ergibt sich im konkreten Fall die Tragweite des Grundrechts. Schranken können sich aus den in Art. 5 Abs. 2 GG genannten Gesetzen, aber auch unmittelbar aus der Verfassung selbst ergeben (vgl. BVerfGE 44, 37 (49 f.) m. w. N. – für Art. 4 GG).

4. In Fällen der vorliegenden Art sind Schranken der Vertraulichkeit der Redaktionsarbeit, die durch „allgemeine Gesetze“ gezogen sind, nicht erkennbar; auch mit dem Schutz der Jugend und dem Recht der persönlichen Ehre hat diese Ausformung der Pressefreiheit nichts zu tun. In Betracht zu ziehen sind indessen Schranken, die sich aus der Verfassung selbst ergeben: Es kommt darauf an, ob das Recht (Dritter), eine Meinung frei zu äußern (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) und die Pressefreiheit als Recht, Meinungsäußerungen in einem Druckwerk zu publizieren (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG), den verfassungsrechtlichen Schutz der Vertraulichkeit der Pressearbeit begrenzen. 51
a) Das setzt zunächst voraus, daß der Bericht über die Redaktionskonferenz in den Schutzbereich der beiden Grundrechte fällt, die unter dem hier wesentlichen Aspekt den gleichen Inhalt haben, mithin nicht gesondert erörtert werden müssen.

Der in direkter Rede verfaßte Bericht steht in engem Zusammenhang mit der Kritik des Zweitbeklagten; er enthält Tatsachenmitteilungen, deren Inhalt die Beschwerdeführerin offenbar nicht bestritten hat. Solche Mitteilungen haben grundsätzlich am Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG teil (vgl. BVerfGE 61, 1 [8 f.] – Meinungsäußerung im Wahlkampf -). Von wesentlicher Bedeutung ist jedoch die Art der Beschaffung der Information, also die Täuschung über die Identität des Zweitbeklagten in der Absicht, die so erlangten Informationen gegen die Beschwerdeführerin zu verwerten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob zwischen der Beschaffung der Information und deren späterer Verbreitung eine „Handlungseinheit“ besteht, wie in der Verfassungsbeschwerde betont wird, oder ob Beschaffung und Verbreitung voneinander zu trennen sind, wie dies in der Stellungnahme der Beklagten ausgeführt ist, weil in beiden Fällen die Konsequenzen für die Zulässigkeit der Verbreitung die gleichen sein müssen.

aa) Weder das Grundrecht der Freiheit der Meinungsäußerung noch die Pressefreiheit schützen die rechtswidrige Beschaffung von Informationen. Als eine solche hat der Bundesgerichtshof das Verhalten des Zweitbeklagten in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise gewürdigt, indem er dieses als unzulässiges „Einschleichen“ und illegales Vorgehen gekennzeichnet hat. Ebensowenig schützt das Grundrecht der Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz GG) eine solche Beschaffung: Dieses gewährleistet nur das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Daß die Redaktion eines privaten Verlags nicht zu diesen Quellen zu rechnen ist, bedarf keiner Erläuterung. Auf weiteres kommt es daher nicht an.

bb) Demgegenüber fällt die Verbreitung rechtswidrig erlangter Informationen in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG. Hierfür sprechen mehrere Gründe. Einmal wäre es wenig folgerichtig, ein Aussageverweigerungsrecht aus der Pressefreiheit abzuleiten, wenn diese nicht auch die Veröffentlichung dessen umfaßte, was ein Informant auf rechtswidrige Weise erlangt und der Presse zugetragen hat. Zum anderen könnte die Kontrollaufgabe der Presse leiden, zu deren Funktion es gehört, auf Mißstände von öffentlicher Bedeutung hinzuweisen (vgl. BVerfGE 60, 234 (240 f.) – Kredithaie -). Das gleiche gilt für die Freiheit des Informationsflusses, die gerade durch die Pressefreiheit erhalten und gesichert werden soll. Unter diesem Gesichtspunkt, aber auch unter dem des Schutzes der Presse und ihrer Tätigkeit würde ein gänzlicher Ausschluß der Verbreitung rechtswidrig beschaffter Informationen aus dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG dazu führen, daß der Grundrechtsschutz von vornherein auch in Fällen entfiele, in denen es seiner bedarf. Das ist bei der Vielfalt möglicher Fallgestaltungen nicht ausgeschlossen. Diese kann hinsichtlich des Inhalts der Information von der Aufdeckung eines schweren Verbrechens bis hin zur Veröffentlichung persönlicher Angelegenheiten eines Bürgers reichen. Ebenso kann es im Hinblick auf die Art der Erlangung der Information verschiedene Stufungen geben, einerseits etwa den vorsätzlichen Rechtsbruch, um die auf diese Weise verschaffte Information zu publizieren oder gegen hohes Entgelt weiterzugeben, andererseits die bloße Kenntniserlangung von einer rechtswidrig beschafften Information, bei der die Rechtswidrigkeit dieser Beschaffung möglicherweise auch bei Wahrung der publizistischen Sorgfaltspflicht nicht einmal erkennbar ist. Auch kann es eine Rolle spielen, in welchem Maße Rechte eines Betroffenen verletzt worden sind. Infolgedessen ist die Verbreitung auch rechtswidrig erlangter Informationen in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG einzubeziehen. Den Besonderheiten des konkreten Falles ist im Rahmen der Würdigung der Schrankenproblematik Rechnung zu tragen.

