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Kosten des Patentanwalts: Kostenerstattung für Patentanwalt in Kennzeichenstreitsachen nur bei notwendiger Mitwirkung

Urtel des EuGH vom 28. April 2022 C-531/20

Nach § 140 Abs.3 MarkenG sind die  Kosten eines Patentanwalts in einer Kennzeichenstreitsache, neben den Kosten des Rechtsanwalts,  nach § 13 RVG zu ersetzen. Auf diese Weise habenm sich die Kosten von Marken- und Designverletzungsverfahren in der Vergangenheit auf einfache Weise verdoppelt.

Die Instanzgerichte haben diese Kosten in gerichtlichen Verfahren nicht auf ihre Notwendigkeit überprüft. Dem ist nunmehr ein Riegel vorgeschoben. Zukünftig müssen Gerichte überprüfen, ob die Einschaltung eines Patentanwalts erforderlich war bzw. die dadurch entstandenen Kosten „zumutbar und angemessen“ sind, so der EUGH in einer auf Vorlage des BGH entschiedenen Falles.

So war das OLG Karlsruge der Auffassung, dass bei ihm eine Kennzeichenstreitsache im Sinne von § 140 Abs. 3 MarkenG anhängig sei, so dass im Gegensatz zu der gewöhnlichen Kostenerstattungsregelung in Zivilstreitigkeiten nicht zu prüfen sei, ob die Mitwirkung der Patentanwältin „zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig“ gewesen sei oder ob diese Mitwirkung gegenüber der Leistung des von der Universität Heidelberg beauftragten Rechtsanwalts eine „Mehrleistung“ dargestellt habe. Es sei davon auszugehen, dass der Wortlaut dieser Bestimmung des nationalen Rechts mit der Richtlinie 2004/48 in Einklang stehe und dass eine Auslegung dieser Bestimmung, nach der geprüft werden müsse, ob die Einschaltung des Patentanwalts notwendig gewesen sei, der Zielsetzung des nationalen Gesetzgebers eindeutig entgegenstünde, was die Möglichkeit einer unionsrechtskonformen Auslegung von § 140 Abs. 3 MarkenG ausschließe. Der BGH, dem die Rechtsbeschwerde vorgelegt worden war, hatte angesichts eines Urteils des EuGH vom 28. Juli 2016, United Video Properties (C‑57/15, EU:C:2016:611), Zweifel an der Vereinbarkeit von § 140 Abs. 3 MarkenG mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 der Richtlinie 2004/48.

Der EuGH weist zunächst darauf hin, dass nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48  Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe u. a. fair und gerecht sein und dürfen nicht unnötig kostspielig sein dürfen. Art. 14 der Richtlinie 2004/48 bestimme, dass von den Mitgliedstaaten nur, die Erstattung der „zumutbaren“ Prozesskosten sicherzustellen sind.  Weiterhin verlange Art. 14 der Richtlinie 2004/48 von den Mitgliedstaaten nur, die Erstattung der „zumutbaren“ Prozesskosten sicherzustellen.

Auch habe der Gerichtshofs entschieden, dass übermäßige Kosten, die darauf zurückzuführen sind, dass die obsiegende Partei und ihr Anwalt ungewöhnlich hohe Honorare vereinbart haben oder der Anwalt Dienstleistungen erbracht hat, die für die Durchsetzung des betreffenden Rechts des geistigen Eigentums nicht als erforderlich angesehen werden, nicht zumutbar sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Juli 2016, United Video Properties, C‑57/15, EU:C:2016:611, Rn. 25).

In Markensachen dürfte meist keine Notwendigkeit der Einschaltung eines Patentanwalts bestehen, da abmahnende Rechtsanwaltskanzleien meist ausreichende Kompetenz besitzen, übliche Markensachen zu bearbeiten. Die Expertise eines zusätzlichen Patentanwalts sollte in den meisten Fällen nicht notwendig sein. Die Kosten sind daher nicht zu ersetzen.

Der Gerichtshof habe auch klargestellt, dass die verlangten Tarife (Gebührren) auch in einem solchen Fall gewährleisten müssen, dass die Kosten, die der unterlegenen Partei nach dieser nationalen Regelung auferlegt werden können, zumutbar simd und dass die Höchstbeträge, die für diese Kosten geltend gemacht werden können, im Verhältnis zu den Gebühren, die normalerweise von einem Anwalt auf dem Gebiet des geistigen Eigentums verlangt werden, nicht zu niedrig sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Juli 2016, United Video Properties, C‑57/15, EU:C:2016:611, Rn. 25, 26, 30 und 32).  Angesichts der hohen Streitwerte bei Luxusmarken, die in keinem Verhältnis zu den üblichen Streitwerten in Markensachen (50 TSD) stehen, möglicherweise ein verwertbares Argument.

Im Ergebnis hat der EuGH entscheiden, dass die Art. 3 und 14 der Richtlinie 2004/48 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung oder einer Auslegung dieser Regelung (hier § 140 Abs.3 MarkenG) entgegenstehen, die es dem mit einem unter diese Richtlinie fallenden Verfahren befassten Gericht nicht erlaubt, bei der Beurteilung, ob die der obsiegenden Partei entstandenen Prozesskosten zumutbar und angemessen sind, in jedem ihm vorgelegten Fall dessen spezifischen Merkmale gebührend zu berücksichtigen.

 

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Die Entscheidung:

In der Rechtssache C‑531/20

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 24. September 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Oktober 2020, in dem Verfahren

NovaText GmbH

gegen

Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten I. Jarukaitis sowie der Richter M. Ilešič (Berichterstatter) und D. Gratsias,

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der NovaText GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt V. Feurstein,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun und S. L. Kalėda als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 11. November 2021

folgendes

Urteil

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl. 2004, L 157, S. 45, berichtigt im ABl. 2004, L 195, S. 16).

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der NovaText GmbH und der Ruprecht-Karls‑Universität Heidelberg (im Folgenden: Universität Heidelberg) über die Festsetzung von Kosten, die aufgrund der gemeinsamen Mitwirkung eines Rechtsanwalts und eines als „Patentanwalt“ qualifizierten Sachverständigen an einem Gerichtsverfahren wegen Verletzung von Unionsmarken, deren Inhaber diese Universität ist, entstanden sind.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

Die Erwägungsgründe 10 und 17 der Richtlinie 2004/48 lauten:

Mit dieser Richtlinie sollen diese Rechtsvorschriften einander angenähert werden, um ein hohes, gleichwertiges und homogenes Schutzniveau für geistiges Eigentum im Binnenmarkt zu gewährleisten.

Die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe sollten in jedem Einzelfall so bestimmt werden, dass den spezifischen Merkmalen dieses Falles, einschließlich der Sonderaspekte jedes Rechts an geistigem Eigentum und gegebenenfalls des vorsätzlichen oder nicht vorsätzlichen Charakters der Rechtsverletzung gebührend Rechnung getragen wird.“

Art. 1 („Gegenstand“) dieser Richtlinie lautet:

„Diese Richtlinie betrifft die Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe, die erforderlich sind, um die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums sicherzustellen. Im Sinne dieser Richtlinie umfasst der Begriff ‚Rechte des geistigen Eigentums‘ auch die gewerblichen Schutzrechte.“

Art. 2 („Anwendungsbereich“) Abs. 1 dieser Richtlinie bestimmt:

„Unbeschadet etwaiger Instrumente in den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft oder der Mitgliedstaaten, die für die Rechtsinhaber günstiger sind, finden die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe gemäß Artikel 3 auf jede Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums, die im Gemeinschaftsrecht und/oder im innerstaatlichen Recht des betreffenden Mitgliedstaats vorgesehen sind, Anwendung.“

Kapitel II der Richtlinie enthält deren Art. 3 bis 15, die die in der Richtlinie 2004/48 geregelten Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe betreffen.

Art. 3 („Allgemeine Verpflichtung“) der Richtlinie 2004/48 bestimmt:

„(1)      Die Mitgliedstaaten sehen die Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe vor, die zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, auf die diese Richtlinie abstellt, erforderlich sind. Diese Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe müssen fair und gerecht sein, außerdem dürfen sie nicht unnötig kompliziert oder kostspielig sein und keine unangemessenen Fristen oder ungerechtfertigten Verzögerungen mit sich bringen.