b) Eine Beschränkung der Meinungsäußerungs- und Pressefreiheit kann sich in Fällen wie dem vorliegenden aus den §§ 823 und 826 i. V. m. § 1004 BGB ergeben. Diese Vorschriften sind allgemeine Gesetze im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG. Wenn, wie der Bundesgerichtshof als zuständiger oberster Gerichtshof annimmt, § 823 Abs. 1 BGB in seiner Bedeutung für den Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs einen nach Umfang und Inhalt „offenen“ Haftungstatbestand enthält und Entsprechendes für § 826 BGB gilt, so führt das namentlich für die höchstrichterliche Rechtsprechung zu der Notwendigkeit, solche Offenheiten konkretisierend zu schließen, indem unter Berücksichtigung der Besonderheiten der zu beurteilenden Sachverhalte und der Bedeutung der Grundrechte – hier des Art. 5 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 7, 198 [208]) – Grundsätze entwickelt werden, welche die Entscheidung des Einzelfalles normativ zu leiten imstande sind: Das, was das Gesetz offenläßt, ist durch Richterrecht auszufüllen. Diese Aufgabe ist nicht gleichbedeutend mit derjenigen einer unvermittelten einzelfallbezogenen Güter- und Interessenabwägung. Eine solche mag zwar in besonderem Maße Einzelfallgerechtigkeit verwirklichen. Sie kann aber die Rechtsfindung nicht normativ leiten, wie es die Aufgabe der Gesetze und des ergänzenden Richterrechts ist; ebensowenig vermag sie dem rechtsstaatlichen Gebot der Berechenbarkeit des Rechts, der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit gerecht zu werden.

Soweit hiernach bei der Konkretisierung offener Normen Art. 5 Abs. 1 GG zu berücksichtigen ist, wird der Stellenwert dieser Gewährleistung vor allem durch zwei Faktoren bestimmt. Auf der einen Seite kommt es auf den Zweck der strittigen Äußerung an: Dem Grundrecht der Meinungsfreiheit kommt um so größeres Gewicht zu, je mehr es sich nicht um eine unmittelbar gegen ein privates Rechtsgut gerichtete Äußerung im privaten, namentlich im wirtschaftlichen Verkehr und in Verfolgung eigennütziger Ziele, sondern um einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage handelt (BVerfGE 7, 198 [212], st. Rspr.; vgl. etwa noch BVerfGE 61, 1 [11]). Auf der anderen Seite ist aber auch das Mittel von wesentlicher Bedeutung, durch welches ein solcher Zweck verfolgt wird, in Fällen der vorliegenden Art also die Veröffentlichung einer durch Täuschung widerrechtlich beschafften und zu einem Angriff gegen den Getäuschten verwendeten Information – nicht etwa nur die Verbreitung einer wertenden Äußerung. Ein solches Mittel indiziert in der Regel einen nicht unerheblichen Eingriff in den Bereich eines anderen, namentlich dann, wenn dieser wegen seiner Vertraulichkeit geschützt ist; darüber hinaus gerät es in einen schwerwiegenden Widerspruch mit der Unverbrüchlichkeit des Rechts, einer Grundvoraussetzung der Rechtsordnung. Bei dieser Sachlage hat die Veröffentlichung grundsätzlich zu unterbleiben. Eine Ausnahme kann nur gelten, wenn die Bedeutung der Information für die Unterrichtung der Öffentlichkeit und für öffentliche Meinungsbildung eindeutig die Nachteile überwiegt, welche der Rechtsbruch für den Betroffenen und die (tatsächliche) Geltung der Rechtsordnung nach sich ziehen muß. Das wird in der Regel dann nicht der Fall sein, wenn die in der dargelegten Weise widerrechtlich beschaffte und verwertete Information Zustände oder Verhaltensweisen offenbart, die ihrerseits nicht rechtswidrig sind; denn dies deutet darauf hin, daß es sich nicht um Mißstände von erheblichem Gewicht handelt, an deren Aufdeckung ein überragendes öffentliches Interesse besteht.