(2)      Diese Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe müssen darüber hinaus wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein und so angewendet werden, dass die Einrichtung von Schranken für den rechtmäßigen Handel vermieden wird und die Gewähr gegen ihren Missbrauch gegeben ist.“

Art. 14 („Prozesskosten“) dieser Richtlinie sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Prozesskosten und sonstigen Kosten der obsiegenden Partei in der Regel, soweit sie zumutbar und angemessen sind, von der unterlegenen Partei getragen werden, sofern Billigkeitsgründe dem nicht entgegenstehen.“

 Deutsches Recht

§ 140 („Kennzeichenstreitsachen“) Abs. 3 des Gesetzes über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen – Markengesetz vom 25. Oktober 1994 (BGBl. 1994 I S. 3082) in der für den Ausgangsrechtsstreit geltenden Fassung (im Folgenden: MarkenG) bestimmt:

„Von den Kosten, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Kennzeichenstreitsache entstehen, sind die Gebühren nach § 13 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes [vom 5. Mai 2004 (BGBl. 2004 I S. 718)] und außerdem die notwendigen Auslagen des Patentanwalts zu erstatten.“

Nach § 125e Abs. 5 MarkenG ist § 140 Abs. 3 MarkenG auf Verfahren vor einem zuständigen Unionsmarkengericht entsprechend anzuwenden.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

Die Universität Heidelberg hat NovaText wegen Verletzung ihrer Unionsmarken auf Unterlassung in Anspruch genommen und markenrechtliche Folgeansprüche geltend gemacht. Der Rechtsstreit wurde durch einen gerichtlichen Vergleich beendet. Mit Beschluss vom 23. Mai 2017 erlegte das Landgericht Mannheim (Deutschland) als erstinstanzliches Unionsmarkengericht NovaText die Kosten auf und setzte den Streitwert auf 50 000 Euro fest. Die von NovaText eingelegte Beschwerde wurde zurückgewiesen.

In der Klageschrift hatte der Anwalt der Universität Heidelberg die Mitwirkung einer Patentanwältin angezeigt und im Kostenfestsetzungsverfahren anwaltlich versichert, dass diese Patentanwältin an dem Verfahren tatsächlich mitgewirkt habe. Jeder im Verfahren eingereichte Schriftsatz sei mit der Patentanwältin abgestimmt worden, die auf diese Weise auch an den Vergleichsverhandlungen mitgewirkt habe, auch wenn die Telefongespräche nur zwischen den Anwälten der Parteien geführt worden seien.

Mit Beschluss vom 8. Dezember 2017 setzte das Landgericht Mannheim (Deutschland) die der Universität Heidelberg zu erstattenden Kosten auf 10 528,95 Euro fest, davon 4 867,70 Euro Patentanwaltskosten für die erstinstanzliche Rechtsverfolgung und 325,46 Euro für die Mitwirkung der Patentanwältin im Beschwerdeverfahren.

Die beim Oberlandesgericht Karlsruhe (Deutschland) gegen diesen Beschluss eingelegte sofortige Beschwerde von NovaText blieb ohne Erfolg. Dieses Gericht war der Auffassung, dass bei ihm eine Kennzeichenstreitsache im Sinne von § 140 Abs. 3 MarkenG anhängig sei, so dass im Gegensatz zu der gewöhnlichen Kostenerstattungsregelung in Zivilstreitigkeiten nicht zu prüfen sei, ob die Mitwirkung der Patentanwältin „zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig“ gewesen sei oder ob diese Mitwirkung gegenüber der Leistung des von der Universität Heidelberg beauftragten Rechtsanwalts eine „Mehrleistung“ dargestellt habe. Es sei davon auszugehen, dass der Wortlaut dieser Bestimmung des nationalen Rechts mit der Richtlinie 2004/48 in Einklang stehe und dass eine Auslegung dieser Bestimmung, nach der geprüft werden müsse, ob die Einschaltung des Patentanwalts notwendig gewesen sei, der Zielsetzung des nationalen Gesetzgebers eindeutig entgegenstünde, was die Möglichkeit einer unionsrechtskonformen Auslegung von § 140 Abs. 3 MarkenG ausschließe.

Mit ihrer Rechtsbeschwerde zum vorlegenden Gericht, dem Bundesgerichtshof (Deutschland), verfolgt NovaText ihren Antrag weiter, den Kostenfestsetzungsbeschluss aufzuheben, soweit darin Patentanwaltskosten gegen sie festgesetzt worden sind.

Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts hängt der Erfolg der Rechtsbeschwerde im Wesentlichen von der Auslegung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 der Richtlinie 2004/48 ab. Insoweit stimme das Oberlandesgericht Karlsruhe mit seiner Auffassung, dass die Patentanwaltskosten nach § 140 Abs. 3 MarkenG erstattungsfähig seien, mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der ganz herrschenden Auffassung in der nationalen Rechtslehre überein.