c) Diese Verfassungslage ist für die Beurteilung von Fällen der vorliegenden Art von ausschlaggebender Bedeutung.

aa) Das angegriffene Urteil enthält Ausführungen, denen sich ein Grundsatz zur Ausfüllung des § 823 Abs. 1 und § 826 BGB entnehmen läßt: Die nachteiligen Wirkungen der Veröffentlichung könnten nur dann hingenommen werden, wenn Ernsthaftigkeit und Bedeutung des Anliegens, das der Kritiker mit seinem Beitrag verfolge, das Gewicht dieser Nachteile für den Betroffenen und für die Rechtsordnung in den Hintergrund drängten; dabei geht der Bundesgerichtshof, wie der Zusammenhang des Textes zeigt, davon aus, daß das „Anliegen“ des Kritikers ein Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage sein muß. Ein solcher Grundsatz ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

bb) Verfassungsrechtlichen Einwänden unterliegt jedoch die Anwendung dieses Grundsatzes. Der Bundesgerichtshof hat jenem Anliegen zu hohes, dem Einbruch in die Sphäre der Beschwerdeführerin und den aus der Folgenlosigkeit eines solchen Vorgehens resultierenden Nachteilen für die Rechtsordnung zu geringes Gewicht beigemessen. Zwischen beiden besteht ein Mißverhältnis.

Gewiß kann der Hauptzweck der strittigen Veröffentlichung nicht in der Verfolgung eigennütziger Ziele der Beklagten gesehen werden. Es ging vielmehr in erster Linie darum, die Kritik an der „Bild“-Zeitung durch die Aufdeckung wirklicher oder vermeintlicher Mißstände im Bereich der Herstellung dieses Blattes über das bloß Meinungsmäßige hinaus durch eine tatsächliche Grundlage zu unterbauen und damit um so wirksamer zu machen. Angesichts der lebhaften Diskussion über Ziele und Funktion der „Bild“-Zeitung betraf diese Kritik auch eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Frage. Die Schilderung der Redaktionskonferenz deckt indessen auch nach Auffassung des Bundesgerichtshofs keine gravierenden Mißstände auf; vollends offenbart sie nichts, was als rechtswidrig angesehen werden könnte. Es werden lediglich Themen durchgesprochen, wie sie täglich in der „Bild“-Zeitung behandelt werden und von denen einige auch eine gewisse Tendenz erkennen lassen. Das läßt sicher, wie der Bundesgerichtshof ausgeführt hat, Einblicke in das „Klima“ einer Redaktionskonferenz zu, kann aber für sich genommen schwerlich als Gegenstand eines besonderen Öffentlichkeitsinteresses betrachtet werden.

Dies hat auch der Bundesgerichtshof gesehen. Nach seiner Auffassung kommt es indessen nicht darauf an, daß die Aufzeichnung der Redaktionskonferenz kein ausreichend deutlicher Beleg für den kritisierten Umgang mit Informationen bei „Bild“- Hannover sei. Die Schilderung müsse vielmehr im Zusammenhang der Gesamtveröffentlichung gesehen werden. Die Kritik, der diese Schilderung diene, werde durch zahlreiche andere Beispiele getragen. Deren Gegenstand seien gewichtige Mißstände, weshalb das illegale Vorgehen des Zweitbeklagten noch kein Verwertungsverbot für die zugrundeliegenden Informationen nach sich ziehen könne. Selbst bei einer Erweiterung der Würdigung auf einen solchen Gesamtzusammenhang bleibt es aber dabei, daß auch die weiteren Beispiele – mögen sie auch zu Beanstandungen Anlaß geben – nichts enthalten, was als rechtswidrig anzusehen wäre, und daß die Informationen nur zur Untermauerung der Kritik des Zweitbeklagten dienten. Diese mochte weniger wirksam sein, wenn sie auf die Verwertung der widerrechtlich beschafften Informationen verzichtet hätte. An Kritik war der Zweitbeklagte jedoch auch in einem solchen Falle nicht gehindert.

Auf der anderen Seite hat der Bundesgerichtshof die Bedeutung des verfassungsrechtlich ebenfalls wesentlichen Mittels der Beschaffung und Veröffentlichung der Informationen unzutreffend gewürdigt.

Nach seiner Auffassung wird die Rechtsordnung durch Mißstände in der Öffentlichkeitsarbeit der „Bild“-Zeitung, deren Aufklärung und Bewertung im Austausch der Meinungen zu den Aufgaben gehöre, um derentwillen das Grundgesetz die Meinungsfreiheit garantiere, insgesamt gesehen stärker betroffen als durch den Umstand, daß ihre Offenlegung zugleich die illegale Informationsbeschaffung manifest mache. Ein Veröffentlichungsverbot um der Ordnung willen müsse in diesem Konflikt als formales Abheben auf das zu beanstandende Verhalten nur der einen Seite, des Kritikers, erscheinen und die Störung der Ordnung durch die kritisierten Sachverhalte unbewertet lassen. Das aber müsse das Rechtsgefühl stärker belasten als die Zulassung der mit der Veröffentlichung verbundenen nachteiligen Wirkungen.

Diese Ausführungen setzen sich nicht näher mit dem Umstand auseinander, daß, wie auch das Berufungsgericht ausgeführt hat, der Unrechtsgehalt der Beschaffung der Informationen durch den Zweitbeklagten erheblich ist. Dies ergibt sich aus dem besonderen Schutz der Vertraulichkeit der Redaktionsarbeit. Zudem verletzen eine Täuschung durch den Publizierenden in der Absicht, die auf diese Weise erlangten Informationen gegen den Getäuschten zu verwenden, und die Realisierung dieser Absicht das Recht in schwerwiegender Weise. Der Erstbeklagte hat jedenfalls das Verhalten des Zweitbeklagten gebilligt. Die Beurteilung der hieraus resultierenden Nachteile für die Rechtsordnung vernachlässigt die Bedeutung der Verbindlichkeit des Rechts. Die Rechtsordnung besteht nicht nur aus „formalen“ Regeln; ebensowenig ist sie nur Ordnung um der Ordnung willen, der sich eine „Ordnung“ entgegensetzen läßt, welche durch die kritisierten, das bestehende Recht nicht verletzenden Sachverhalte gestört wird und der gegenüber der an Verfassung und Gesetz gebundene Richter sich unmittelbar auf das Rechtsgefühl berufen kann. Unter dem Grundgesetz ist die Rechtsordnung vielmehr eine förmliche und inhaltliche Ordnung, die der demokratische Gesetzgeber im Rahmen und nach den Richtlinien der Verfassung zu schaffen hat. Hiervon abgesehen ist die prinzipielle Verbindlichkeit des Rechts Grundvoraussetzung seiner Ordnungs- und Friedensfunktion, ohne die menschliches Zusammenleben in einem Gemeinwesen nicht möglich ist.

Dem trägt es nicht hinreichend Rechnung, wenn der Bundesgerichtshof davon ausgeht, daß ein Verbot der Veröffentlichung der rechtswidrig beschafften Informationen lediglich formal zu begründen wäre, und wenn er die Nachteile als gering veranschlagt, welche der Beschwerdeführerin und zugleich der Rechtsordnung durch eine Hinnahme der Illegalität der Beschaffung erwachsen. Damit wird nicht nur die dargelegte Bedeutung und der Eigenwert der Verbindlichkeit des Rechts verkannt, sondern auch in einem unvertretbaren Maße die Schwelle heruntergesetzt, jenseits deren erhebliche Rechtsverletzungen folgenlos bleiben.

5. Die angegriffene Entscheidung beruht auf diesem Fehler: Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß der Bundesgerichtshof, hätte er die nachteiligen Wirkungen einer Sanktionslosigkeit des Verhaltens der Beklagten anders beurteilt, einen Vorrang des von diesen verfolgten Anliegens verneint hätte, zumal der Bericht über die Redaktionskonferenz nur der erhöhten Wirksamkeit einer dem Zweitbeklagten unbenommenen Kritik diente, während er für sich genommen keine wesentliche Öffentlichkeitsbedeutung in Anspruch nehmen konnte. Bei einer solchen Beurteilung wäre die Veröffentlichung der Beklagten nicht durch Art. 5 Abs. 1 GGgedeckt. Damit fehlte es an einer Schranke der Pressefreiheit, soweit diese auch die Vertraulichkeit der Redaktionsarbeit von Presseunternehmen schützt (vgl. oben 3). Die angegriffene Entscheidung zu dem Klagantrag 1) verstößt mithin gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.

III.