Angesichts des Urteils vom 28. Juli 2016, United Video Properties (C‑57/15, EU:C:2016:611), hat das vorlegende Gericht jedoch Zweifel an der Vereinbarkeit von § 140 Abs. 3 MarkenG mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 der Richtlinie 2004/48. Zunächst einmal könnte die automatische Erstattung von Kosten für die Tätigkeit einer Patentanwältin, deren Einschaltung nicht „für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendig“ gewesen sei, unnötig kostspielig sein, etwa in einem Fall, in dem die von der Patentanwältin vorgenommene Tätigkeit gleichermaßen von dem von der betreffenden Partei bereits beauftragten Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz hätte vorgenommen werden können. Insoweit habe der Bundesgerichtshof in Bezug auf die außergerichtliche Rechtsverfolgung, insbesondere die Mitwirkung des Patentanwalts an einer markenrechtlichen Abmahnung, bereits entschieden, dass eine analoge Anwendung von § 140 Abs. 3 MarkenG nicht in Betracht komme und die Kosten für die Mitwirkung des Patentanwalts daher nur erstattungsfähig seien, wenn diese Mitwirkung erforderlich gewesen sei.

Sodann erscheine es mit Blick darauf, dass die Richtlinie 2004/48 ausweislich ihres zehnten Erwägungsgrundes ein hohes Schutzniveau für geistiges Eigentum im Binnenmarkt gewährleisten solle und dass nach Art. 3 Abs. 2 dieser Richtlinie die darin vorgesehenen Verfahren und Rechtsbehelfe abschreckend sein müssten, gerechtfertigt, übermäßige Kosten von der Erstattung auszuschließen, die darauf zurückzuführen seien, dass die obsiegende Partei und ihr Anwalt ungewöhnlich hohe Honorare vereinbart hätten oder der Anwalt Dienstleistungen erbracht habe, die für die Durchsetzung des betreffenden Rechts des geistigen Eigentums nicht als erforderlich angesehen würden.

Schließlich könne die Erstattung von Kosten für die Tätigkeit einer Patentanwältin, deren Einschaltung „für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung nicht notwendig“ gewesen sei, nicht im Sinne von Art. 14 der Richtlinie 2004/48 angemessen sein, da die Erstattung dieser Kosten den spezifischen Merkmalen des jeweiligen Falles nicht hinreichend Rechnung trage.

Unter diesen Umständen hat der Bundesgerichtshof beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Sind Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 der Richtlinie 2004/48 dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Vorschrift entgegenstehen, die die Pflicht der unterliegenden Partei zur Erstattung der Kosten, die der obsiegenden Partei für die Mitwirkung eines Patentanwalts an einem markenrechtlichen Gerichtsverfahren entstanden sind, unabhängig davon vorsieht, ob die Mitwirkung des Patentanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war?

 Zur Vorlagefrage

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es im Rahmen des durch Art. 267 AEUV eingeführten Verfahrens der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof dessen Aufgabe ist, dem nationalen Gericht eine für die Entscheidung des bei diesem anhängigen Verfahrens sachdienliche Antwort zu geben. Hierzu hat der Gerichtshof die ihm vorgelegten Fragen gegebenenfalls umzuformulieren. Es ist nämlich Aufgabe des Gerichtshofs, alle Bestimmungen des Unionsrechts auszulegen, die die nationalen Gerichte benötigen, um die bei ihnen anhängigen Rechtsstreitigkeiten zu entscheiden, auch wenn diese Bestimmungen in den dem Gerichtshof von diesen Gerichten vorgelegten Fragen nicht ausdrücklich genannt sind (Urteil vom 17. Juni 2021, M.I.C.M., C‑597/19, EU:C:2021:492, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Zu diesem Zweck kann der Gerichtshof aus dem gesamten vom nationalen Gericht vorgelegten Material, insbesondere aus der Begründung der Vorlageentscheidung, diejenigen Elemente des Unionsrechts herausarbeiten, die unter Berücksichtigung des Gegenstands des Ausgangsrechtsstreits einer Auslegung bedürfen (Urteil vom 17. Juni 2021, M.I.C.M., C‑597/19, EU:C:2021:492, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Als Erstes verweist das vorlegende Gericht in seiner Frage – außer auf Art. 14 der Richtlinie 2004/48 – auf deren Art. 3 Abs. 1. Hinsichtlich der allgemeinen Verpflichtung der Mitgliedstaaten nach diesem Art. 3 in Bezug auf die Kriterien, die die Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe erfüllen müssen, die zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums erforderlich sind, enthält aber auch dessen Abs. 2 relevante Gesichtspunkte für die Prüfung der Vorlagefrage. Wie im Übrigen aus Rn. 18 des vorliegenden Urteils hervorgeht, nimmt das vorlegende Gericht auch darauf Bezug.

Insoweit müssen zum einen nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48 diese Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe u. a. fair und gerecht sein und dürfen nicht unnötig kostspielig sein. Zum anderen müssen diese Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe nach Art. 3Abs. 2 der Richtlinie wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein und so angewendet werden, dass die Gewähr gegen ihren Missbrauch gegeben ist.

Was als Zweites die Frage angeht, ob die Kosten der obsiegenden Partei, auf die das vorlegende Gericht Bezug nimmt, „zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig“ sind, ist festzustellen, dass Art. 14 der Richtlinie ein solches Kriterium nicht kennt. Nach diesem Art. 14 müssen die erstattungsfähigen Prozesskosten und sonstigen Kosten nämlich „zumutbar und angemessen“ sein.

Der Begriff „Prozesskosten …, soweit sie zumutbar und angemessen sind,“ in dieser Vorschrift muss aber, da sie für die Ermittlung seines Sinns und seiner Tragweite nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Europäischen Union – unabhängig von den Wertungen in den Mitgliedstaaten – eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten, die unter Berücksichtigung des Wortlauts und des Kontexts der fraglichen Vorschrift und der mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgten Ziele gefunden werden muss (vgl. entsprechend Urteil vom 30. November 2021, LR Ģenerālprokuratūra, C‑3/20, EU:C:2021:969, Rn. 79 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Als Drittes hat das Oberlandesgericht Karlsruhe, wie aus der Vorlageentscheidung hervorgeht, entschieden, dass im vorliegenden Fall eine Auslegung von § 140 Abs. 3 MarkenG dahin, dass es Sache des nationalen Gerichts sei, zu prüfen, ob die Einschaltung eines Patentanwalts notwendig sei, nicht in Betracht komme, insbesondere weil eine solche Auslegung dieser Bestimmung des nationalen Rechts der gesetzgeberischen Zielsetzung eindeutig entgegenstünde.

Allerdings können die Einreichung des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens ebenso wie das Schweigen des vorlegenden Gerichts hierzu so verstanden werden, dass sich eine etwaige Unvereinbarkeit der betreffenden Bestimmung des nationalen Rechts, insbesondere im Hinblick auf die in den Rn. 25 und 26 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Kriterien aus Art. 14 der Richtlinie 2004/48, nicht aus dem Wortlaut dieser Bestimmung selbst ergeben kann, sondern aus der Auslegung, die ihr in der nationalen Rechtsordnung gemeinhin gegeben wird.

Als Viertes schließlich betreffen die Zweifel des vorlegenden Gerichts, wie der Generalanwalt in Nr. 27 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, weniger die Einstufung der durch die Tätigkeit des Patentanwalts entstandenen Kosten als vielmehr die Tatsache, dass sie der unterlegenen Partei unbedingt und automatisch auferlegt werden. Dieser Automatismus entzieht sie aber einer gerichtlichen Kontrolle hinsichtlich ihrer Zumutbarkeit und Angemessenheit.

In Anbetracht dieser Erwägungen ist die Vorlagefrage dahin umzuformulieren, dass das vorlegende Gericht mit ihr wissen möchte, ob die Art. 3 und 14 der Richtlinie 2004/48 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung oder einer Auslegung dieser Regelung entgegenstehen, die es dem mit einem unter diese Richtlinie fallenden Verfahren befassten Gericht nicht erlaubt, bei der Beurteilung, ob die der obsiegenden Partei entstandenen Prozesskosten zumutbar und angemessen sind, in jedem ihm vorgelegten Fall dessen spezifischen Merkmale gebührend zu berücksichtigen.

Mit der Richtlinie 2004/48 sollen ihrem zehnten Erwägungsgrund zufolge die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Instrumente zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums einander angenähert werden, um ein hohes, gleichwertiges und homogenes Schutzniveau für geistiges Eigentum im Binnenmarkt zu gewährleisten.