Klagantrag 3): Veröffentlichung der Manuskriptseite

1. Soweit der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil auch insoweit aufgehoben hat, als dieses die Abbildung einer Manuskriptseite aus dem journalistischen Beitrag des Zweitbeklagten als unzulässig angesehen hat, den der Chefreporter redaktionell bearbeitet hatte (S. 75 des Buches), kann nicht festgestellt werden, daß die angegriffene Entscheidung gegen Art. 5 Abs. 1 GGverstößt.

a) Vier Richter, deren Auffassung die Entscheidung trägt, halten das Urteil des Bundesgerichtshofs zu dem Klagantrag 3) für mit Art. 5 Abs. 1 GG vereinbar. Nach ihrer Auffassung unterscheidet sich der zu beurteilende Sachverhalt von demjenigen, welcher der Entscheidung über den Klagantrag 1) zugrunde liegt. Gegenstand der Kritik des Zweitbeklagten sind dessen persönliche Erfahrungen mit einem anderen Redaktionsmitglied und die Art und Weise, wie dieses ein Manuskript des Zweitbeklagten verfälscht hat. Anders als bei Berichten über den Verlauf einer Redaktionskonferenz, bei denen Indiskretionen über Äußerungen Dritter die vertrauensvolle Zusammenarbeit und unbefangene Mitarbeit empfindlich beeinträchtigen, ist die Vertraulichkeit der Redaktionsarbeit der Beschwerdeführerin in geringerem Maße betroffen. Für eine intensivierte Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht ist daher kein Raum; ebenso wie bei dem Klagantrag 2), mit dem der Klagantrag 3) nach dem Lebenssachverhalt zusammenhängt, ist auch hier die Überprüfung auf die Frage zu beschränken, ob die angegriffene Entscheidung auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Bedeutung der für die Beurteilung maßgebenden Grundrechte, insbesondere vom Umfang ihres Schutzbereichs beruht. Diese Frage ist zu verneinen. Der Bundesgerichtshof konnte hier von einem überwiegenden Öffentlichkeitsinteresse an der Publikation des Zweitbeklagten ausgehen. Seine Entscheidung ist daher unter dem Gesichtspunkt des Art. 5 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

b) Nach Ansicht der vier anderen Richter kann für die Entscheidung über diesen Klagantrag nichts anderes gelten als für die Entscheidung über den Klagantrag 1). Es begründet keinen wesentlichen Unterschied, daß dort ein in direkter Rede wiedergegebenes Protokoll, hier jedoch die Korrektur einer von dem Zweitbeklagten verfaßten Manuskriptseite veröffentlicht worden ist: Beides dient als Beleg für die Mißstände in der Redaktion der „Bild“-Zeitung. Der Vorgang ist Teil der Redaktionsarbeit; der Inhalt der korrigierten Seite ist ebenso vertraulich, er ist insofern ebenso Bestandteil der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungsrechtlich geschützten Vertraulichkeit der Redaktionsarbeit wie die Redaktionskonferenz; er enthält – auch wenn er die Praxis der „erfundenen Geschichten“ bestätigen sollte – eindeutig nichts Rechtswidriges, während die Beklagten sich die zugrundeliegenden Informationen in der gleichen widerrechtlichen Weise zugänglich gemacht haben. Infolgedessen gelten die Ausführungen unter II sowohl hinsichtlich des Prüfungsumfangs als auch hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung: Auch hier besteht ein Mißverhältnis zwischen dem Eindringen des Zweitbeklagten in der Rechtssphäre der Beschwerdeführerin, das erst in der Publikation seine volle Tragweite entfaltet, und dem Gehalt der Publikation, welcher die Kritik des Zweitbeklagten nicht etwa erst ermöglicht, sondern ihr nur erhöhte Wirksamkeit vermitteln soll. Das Verhalten der Beklagten ist daher durch Art. 5 Abs. 1 GG nicht gedeckt.

2. Die Entscheidung des Bundesgerichtshof über den Klagantrag 3) verletzt nicht die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG.

Der Auffassung der Beschwerdeführerin, die Veröffentlichung der Manuskriptseite müsse ebenso wie der Bericht über die Redaktionskonferenz unabhängig von dem Schutz durch die Pressefreiheit als schwerer Eingriff in die betriebliche Rechtssphäre gewertet werden, die unter dem Gesichtspunkt des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs am Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG teilhabe, kann nicht gefolgt werden. Inwieweit der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb als tatsächliche Zusammenfassung der zum Vermögen eines Unternehmens gehörenden Sachen und Rechte von der Gewährleistung der Eigentumsgarantie umfaßt wird (vgl. BVerfGE 51, 193 [221 f.]), bedarf keiner näheren Erörterung. Denn es ist weder vorgetragen noch erkennbar, daß der Vertrauensbruch des Zweitbeklagten zu irgendeinem vermögensrechtlichen Nachteil für die Beschwerdeführerin geführt und diese damit in ihrem – selbst in einem denkbar weiten Sinn verstandenen – Eigentum verletzt haben könnte. Etwaige jenseits der Vermögenssphäre eines Unternehmens bestehende Rechte oder Interessen können jedoch in keinem Fall „Eigentum“ sein.