Zu diesem Zweck betrifft die Richtlinie 2004/48 nach ihrem Art. 1 alle Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe, die erforderlich sind, um die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums sicherzustellen. Gemäß Art. 2 Abs. 1 dieser Richtlinie finden diese Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe auf jede Verletzung dieser Rechte des geistigen Eigentums, die im Unionsrecht und/oder im innerstaatlichen Recht des betreffenden Mitgliedstaats vorgesehen sind, Anwendung.

Allerdings zielen die Bestimmungen der Richtlinie 2004/48 nicht darauf ab, alle Aspekte im Zusammenhang mit den Rechten des geistigen Eigentums zu regeln, sondern nur diejenigen, die zum einen eng mit der Durchsetzung dieser Rechte verbunden sind und zum anderen Verletzungen dieser Rechte betreffen, indem sie das Vorhandensein wirksamer Rechtsbehelfe vorschreiben, die dazu bestimmt sind, jede Verletzung eines bestehenden Rechts des geistigen Eigentums zu verhüten, abzustellen oder zu beheben (Urteil vom 16. Juli 2015, Diageo Brands, C‑681/13, EU:C:2015:471, Rn. 73 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Außerdem hat sich der Unionsgesetzgeber beim Erlass der Richtlinie 2004/48 für eine Mindestharmonisierung in Bezug auf die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums im Allgemeinen entschieden (Urteil vom 9. Juli 2020, Constantin Film Verleih, C‑264/19, EU:C:2020:542, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Die Vorschriften über die Prozesskosten in Art. 14 der Richtlinie 2004/48 gehören zu den in deren Kapitel II enthaltenen Vorschriften über die Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe, die zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums erforderlich sind.

Insbesondere stellt zum einen Art. 14 der Richtlinie 2004/48 den Grundsatz auf, dass die Prozesskosten und sonstigen Kosten der obsiegenden Partei in der Regel, soweit sie zumutbar und angemessen sind, von der unterlegenen Partei getragen werden.

Diese Bestimmung zielt somit darauf ab, das Schutzniveau für geistiges Eigentum zu erhöhen, indem sie verhindern soll, dass ein Geschädigter von der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens zur Wahrung seiner Rechte abgehalten wird (Urteil vom 16. Juli 2015, Diageo Brands, C‑681/13, EU:C:2015:471, Rn. 77 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Diese Auslegung steht im Übrigen sowohl mit dem allgemeinen Ziel der Richtlinie 2004/48, die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten einander anzunähern, um ein hohes, gleichwertiges und homogenes Schutzniveau für geistiges Eigentum zu gewährleisten, als auch mit dem speziellen Ziel ihres Art. 14, zu verhindern, dass ein Geschädigter von der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens zur Sicherung seiner Rechte des geistigen Eigentums abgehalten wird, im Einklang. Diesen Zielen entsprechend muss nämlich derjenige, der Rechte des geistigen Eigentums verletzt, im Allgemeinen die finanziellen Folgen seines Verhaltens in vollem Umfang tragen (Urteil vom 18. Oktober 2011, Realchemie Nederland, C‑406/09, EU:C:2011:668, Rn. 49).

Zum anderen gilt nach Art. 14 der Richtlinie 2004/48 die darin enthaltene Kostenverteilungsregel nicht, wenn Billigkeitsgründe es verbieten, der unterlegenen Partei die Erstattung der Kosten der obsiegenden Partei aufzuerlegen, selbst wenn diese zumutbar und angemessen sind.

Was zunächst die Tragweite des in Art. 14 der Richtlinie 2004/48 enthaltenen Begriffs der von der unterlegenen Partei zu erstattenden „Prozesskosten“ betrifft, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass dieser Begriff u. a. die Anwaltshonorare umfasst, da die Richtlinie keinen Anhaltspunkt enthält, der darauf schließen ließe, dass diese Kosten, die im Allgemeinen einen erheblichen Teil der im Rahmen eines Verfahrens zur Durchsetzung eines Rechts des geistigen Eigentums entstehenden Kosten ausmachen, vom Anwendungsbereich des Art. 14 dieser Richtlinie ausgeschlossen wären (Urteil vom 28. Juli 2016, United Video Properties, C‑57/15, EU:C:2016:611, Rn. 22).

Die Richtlinie 2004/48 enthält auch nichts, was der Annahme entgegensteht, dass die Kosten eines Vertreters wie eines Patentanwalts, den ein Rechtsinhaber allein oder zusammen mit einem Rechtsanwalt eingeschaltet hat, grundsätzlich unter den Begriff „Prozesskosten“ fallen können, sofern diese Kosten ihren unmittelbaren Ursprung im Prozess selbst haben, wie der Generalanwalt in Nr. 26 seiner Schlussanträge im Wesentlichen festgestellt hat.

Ein solcher Ursprung kann bei den Kosten eines Beistands, der nach nationalem Recht befugt ist, Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums in Verfahren vor den zuständigen Gerichten im Sinne der Richtlinie 2004/48 zu vertreten, die insbesondere mit der Erstellung von Verfahrensschriftsätzen durch diesen Beistand oder dessen Erscheinen in den gegebenenfalls im Rahmen dieser Verfahren abgehaltenen mündlichen Verhandlungen zusammenhängen, anerkannt werden. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass ein solcher Ursprung auch bei den Kosten anerkannt werden kann, die mit der Mitwirkung eines solchen Beistands an den Maßnahmen zur gütlichen Beilegung insbesondere eines bereits vor einem Gericht anhängigen Rechtsstreits verbunden sind.

Zwar hat der Gerichtshof in den Rn. 39 und 40 des Urteils vom 28. Juli 2016, United Video Properties (C‑57/15, EU:C:2016:611), im Wesentlichen auch entschieden, dass, soweit Dienstleistungen eines technischen Beraters unmittelbar und eng mit einer Klage zur Durchsetzung eines Rechts des geistigen Eigentums zusammenhängen, die mit dem Beistand dieses Beraters verbundenen Kosten zu den „sonstigen Kosten“ im Sinne von Art. 14 der Richtlinie 2004/48 gehören.

Diese Einstufung erfolgte jedoch vor dem besonderen tatsächlichen Hintergrund der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist, in der nicht leicht zu bestimmen war, ob es im Ausgangsrechtsstreit um „Kosten im Zusammenhang mit der Feststellung der Rechtsverletzung und ihrer Verursacher“ ging, die oft im Vorfeld eines Gerichtsverfahrens entstehen und somit nicht zwangsläufig in den Anwendungsbereich von Art. 14 der Richtlinie fallen, sondern eher in den ihres Art. 13, der den Schadensersatz für den Rechtsinhaber betrifft, oder um die Dienstleistungen, die unerlässlich sind, um sinnvoll eine Klage erheben zu können.

Sodann verlangt Art. 14 der Richtlinie 2004/48 von den Mitgliedstaaten nur, die Erstattung der „zumutbaren“ Prozesskosten sicherzustellen. Diese Anforderung, die sowohl für „Prozesskosten“ als auch für „sonstige Kosten“ im Sinne dieser Bestimmung gilt, spiegelt die in Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie vorgesehene allgemeine Verpflichtung wider, wonach die Mitgliedstaaten u. a. dafür sorgen müssen, dass die Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe, die zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, auf die diese Richtlinie abstellt, erforderlich sind, nicht unnötig kostspielig sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Juli 2016, United Video Properties, C‑57/15, EU:C:2016:611, Rn. 24).

So hat der Gerichtshof entschieden, dass übermäßige Kosten, die darauf zurückzuführen sind, dass die obsiegende Partei und ihr Anwalt ungewöhnlich hohe Honorare vereinbart haben oder der Anwalt Dienstleistungen erbracht hat, die für die Durchsetzung des betreffenden Rechts des geistigen Eigentums nicht als erforderlich angesehen werden, nicht zumutbar sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Juli 2016, United Video Properties, C‑57/15, EU:C:2016:611, Rn. 25).

Zum anderen sieht Art. 14 der Richtlinie 2004/48 vor, dass die Prozesskosten und sonstigen von der unterlegenen Partei zu tragenden Kosten „angemessen“ sein müssen.

Insoweit hat der Gerichtshof entschieden, dass die Frage, ob diese Kosten angemessen sind, nicht unabhängig von den Kosten beurteilt werden kann, die der obsiegenden Partei tatsächlich durch den Beistand eines Anwalts entstanden sind, sofern diese „zumutbar“ im Sinne von Rn. 45 des vorliegenden Urteils sind. Zwar bedeutet das Erfordernis der Angemessenheit nicht, dass die unterlegene Partei zwangsläufig sämtliche Kosten der obsiegenden Partei erstatten muss, es verlangt jedoch, dass diese Anspruch auf die Erstattung wenigstens eines erheblichen und angemessenen Teils der ihr tatsächlich entstandenen zumutbaren Kosten hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Juli 2016, United Video Properties, C‑57/15, EU:C:2016:611, Rn. 29).