Eine Verletzung der Eigentumsgarantie ist auch nicht erkennbar, soweit die Beschwerdeführerin unter Berufung auf § 249 BGB ergänzend geltend macht, sie könne grundsätzlich verlangen, so gestellt zu werden, wie sie gestanden hätte, wenn sie von dem Zweitbeklagten nicht durch Eingehungsbetrug getäuscht worden wäre, und beanstandet, daß der Bundesgerichtshof den daraus sich ergebenden Anspruch, der Bestandteil des Schutzbereichs aus Art. 14 Abs. 1 GG sei, vollständig vernachlässigt habe. In Betracht kommt nur § 249 Satz 2 BGB. Dieser begründet zwar im Zusammenhang mit den zum Schadenersatz verpflichtenden Vorschriften einen vermögenswerten, im Ausgangsverfahren allerdings nicht geltend gemachten, bürgerlich-rechtlichen Anspruch; doch ist dessen Grund zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens streitig. Über sein Bestehen haben ausschließlich die hierfür zuständigen ordentlichen Gerichte zu entscheiden. Solange dies nicht geschehen ist, kann im verfassungsgerichtlichen Verfahren nicht davon ausgegangen werden, daß der Anspruch als ein durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GGgeschütztes Recht der Beschwerdeführerin zustehe. Im übrigen ist auch insoweit nicht ersichtlich, inwiefern der Beschwerdeführerin überhaupt ein Vermögensschaden entstanden sein soll.

3. Ebensowenig verletzt die Entscheidung des Bundesgerichtshofs über den Klagantrag 3) den Anspruch der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Es verstößt nicht gegen dieses Grundrecht, wenn der Bundesgerichtshof als Beleg dafür, daß die Veröffentlichung gewichtige Mißstände der redaktionellen Arbeit der Beschwerdeführerin aufdecke, auf verschiedene in der Publikation des Zweitbeklagten wiedergegebene Sachverhalte hingewiesen und diese berücksichtigt hat, ohne der Beschwerdeführerin ausdrücklich Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

Die verfassungsrechtliche Gewährleistung des rechtlichen Gehörs gibt dem Beteiligten an einem gerichtlichen Verfahren ein Recht darauf, sich zu dem der gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlaß der Entscheidung zu äußern (BVerfGE 60, 1 [5]; st. Rspr.).

Das von dem Zweitbeklagten verfaßte Buch war den Parteien bekannt. Es war als Bestandteil der Verfahrensakten in den Prozeß eingeführt. Die Beschwerdeführerin hatte die Möglichkeit, zu den Ausführungen des Buches Stellung zu nehmen. Sie konnte nicht ausschließen, daß zu einer solchen Stellungnahme Anlaß bestehe. Denn es lag zumindest nahe, daß die im Ausgangsverfahren strittigen Passagen im Kontext der Gesamtveröffentlichung beurteilt werden würden. In einem solchen Zusammenhang stehen die vom Bundesgerichtshof verwerteten Ausführungen, die als Beleg der die Kritik des Zweitbeklagten tragenden erheblichen Mißstände dienen. Da die verwerteten Textstellen von der Beschwerdeführerin bislang nicht beanstandet worden waren, bestand auch kein Grund zu der Annahme, daß insoweit ein Hinweis geboten sei. Selbst wenn indessen eine Aufklärungspflicht gemäß § 139 ZPO bestanden haben sollte, würde in der Unterlassung eines Hinweises noch kein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegen: Aus diesem Grundrecht ergibt sich keine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht des Richters (vgl. BVerfGE 42, 64 [85] – abweichende Meinung). Es ist demgemäß nicht verletzt, wenn der Richter einer solchen – durch einfaches Verfahrensrecht begründeten – Pflicht nicht nachkommt.

IV.

Klagantrag 2): Äußerung des Chefreporters

Soweit die Verfassungsbeschwerde sich dagegen wendet, daß das Berufungsgericht und der Bundesgerichtshof die Textstelle auf S. 73 des Buches des Zweitbeklagten nicht verboten haben, ist sie nicht begründet. Die angegriffenen Entscheidungen lassen keine Grundrechtsverstöße erkennen.

1. Dies gilt zunächst für die Rüge einer Verletzung des Art. 5 Abs. 1 GG. Insoweit gibt die Fallgestaltung keinen Anlaß zu intensivierter verfassungsgerichtlicher Prüfung. Wenn die Beschwerdeführerin sich von dem Chefreporter hat ermächtigen lassen, dessen Persönlichkeitsrecht geltend zu machen, so ist sie offenbar davon ausgegangen, daß in erster Linie dieses Recht und nicht die Pressefreiheit zu verteidigen sei. Die Vertraulichkeit der Redaktionsarbeit ist nicht intensiv betroffen: Im Unterschied zu dem Bericht über die Beratungen der Redaktionskonferenz handelt es sich hier um die Wiedergabe eines Telefongesprächs des Zweitbeklagten mit dem Chefreporter, die zudem, wie das Berufungsgericht ausgeführt hat, eher einen Gesprächsfetzen zum Inhalt hat. Die verfassungsgerichtliche Prüfung ist deshalb darauf zu beschränken, ob die angegriffenen Entscheidungen insoweit auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Bedeutung der hier einschlägigen Grundrechte, insbesondere vom Umfang ihres Schutzbereichs beruhen.

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß die mitgeteilte Äußerung nicht geeignet sei, das Recht der Beschwerdeführerin am Gewerbebetrieb zu beeinträchtigen; ohne eine solche Beeinträchtigung könne sie aus eigenem Recht einen Unterlassungsanspruch nicht geltend machen. Die Beschwerdeführerin sei auch nicht befugt, das Persönlichkeitsrecht des Chefreporters auf dessen Ermächtigung im Wege der Prozeßstandschaft geltend zu machen. Dem kann das Bundesverfassungsgericht nicht entgegentreten. Der Bundesgerichtshof nimmt im Revisionsurteil zwar auf seine Ausführungen zu dem Klagantrag 1) Bezug; bei Zugrundelegung des dargelegten Prüfungsumfangs ist seine Entscheidung aber im Ergebnis verfassungsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.

2. Eine Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG durch die angegriffenen Urteile kommt aus den oben (III 2) erörterten Gründen nicht in Betracht. Ebenso scheidet ein Verstoß des Revisionsurteils gegen Art. 103 Abs. 1 GG aus (vgl. oben III 3).

V.

Klagantrag 4 b): „Emotionen und Vorurteile“

Soweit die Verfassungsbeschwerde sich gegen die Entscheidungen über die Zulässigkeit der Kritik des Zweitbeklagten auf S. 126 seines Buches richtet, ist sie ebenfalls nicht begründet. Eine Grundrechtsverletzung ist nicht erkennbar.

1. Auch diese Textpassage gibt keinen Anlaß zu intensivierter verfassungsgerichtlicher Prüfung. Der Inhalt der strittigen Äußerung hat mit Informationen aus der Redaktionsarbeit der „Bild“- Zeitung zumindest unmittelbar nichts zu tun. Auch wenn die Äußerung im Zusammenhang mit den vorangehenden und weiteren Ausführungen gelesen wird, enthält sie eine Kritik, welche derartige Informationen nicht voraussetzt. Andere Gesichtspunkte, welche auf eine besonders intensive Betroffenheit der Beschwerdeführerin durch die angegriffenen Entscheidungen schließen lassen könnten, sind nicht ersichtlich.

2. Bei Berücksichtigung des damit maßgeblichen eingeschränkten Prüfungsumfangs sind die angegriffenen Entscheidungen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

a) Ob die zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens strittige Passage vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG umfaßt wird, hängt davon ab, ob es sich um eine erwiesen oder bewußt unwahre Tatsachenbehauptung oder um ein Werturteil über die „Bild“-Zeitung handelt (vgl. BVerfGE 61, 1 [8 f.]). Eine Äußerung fällt in den Schutzbereich des Grundrechts der Meinungsfreiheit, wenn sie durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist. Das muß auch dann gelten, wenn sich diese Elemente – wie häufig – mit Elementen einer Tatsachenmitteilung oder -behauptung verbinden oder vermischen, jedenfalls dann, wenn sich beide nicht trennen lassen und der tatsächliche Gehalt gegenüber der Bewertung in den Hintergrund tritt (BVerfGE a.a.O.).