Schließlich muss das zuständige Gericht nach Art. 14 der Richtlinie 2004/48 im Licht ihres 17. Erwägungsgrundes in jedem Einzelfall in der Lage sein, zu prüfen, ob die der obsiegenden Partei durch die Mitwirkung eines Vertreters, beispielsweise eines Patentanwalts, entstehenden Prozesskosten zumutbar und angemessen sind, und zwar über die Fälle hinaus, in denen eine solche Kontrolle nach Art. 14 der Richtlinie aus Billigkeitsgründen geboten ist.

Zwar hat der Gerichtshof entschieden, dass eine nationale Regelung, die Pauschaltarife vorsieht, grundsätzlich mit Art. 14 der Richtlinie 2004/48 vereinbar ist. Er hat jedoch klargestellt, dass diese Tarife auch in einem solchen Fall gewährleisten müssen, dass die Kosten, die der unterlegenen Partei nach dieser nationalen Regelung auferlegt werden können, zumutbar sind und dass die Höchstbeträge, die für diese Kosten geltend gemacht werden können, im Verhältnis zu den Gebühren, die normalerweise von einem Anwalt auf dem Gebiet des geistigen Eigentums verlangt werden, nicht zu niedrig sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Juli 2016, United Video Properties, C‑57/15, EU:C:2016:611, Rn. 25, 26, 30 und 32).

Somit kann aus dieser Rechtsprechung nicht abgeleitet werden, dass die Mitgliedstaaten in Ausübung dieses Beurteilungsspielraums so weit gehen dürfen, eine Kategorie von Prozesskosten oder anderen Kosten von jeder gerichtlichen Kontrolle hinsichtlich ihrer Zumutbarkeit und Angemessenheit auszunehmen.

 Nach alledem kann erstens, wie der Generalanwalt in Nr. 39 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, die automatische Anwendung einer nationalen Bestimmung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden in bestimmten Fällen zu einem Verstoß gegen die allgemeine Verpflichtung gemäß Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48 führen, wonach u. a. die von den Mitgliedstaaten vorgesehenen Verfahren nicht unnötig kostspielig sein dürfen.

Zweitens ist eine solche Anwendung einer derartigen Bestimmung geeignet, einen mutmaßlichen Rechtsinhaber davon abzuhalten, bei Gericht eine Klage zu erheben, um die Durchsetzung seines Rechts sicherzustellen, weil er befürchtet, im Falle seines Unterliegens Prozesskosten in erheblicher Höhe tragen zu müssen, was dem Ziel der Richtlinie 2004/48, insbesondere ein hohes Schutzniveau für geistiges Eigentum im Binnenmarkt zu gewährleisten, zuwiderliefe.

Drittens könnte, wie auch der Generalanwalt in Nr. 49 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, die unbedingte und automatische Einbeziehung von Kosten mittels einfacher ehrenwörtlicher Erklärung eines Vertreters einer Partei des Rechtsstreits, ohne dass das nationale Gericht die Zumutbarkeit und Angemessenheit dieser Kosten im Zusammenhang mit dem spezifischen Rechtsstreit prüfen könnte, unter Verstoß gegen die allgemeine Verpflichtung nach Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2004/48 die Tür zu missbräuchlicher Rechtsausübung öffnen.

Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass die Art. 3 und 14 der Richtlinie 2004/48 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung oder einer Auslegung dieser Regelung entgegenstehen, die es dem mit einem unter diese Richtlinie fallenden Verfahren befassten Gericht nicht erlaubt, bei der Beurteilung, ob die der obsiegenden Partei entstandenen Prozesskosten zumutbar und angemessen sind, in jedem ihm vorgelegten Fall dessen spezifischen Merkmale gebührend zu berücksichtigen.

 Kosten

  Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zehnte Kammer) für Recht erkannt:

Die Art. 3 und 14 der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung oder einer Auslegung dieser Regelung entgegenstehen, die es dem mit einem unter diese Richtlinie fallenden Verfahren befassten Gericht nicht erlaubt, bei der Beurteilung, ob die der obsiegenden Partei entstandenen Prozesskosten zumutbar und angemessen sind, in jedem ihm vorgelegten Fall dessen spezifischen Merkmale gebührend zu berücksichtigen.

Jarukaitis

Ilešič

Gratsias

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 28. April 2022.

Der Kanzler

Der Präsident der Zehnten Kammer

A. Calot Escobar

 

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