Zu Recht gehen das Berufungsgericht und der Bundesgerichtshof davon aus, daß die fragliche Textstelle keine Tatsachenbehauptungen, sondern Werturteile enthalte. Es handelt sich um eine Stellungnahme zu dem Inhalt der „Bild“-Zeitung und der Wirkung, die sie auf den Leser ausübt. Dieses Urteil des Zweitbeklagten knüpft nicht an einzelne Tatsachen oder konkrete Sachverhalte an; es enthält vielmehr eine globale Bewertung der inhaltlichen Tendenz der Zeitung. Ob sich die „Bild“-Zeitung für oder gegen die Todesstrafe ausgesprochen hat, ist in diesem Zusammenhang entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ohne Bedeutung; der Zweitbeklagte hat eine entsprechende Tatsachenbehauptung nicht aufgestellt. Auch dann, wenn die Textstelle ein gewisses tatsächliches Substrat enthalten sollte, tritt dieses im Verhältnis zu ihrem wertenden Gehalt in den Hintergrund. Die Passage enthält mithin eine durch Art. 5 Abs. 1 GG grundsätzlich geschützte Meinungsäußerung.

b) Infolgedessen hatten die Gerichte dem Einfluß des Art. 5 Abs. 1 GG auf die Anwendung der hier in Betracht kommenden „allgemeinen Gesetze“ Rechnung zu tragen. Diese sind ihrerseits aus der Erkenntnis der wertsetzenden Bedeutung dieses Grundrechts im freiheitlichen demokratischen Staat auszulegen und so in ihrer das Grundrecht beschränkenden Wirkung selbst wieder einzuschränken (BVerfGE 7, 198 [208 f.]; st. Rspr.; vgl. etwa noch BVerfGE 61, 1[10]). Maßgebend hierfür sind die Grundsätze, die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Zulässigkeit herabsetzender Meinungsäußerungen entwickelt worden sind:

Handelt es sich bei diesen im Einzelfall um einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage, dann spricht die Vermutung für die Zulässigkeit der freien Rede; eine Auslegung der die Meinungsfreiheit beschränkenden Gesetze, die an die Zulässigkeit öffentlicher Kritik überhöhte Anforderungen stellt, ist mit Art. 5 GG nicht vereinbar (BVerfGE 54, 129 [137] m. w. N.). Darüber hinaus muß derjenige, der im öffentlichen Meinungskampf zu einem herabsetzenden Urteil Anlaß gegeben hat, eine scharfe Reaktion grundsätzlich auch dann hinnehmen, wenn sie sein Ansehen mindert. Diese Verknüpfung von Anlaß und Reaktion ist nicht auf gegenseitige Beleidigungen beschränkt. Vielmehr ist maßgeblich darauf abzustellen, ob und in welchem Ausmaß der von herabsetzenden Äußerungen Betroffene seinerseits an dem durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Prozeß öffentlicher Meinungsbildung teilgenommen, sich damit aus eigenem Entschluß den Bedingungen des Meinungskampfes unterworfen und sich durch dieses Verhalten eines Teils seiner schützenswerten Privatsphäre begeben hat (BVerfGE a.a.O., S. 138; BVerfGE 61, 1 [13]).

Beide Voraussetzungen treffen auf die in der strittigen Textpassage veröffentlichte Kritik des Zweitbeklagten zu. Es handelte sich weder um einen Gegenstand ohne allgemeines Interesse noch um eine private Auseinandersetzung, sondern um einen Beitrag zum öffentlichen Meinungskampf. Eine Zeitung wie die „Bild“-Zeitung, die, wie der Bundesgerichtshof ausgeführt hat, eindeutig und bewußt in Aufmachung, Themenwahl und Themenbehandlung zur Polarisierung der Standpunkte herausfordert, konnte Anlaß zu scharfer und abwertender Kritik geben; daß sie als Presseorgan zu den Hauptträgern des öffentlichen Meinungskampfes gehört und sich damit den Bedingungen dieses Kampfes unterworfen hat, bedarf keiner näheren Darlegung. Unerheblich ist, ob die Äußerung des Zweitbeklagten „wertvoll“ oder „wertlos“, „richtig“ oder „falsch“, emotional oder rational begründet ist (BVerfGE 61, 6 [7] m. w. N.).

Die hieraus sich ergebende Einwirkung des Art. 5 Abs. 1 GG auf die anzuwendenden allgemeinen Gesetze haben die Gerichte nicht verkannt. Sie sind nicht davon ausgegangen, daß es dem Zweitbeklagten in erster Linie um vorsätzliche Kränkung der Beschwerdeführerin, also um „Schmähkritik“ gegangen sei, bei der die genannten Grundsätze nicht eingreifen können. Diese Wertung ist der Nachprüfung des Bundesverfassungsgerichts entzogen; sie beruht nicht auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung des Grundrechts der Meinungsfreiheit.

Dr. Herzog, Dr. Simon, Dr. Hesse, Dr. Katzenstein, Dr. Niemeyer, Dr. Heußner, Niedermaier, Dr. Henschel